Im Auge des Feuers
Einfamilienhaus vorfuhr, in dem sie die Souterrainwohnung gemietet hatte.
»Es ist wohl zwecklos, dich auf eine Tasse Kaffee hereinzubitten?«
»Tschüss, Victoria. Ich muss sehen, dass ich nach Hause komme.«
Sie lehnte sich zu ihm herüber, legte eine Hand ganz oben auf seinen Schenkel und hauchte ihm einen Kuss auf den Mundwinkel.
Eira fühlte etwas, heiß wie Lava, in seinem Brustkorb aufsteigen. Er lehnte sich über sie und riss die Autotür auf. »Ich hab’s eilig.«
Mit einem leichten Schulterzucken glitt sie aus dem Wagen. »Danke fürs Bringen, Aslak. Grüß Niillas und sag ihm, dass ich mich bei ihm melde.«
Mit einer heftigen Bewegung brachte er das Auto zurück auf die Straße.Mona wartete draußen in ihrem Wagen, als er zu Hause ankam. Er parkte hinter ihr und blieb einen Moment sitzen, während sein Puls sich beruhigte. Er hätte gern mit Mona darüber gesprochen, aber was sollte er sagen? In den Ohren anderer würde die Geschichte sich wie chauvinistisches Wunschdenken anhören. Oder schlimmer: wie böswillige Verleumdung. Er beschloss, es auf sich beruhen zu lassen.
»Tut mir leid.« Er ging zur Tür und schloss auf. »Ich hatte vorher noch was zu erledigen.«
Sie standen beide in der engen Diele und ihre hellblauen Augen starrten an ihm vorbei ins Nichts. »Wir sind vor knapp zehn Minuten aneinander vorbeigefahren. Du hast mich nicht gesehen.«
Er war froh über die Dunkelheit in der Diele. Lügen waren noch nie sein Spezialgebiet gewesen und er hatte auch jetzt nicht vor, sich darin zu versuchen. »Ich habe Victoria nach Hause gefahren.«
Mona sah immer noch in eine andere Richtung. »Warum wolltest du, dass ich herkomme?«
Er atmete ein und sagte etwas zittrig: »Ich … muss mit jemandem reden. Nein, das stimmt nicht. Ich muss mit dir reden.«
Endlich sah sie ihn an.
Jetzt konnte Eira befreit sprechen. »Ich habe das Gefühl, als sei ich kurz davor, mich zu verirren. Ich weiß nicht mehr, welche Richtung die richtige ist. Niillas ist aus meinem Blickfeld verschwunden, und es kommt mir irgendwie so vor, als versuche Victoria, mich in den Abgrund zu führen.« Er hörte, dass er Worte benutzte, die man gewöhnlich bei der Elchjagd verwendete. Die Begriffe waren ihm vertraut, ergaben einen Sinn.
Mona legte beide Handflächen auf sein Gesicht. »Du musst dich trauen, die Zügel loszulassen, Aslak. Lass Niillas selbst damit klarkommen. Du kannst das nicht für ihn übernehmen.«
»Ich mache mir Sorgen um ihn.« Das war nicht wahr. Er warhalb verrückt vor Angst, aber er konnte sich nicht dazu überwinden, es geradeheraus zu sagen.
Mona sah ihn lange an, dann zog sie einen Stuhl heran und drückte Eira auf die Sitzfläche. Unaufgefordert öffnete sie die Küchenschränke. »Du bist ehrgeizig, Aslak. Als Vater … und auch, was das Essen angeht, wie ich sehe.« Sie legte das Schweinefilet in den Kühlschrank, kramte eine Tüte Tomatensuppe hervor, schnitt Brot ab. Als das Essen auf dem Tisch stand, blieb er unschlüssig sitzen und starrte in seinen Teller.
»Iss jetzt.«
Er nickte, bewegte sich aber nicht.
Mona schob ihren Stuhl direkt neben seinen. »Wir essen erst ein bisschen. Dann können wir darüber reden.«
Er lehnte den Kopf an ihre Schulter. »Ich bin so schrecklich müde, Mona. Ich glaube, ich habe mich übernommen. Etwas sagt mir, dass ich in der Erziehung meines Sohnes eine Niete war.«
Sie nahm ihm den Löffel aus der Hand. »Dein Problem ist nicht die Erziehung. Niillas ist kein Kind mehr. Dein Problem ist es zu begreifen, dass er bald von hier weggehen wird. Vielleicht …«, sie zuckte leicht mit den Schultern, »findest du etwas anderes, womit du die Zeit füllen kannst? Vielleicht ergibt sich etwas Neues?« Während sie redete, strich sie ihm über den Nacken, die langsame Bewegung war wie ein wortloses Mantra.
Er spürte, wie er zur Ruhe kam, und seufzte. »Hmmm … wahrscheinlich hast du recht. Wieder mal. Ich glaube an deine Worte. Sag, wie oft kann man bei dir zur Therapie kommen?«
Kapitel 37
26. Oktober 2007
»Ich habe gehört, dass Ihre Mutter zu Hause ist.« Eira setzte sich und griff nach der Kaffeetasse, die Sverre Wikan ihm reichte.
»Was heißt schon zu Hause?« Wikan zuckte mit den Schultern. »Sie ist jedenfalls in der Stadt.«
Eira erahnte einen Konflikt und wog seine Worte sorgfältig ab. »Ich will versuchen, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Wohnt sie nicht bei Ihnen?«
Eira wusste gut, wo sie sich aufhielt: Gunhild Wikan hatte sich in einer
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