Im Auge des Feuers
noch nie auf Schlüssel achtgeben.«
»Was, glauben Sie, war die Ursache dafür, dass dort, wo sich Ihr Sohn in jener Nacht befand, ein Feuer ausgebrochen ist?«
Ihre Tasse traf die Untertasse mit einem harten Klirren. »Ob Per daran schuld war, meinen Sie?«
Eira hätte es selbst nicht wesentlich anders formulieren können und nickte bloß.
» Wenn er es verursacht hat, war es ein Unfall.« Das Wort »wenn« betonte Magni nachdrücklich. »Es kann ja auch ein anderer Herumtreiber gewesen sein.«
»Gibt es Ihrer Meinung nach einen Grund dafür?«
»Meiner Meinung nach gibt es für den Brand keinen anderen Grund, als dass es ein Unglück war. Ein Unfall. Natürlich kann Per ihn aus Versehen ausgelöst haben. Zum Beispiel seine Zigarette verloren haben. Eingeschlafen sein.«
»Wie lange hatte er schon Alkoholprobleme?«
»Lange.« Sie sah weg. »Seit seiner Jugend.«
»Erzählen Sie ein bisschen von ihm. Ist er verheiratet gewesen, was für Freunde hatte er …«, begann Eira.
Magni Andersen sank tiefer in ihren Sessel, einen verschlissenen Ohrensessel mit Armlehnen aus Birke, an denen der Lack abgescheuert war. Die Knöchel ihrer großen Hände wurden weiß, alsMagni die Armlehnen fest umklammerte. »Per ist nie verheiratet gewesen. Er war immer so nervös, irgendwie … besonders nach diesem Brand 1969. Sverre Wikan und er waren an jenem Abend zusammen draußen, und Per hat einen ganzen Tag geglaubt, dass Sverre umgekommen wäre. Danach war es quasi vorbei mit der Freundschaft. Sverre war seitdem verschlossen und blieb für sich. Stand wohl unter Schock, denke ich. Hatte seinen Vater verloren und alles. Und dann diese sonderbare Mutter …«
»Sonderbar?«
Magni Andersen wedelte ausweichend mit der Hand. »Ja, in gewissem Sinne anders als wir anderen. Wollte anscheinend was Besseres sein.«
»Ach ja?« Eira wurde es unbehaglich. Er brauchte Informationen, keinen Klatsch.
Magni richtete sich abrupt in ihrem Sessel auf. »Sie brauchen jetzt nicht dazusitzen und so naiv zu tun. Alle wussten, dass sie was mit dem alten Fjeld hatte, obwohl er verheiratet und viel älter als sie war«, platzte es heraus. » So geheim war das nämlich nicht.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Sie ist damals, kurz nach dem Brand, nach Spanien gezogen.«
»Hat sie sich dort ein Haus gekauft?«
Magni Andersens Augen wurden schmal. »Na ja … Sehen Sie, das weiß eben keiner. Wie sie das finanziert hat, ist ein Rätsel. Sie hatte ja kein Einkommen und ihr Mann war Angestellter bei Fjeld. Aber eine Wohnung hat sie sich gekauft, ja.«
Es war unüberhörbar, was sie unterstellte, und Eira ließ das Thema fallen. Er konnte sehen, dass Magni darauf brannte fortzufahren, aber er ging nicht näher auf die Biographie von Sverres Mutter ein. »Nun ja, das hat für unseren Fall wohl keine Bedeutung.« Eira sog Luft ein. Unvermittelt setzte er wieder an: »Hat Per jemals gesagt, was bei dem Brand 1969 passiert ist? Was er gesehen hat?«
Magni zögerte. »Er ist danach nicht mehr derselbe gewesen, kann ich Ihnen sagen.«
Sie war ausnahmsweise nicht so wild darauf zu erzählen, was sie wusste.
Eira fixierte sie. »Hatte er Widersacher … irgendwelche Feinde?«
»Per? Nein, keine.« Sie lachte trocken. »Wie sollte ein Mann, der völlig ohne Bedeutung für irgendjemanden oder irgendetwas ist, sich Feinde machen?«
»Per war bei dem Brand 1969 zugegen.« Eira drückte sich so behutsam aus, wie er nur konnte. »Dann hat es vor zwei Tagen wieder gebrannt und er war wieder da. War er besonders … fasziniert von … interessiert an … Feuern?«
Magni Andersen schaute ihn misstrauisch an, witterte offenbar, worauf die vorsichtigen Formulierungen abzielten.
»Fasziniert? Wie meinen Sie das?«
»Hat er als Kind oft Dinge angesteckt? Feuerchen gemacht und so?«
»Jetzt werden Sie wirklich unverschämt!« Sie richtete sich entrüstet in ihrem Sessel auf. »So ein dahergelaufener Lappe , marschiert hier rein und deutet an, dass mein armer Sohn begeistert von Feuer gewesen sein soll!« Sie äffte seinen Dialekt nach, während sie sich noch heftiger in Rage redete. »Sie glauben, dass er ein Pyromane war! Nein, stellen Sie sich vor, das war er nicht.«
Jetzt hatte sie sich in all ihrer Masse aus dem Sessel erhoben und baute sich mächtig vor Eira und Berger auf. »Sie haben ja genauso wenig Durchblick wie die Polizei 1969. Die haben es auch nicht geschafft herauszufinden, wer die zundertrockenen Schuppen unten am Hafen angesteckt hatte. Dabei
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