Im Auge des Feuers
halbes Leben im Ausland verbracht hat, plötzlich um irgendwelche uralten Gerüchte in ihrer Heimat kümmert. In den alten Berichten von 1969 wird sie kaum erwähnt, abgesehen davon, dass sie mit einem der ums Leben Gekommenen verheiratet war und in diesem Zusammenhang routinemäßig befragt worden ist.«
Eira schaltete den Anrufbeantworter ein und zog die Jacke über. »In der Vernehmung hat sie behauptet, dass ihr Mann getrennt von ihr in einem eigenen Zimmer schlief«, sagte Eira und runzelte die Stirn, als Berger die Bananenschale in seinen Mülleimer warf. Er hasste Bananen, vor allem ihren Geruch. »Such Benjaminsen und bitte ihn, eine Übersicht über alle registrierten Scheidungsmeldungen von 1968/69 zu beschaffen. Nur der Vollständigkeit wegen.«
Benjaminsen polterte herein, warf sich auf einen Stuhl und ließ seiner Verzweiflung freien Lauf. »Scheiße, ich habe vergessen, für heute Abend einen Babysitter zu organisieren. Meine Frau hat Karten für ein Musical, das momentan im Theater läuft.«
»Glaubst du etwa, du könntest einfach so ins Theater gehen?« Es war als Scherz gemeint, klang aber eher wie eine Rüge. Benjaminsen war in letzter Zeit dünner geworden und hatte dunkle Ringe unter den Augen. »Wie geht’s den Kindern?«, schob Eira in einem Anfall von Mitleid nach.
»Die Kleine bekommt gerade Zähne und der Große holt sich jede Woche einen anderen Erkältungsvirus im Kindergarten. Schniefen, Fieber und Gebrüll die halbe Nacht. Nächsten Sonntag wird die Kleine getauft, und meine Schwiegermutter ist fuchsteufelswild,weil wir uns gegen eine kirchliche Zeremonie entschieden haben. Meint natürlich, dass ich dahinterstecke. Als Babysitterin fällt sie also momentan aus. Meine Frau wird mir den Koffer vor die Tür stellen, wenn ich heute Abend nicht mit ihr ins Theater gehe.« Endlich holte Benjaminsen tief Luft und stierte Eira hohläugig an. »Glaubst du, Niillas …?«
»Niillas und seine Band geben heute Abend ein Konzert im Kaos.«
Benjaminsen fluchte wieder. »Das gibt Krach. Sie wird mich auf ewig verfluchen.« Er hielt inne. »Ja also, war nicht so gemeint …«, stotterte er.
»Das führt doch zu nichts.« Eira grub alle Finger ins Haar. »Berger kann babysitten.«
»Ich?« Sie schnellte vom Stuhl hoch. »Erstens kenne ich diese Kinder nicht und zweitens mag ich Kinder sowieso nicht.«
»Zwei Stunden wirst du schon aushalten«, entrüstete sich Eira. »Du hast jetzt neun Stunden gearbeitet, da kannst du ein bisschen Entspannung gebrauchen. Die beiden sind sehr lieb und werden deine Meinung über Kinder für alle Zukunft verändern.«
Berger starrte ihn mit offenem Mund an, und Benjaminsen fiel ihr fast um den Hals. »Das ist ja super. Danke, du bist …«
»Ich bringe das nicht zusammen«, unterbrach Eira brüsk. »Könnten gleich zwei Leute ein Interesse daran gehabt haben, Karl Fjeld zu töten? Gibt es Konstellationen, die wir noch nicht gesehen haben?«
Wortlos reichte Benjaminsen ihm eine Mappe, die Eira sogleich öffnete. »Gunhild Wikan?«
Benjaminsen nickte. »Alles, was ich über sie finden konnte«, sagte er mit einem raschen Blick auf die Uhr. »Keine kriminelle Vergangenheit. Nur vielleicht etwas … bunt.«
»Hier steht, dass sie Sverre mit siebzehn bekommen hat und im Jahr darauf Oscar Wikan heiratete. Das ist ja nun keine Sensation.Ich selbst war schließlich auch nicht gerade ein Greis, als ich Vater geworden bin.« Eira vertiefte sich wieder in die Papiere, leicht verdutzt, dass er deren Inhalt auf sich selbst bezogen hatte. »Mit fünfundzwanzig hat sie einen Sekretariatskurs absolviert, ansonsten ist sie ihr ganzes Leben lang zu Hause gewesen.«
»Hat sie zu Hause gearbeitet «, korrigierte Berger, die noch immer empört war.
»Ja, natürlich. Entschuldigung. Da ich immer sowohl zu Hause als auch außer Haus gearbeitet habe, habe ich nie über den Unterschied nachgedacht.«
»Man sollte dir einen Orden verleihen.« Berger war knallrot vor Wut. »Nur zu deiner Orientierung, Frauen haben das immer so gemacht. Eine Menge von ihnen ist allein mit den Kindern, nicht nur mit einem Kind, sondern mit einem ganzen Schwung. Aber sobald ein Mann das macht …«
Jetzt blieb Benjaminsen der Mund offen stehen. »Nun bist du aber ganz schön frech, Berger, entschuldige, dass ich das sage. Ich bin auch …«
»Okay, das reicht«, unterbrach Eira. »Es ist schon spät. Konzentrieren wir uns auf den Fall. Bist du dazu gekommen, die Scheidungsregister zu
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