Im Auge des Feuers
mit kerzengeradem Rücken zur Tür. »Du wirst es rechtzeitig erfahren.« Er verschwand in die Küche.Eira hörte, wie die Kühlschranktür zweimal knallte, danach die Eingangstür, dann war alles still.
Er verließ Niillas’ Zimmer und sank am Küchentisch nieder, griff sich mit beiden Händen ins Haar. Was zum Teufel passierte da gerade? Er hatte immer noch Schwierigkeiten, richtig zu atmen. Etwas blockierte seinen Hals. Schnürte seinen Brustkorb ein.
Eira machte sich langsam daran, die Einkaufstüte auszupacken. Reis, Butter, Spargelbohnen, Pilze und Sauerrahm. Mariniertes Schweinefilet. Er hatte ein Festessen vor sich gesehen. Niillas und er. Jetzt musste er wieder alleine essen. Es war sicher sinnvoll, sich schon mal daran zu gewöhnen.
Er erinnerte sich an den Zettel in seiner Tasche und wählte, ohne zu zögern, ihre Nummer. Sie war zu Hause und gerade dabei, Essen zu kochen.
»Das Fischfilet kann gut bis morgen warten«, unterbrach er ihre Erklärungen. »Komm lieber hierher. Bitte .«
Er meinte es ernst und sie fragte nicht weiter.
»Bin gleich da.«
Er kam jäh zu sich, als es an der Tür klingelte. Mona war ungewöhnlich schnell gewesen. Erleichterung durchströmte ihn und ließ auf einmal alles viel heller aussehen. Sie wollte ihn also wirklich treffen.
»Hallo.«
Eiras Gesichtsmuskeln erstarrten. Es war Victoria.
»Niillas ist nicht da.«
»Ich hab Zeit, auf ihn zu warten.«
»Fragt sich, ob das eine gute Idee ist. Er ist gerade gegangen.«
»Ich lass es drauf ankommen. Ein bisschen kann ich doch warten?« Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »Du wirst mich doch nicht hier draußen stehen lassen? Ich friere jetzt schon.«
Sie war viel zu dünn angezogen. Unter der kurzen Lederjacke trug sie den dünnen, langen Pullover mit dem tiefen Ausschnitt vom letzten Mal. Die Strumpfhose war schwarz, glänzend und durchsichtig. An den Füßen hatte sie hochhackige, weiße Stiefeletten. Der Nordwind erfasste die Tür und die Böe schlug direkt in die Diele. Eira konnte nicht den Tod eines anderen Menschen verursachen und trat widerwillig beiseite. »Dann komm rein. In seinem Zimmer ist es schön warm.«
»Hier riecht’s gut. Was kochst du?« Sie war ihm in die Küche gefolgt und hatte sich die Jacke ausgezogen.
»Essen.« Er konzentrierte sich aufs Kochen und wandte ihr den Rücken zu. Mit gezielten, langsamen Bewegungen schnitt Eira das Gemüse für den Salat klein.
»Niillas sagt, du bist ein Zauberer mit dem Messer.«
Er antwortete nicht.
»Er sagt, du kannst beim Messerwerfen treffen, was du willst. Auf noch so große Distanz einen Menschen mitten ins Herz, wenn du möchtest.«
Schweiß stand auf seiner Stirn. Die Küche war zwar wirklich klein, aber sie hatte sich dennoch näher als nötig an ihn herangestellt. Sie folgte jeder Bewegung des Messers mit großem Interesse.
»Stimmt das …?« Sie nahm sich eine Gurkenscheibe und biss mit einem scharfen Knacken ein Stück davon ab.
Er legte das Messer hin. »Ich glaube nicht, dass Niillas bald zurückkommt. Ich kann dich gerne nach Hause fahren, aber dann muss es sofort sein. Ich erwarte Besuch.«
»Besuch?« Sie drehte den Rücken zur Arbeitsplatte und lehnte sich zurück auf die Ellbogen. »Niillas hat nie erwähnt, dass du eine Freundin hast. Aber ich kann es mir gut vorstellen.« Sie betrachtete ihn auffordernd, er tat ihr jedoch nicht den Gefallen zu antworten. »Ist es die Dünne, Kleinmädchenhafte in der Steppjacke, die ich beim Frühstück getroffen hab? Farblos und ungeschminkt,nicht wahr? Wirkte so ein bisschen jungfräulich nervös, als sei sie direkt aus der Dusche ins Auto gehüpft, aus Angst, zu spät zum ersten Mann zu kommen, dem sie endlich aufgefallen ist.« Sie lachte entwaffnend, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. »Nimm’s mir nicht übel. War nur so eine Beobachtung.«
Eira registrierte sprachlos, wie sie Mona mit liebenswürdigem Lächeln und blitzenden Augen in rüdester Weise niedermachte. Er bemerkte die einstudierte Körperhaltung, die vorgeschobenen Hüften, die Kleidung, den Blick. Gab sie sich in Gegenwart von Männern immer so?
Sie schob sich langsam von der Arbeitsplatte weg und kam auf ihn zu. Reflexartig griff er nach ihrer Jacke und reichte sie ihr. Sie nahm sie mit einem Lächeln entgegen. »Okay, fahr mich nach Hause. Bevor sie kommt. Ich schau dann später noch mal vorbei.«
Er verlor keine Zeit. Fuhr hart am Tempolimit, nutzte alle gelben Ampeln und sagte kein Wort, bis er vor dem
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