Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
brauchte ich einen Ortswechsel — , in der Hoffnung,
irgendwie mit Booten arbeiten zu können. Von etwas anderem verstehe ich nämlich
nichts. Und ich hatte noch keine Arbeit finden können. Da hörte ich ein paar
Leute an einem der Tische davon erzählen, daß sie eine Insel gekauft hätten und
ein Bootel aufmachen wollten. Sie sahen ordentlich aus — Neal macht keinen
schlechten Eindruck, solange er nicht den Mund aufreißt und eine Rede hält — ,
deshalb ging ich zu ihnen und fragte, ob sie jemanden brauchten, der sich mit Booten
auskennt. Sie brauchten tatsächlich jemanden, und so bin ich hier.«
    »Haben Sie Geld in das Projekt
gesteckt?«
    »Sie machen wohl Witze? Das Unternehmen
ist Neals Baby.«
    »Sie halten es also für riskant?«
    »Natürlich. Sogar der Geldsack Angela
wird Ihnen das bestätigen. Aber es ist Neals Lebenstraum, und er ist
entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen, um ihn zu verwirklichen.«
    »Warum hat er denn den Traum?«
    Sie schnippte den Zigarettenstummel ins
Wasser. »So wie ich es sehe, wollte er sein ganzes Leben lang nichts anderes,
als geliebt zu werden. Aber das Problem ist, daß er nicht sehr liebenswert ist,
und so war er immer frustriert. Dieses Unternehmen und sein Geld verwendet er
nun dazu, sich Freunde zu schaffen. Er glaubt, er kann ein paar Leute einsammeln
und sie mehr oder weniger gefangenhalten, bis sie ihn schließlich mögen. Oder
ihn wenigstens tolerieren. Er mag es nicht einmal, wenn irgend jemand auch nur
für ein paar Stunden die Insel verläßt. Wie gestern abend zum Beispiel: Denny
mußte nach San Francisco und ich nach Sacramento. Und Patsy war den ganzen Tag
weggewesen. Neal ärgerte sich, weil seine Küken ausgeflogen waren.«
    »Das ist nicht normal.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Was ist
schon normal? Außerdem, man versucht das zu schützen, was man hat. Und wir,
meine Liebe, sind alles, was Neal hat.«
    »Außer seinem Geld und der Insel.«
    »Ja, und ich würde nicht damit rechnen,
daß Bruder Sam ihm das noch lange läßt.«
     
     
     

8
     
    Sam Oliver war das völlige Gegenteil
seines Bruders Neal. Obwohl er auch klein war, war sein Körper kompakt und
muskulös, das Haar dicht und hell. Er trug einen üppigen Schnurrbart, über den
er sich hin und wieder strich, als wollte er sich überzeugen, daß er noch da
sei. Er trug bequeme, neu wirkende Jeans, einen Pullover mit Zopfmuster und
eine gelbbraune Wildlederjacke. Seine Augen hinter den getönten Gläsern einer
Stahlbrille wirkten sehr lebendig.
    Wir standen etwas gezwungen in der
Eingangshalle herum, während Neal — noch fahriger als gewöhnlich — uns
vorstellte. Seine Erklärungen, wer wer war und was für eine Aufgabe er im Haus
hatte, wurden immer umständlicher, so daß es mir fast peinlich wurde. Als ich
mich umblickte, stellte ich auf den Gesichtern der anderen ähnliche
unbehagliche Gefühle fest. Als Neal meine Person zu beschreiben begann,
unterbrach ihn Sam und rettete so die Situation: »Ich kann das alles nicht
behalten, Neal. Nenn einfach die Namen. Den Rest höre ich mir später an.«
    Neal sah leicht beleidigt aus. »Das ist
Sharon McCone«, sagte er. »Und hier sind Denny Kleinschmidt und Kelley McCone.«
Er packte Sams Reisetasche und ging zur Treppe. Sam folgte ihm und wäre beinahe
in ihn hineingerannt, weil Neal auf halber Treppe stehenblieb, sich umwandte
und auf Denny deutend sagte: »In einer halben Stunde — Hausbesichtigung. Denny ist
unser Baufachmann — «
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde
ich gern mitkommen«, warf ich ein.
    Weder Sam noch Denny machten ablehnende
Gesichter, aber Angela runzelte die Stirn. »Sharon ist Patsys Schwester und zu
Besuch übers Wochenende hier!« erklärte sie Sam. »Sie hat noch nicht alles
gesehen, aber...«
    »Neal hat mir bereits verraten, daß sie
Privatdetektiv ist, Angela.« Sams gezwungener Ton erinnerte mich an Angelas
Worte, daß sie beide befreundete Gegner seien.
    Angela errötete und starrte Neal wütend
an. Offensichtlich hatten sie verschiedene Vorstellungen darüber, wie die
offizielle Version über meinen Besuch lauten sollte.
    »Ich würde mich auch gern wegen des
anonymen Briefs mit Ihnen unterhalten.«
    »Natürlich. Er steckt in meiner
Reisetasche. Ich bringe ihn mit runter.«
    Sam und Neal verschwanden nach oben,
Patsy und Evans sahen sich kopfschüttelnd an, und ich übergab meine jungen
Schutzbefohlenen ihrer Mutter. Ich wollte hinausgehen und mich ein wenig im
Obstgarten umsehen.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher