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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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und sie ahnten nicht, dass er so schnell um sich greifen würde. Fjelds Lagerhäuser am Kai hatten schon immer spannende Winkel für die beiden Jungen bereitgehalten. Alte, hässliche Blockhäuser mit eingebranntem Teer an den Wänden.
    Sverre und Per wollten sich durch die Absperrungen mogeln, mit Feuerwehr und Polizei Versteck spielen und das Geschehen von einem Logenplatz aus verfolgen. Per selbst hatte kein Fahrrad. Er saß auf Sverres Gepäckträger.
    In halsbrecherischem Tempo fuhren sie zum Fjeld-Kai hinunter. Als sie dort ankamen, schlugen die Flammen bereits aus den Fenstern der unteren Stockwerke. Die Löscharbeiten hatten gerade begonnen.
    Seite an Seite, mit stockendem Atem, beobachteten die Jungen den Tanz der Flammen.
    »Das brennt ordentlich …« Sverres Augen funkelten in dem orangen Licht. »Der ganze Kai wird abbrennen, bevor sie auch nur irgendetwas retten können!«
    Sie waren eine Weile stehen geblieben und hatten zugesehen, wie sich das Feuer unerbittlich von Haus zu Haus ausbreitete. Dann waren sie durch den Bretterzaun zu Fjelds Bürogebäude weiter oben gehuscht. Dort hatten sie aufmerksam verfolgt, wie ein Mann durch das Tor eilte und in der Tür zum Bürogebäude verschwand.
    Es war Karl Fjeld, der älteste Sohn. Er hatte gerade seine Ausbildung an der Handelshochschule beendet und war der Kronprinzdes Unternehmens, ein Mann, von dem selbst Pers Mutter mit Ehrfurcht sprach. Sie betrachtete es sogar als Privileg, seine Büroräume putzen zu dürfen. Fjeld hatte es eilig gehabt, als ob dort drinnen etwas vergessen worden wäre.
    Sverre hatte sich augenblicklich für die Idee begeistert, ungesehen hineinzugelangen und zu spionieren. »Vielleicht ist da viel Geld drin«, hatte er aufgekratzt geflüstert. »Vielleicht verstecken sie alles, was sie verdienen, in einem Schrank, statt es zur Bank zu bringen. Ich wette, sie kriegen jetzt Schwierigkeiten, alles mitzunehmen!« Vor Aufregung hatte Sverre feuchte Mundwinkel bekommen. »Wenn wir als Erste hinkommen, kann keiner beweisen, dass das Geld da war, bevor es anfing zu brennen. Sie können es nicht der Polizei melden. Mein Vater sagt, es ist Schwarz geld.«
    Sverre war der Sohn von Oscar Wikan, einem aktiven Kommunisten. Zusammen mit zahlreichen Gesinnungsgenossen hatte Oscar Wikan angefangen, seiner Partei auch in dieser Stadt den Weg zu bahnen. Fjeld hatte versucht, ihn, den Aufwiegler und Unruhestifter, loszuwerden, aber bislang hatte er damit noch keinen Erfolg gehabt.
    Derlei Geschichten über den Vater kümmerten Sverre nicht. Er war bereits in der Hocke und im Begriff, am Zaun entlangzukriechen. Die viel zu lange Jeans schleifte Sand und kleine Steine mit. Es war kalt. In den schattigen Ecken, die die Sonne nie erreichte, lagen noch kleine schmutzige Schneehaufen.
    »Ich geh zuerst rein. Du hältst mir den Rücken frei, dann kommst du nach.« Der lange Pony verdeckte die erwartungsvollen Augen weitgehend. Sverre war größer als die meisten anderen Jungen in ihrem Alter, aber dünn und knochig. Außerdem hörte es sich nicht so an, als sei er schon in den Stimmbruch gekommen. Das alles kompensierte Sverre damit, dass er viel einfallsreicher und mutiger war als die anderen. In Pers Augen war Sverre vollkommen furchtlos, der größte Held überhaupt.
    Jetzt beobachtete Per, wie Sverres dünner, krummer Rücken in der Jeansjacke sich eilig zur nächsten Ecke des Gebäudes bewegte, dann in der Tür verschwand. Ein Arm hob sich und winkte eifrig, bevor die Tür mit einem mechanischen Klicken zuglitt.
    An das, was danach geschehen war, konnte Per Andersen sich nur mühsam und undeutlich erinnern. Immer wenn er die Augen schloss, sah er nicht mehr das eintönige Grau vor sich, sondern intensiv orange Flammen. Sie fraßen ganze Hauswände auf, legten trockenes Holz sekundenschnell in Asche und streckten sich wie gierige Zungen aus den Fenstern. Auch wenn er die Hände an die Ohren presste, hörte er das Prasseln und Krachen. Es ähnelte dem Geräusch des Holzofens, wenn sie mit abgestorbenem Nadelholz heizten. Hartes Knallen, wie von Schießpulver. Dazwischen das Klirren von Fensterscheiben. Außerdem Schreie. Schreie, die aus dem Gebäude kamen und nicht von den Löschtrupps auf den Straßen.
    Per konnte weder glauben noch erklären, was er gesehen hatte. Kurz nachdem Sverre Wikan in der Tür verschwunden war, kam eine weitere Person. War die Frau seiner Phantasie entsprungen? Eine Art Fabelwesen, das zu der zitternden Spannung passte, die sie

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