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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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war ich
eingeschlafen.
     
    Das erste Geräusch, das mir bewußt
wurde, war ein Scharren. Ich stöhnte und trat gegen die dicke Zudecke. Ratten,
dachte ich. In der Stadt waren die Ratten ein Problem, und ich hörte sie oft
auf dem Dachboden über meinem Schlafzimmer herumlaufen. Die Geräusche kamen
näher und hörten auf. Links von mir entstand ein schleifendes Geräusch, dann
wieder das Scharren, gefolgt von einem leisen Türschließen.
    Ich schreckte benommen hoch und langte
nach rechts, um die Nachttischlampe anzuschalten. Sie stand nicht dort. Dann
war ich ganz wach und begriff, daß ich nicht in meinem eigenen Bett lag,
sondern in einem Gästezimmer auf Appleby Island. Ich langte nach links, meine
Hand stieß gegen etwas, das zu Boden fiel. Dann fand ich den Schalter der
Nachttischlampe. Es wurde hell, und ich blickte auf den Boden. Das Brandyglas
war heruntergefallen und zerbrochen. Aber noch etwas anderes war nicht mehr auf
dem Nachttisch: Das Buch fehlte.
    Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett
und trat prompt in die Scherben. Einen Schrei unterdrückend, hinkte ich zur Tür
und sah hinaus. Der Gang war dunkel und leer. Ich kehrte zum Bett zurück und
inspizierte die Fußsohle. Es war kein tiefer Schnitt. Im Badezimmerschränkchen
fand ich Pflaster und verarztete mich.
    Auf dem Wecker war es halb drei. Jemand
hatte das Buch so dringend haben wollen, daß er zu nachtschlafender Zeit
hereingeschlichen war, um es zu stehlen. Warum? Neal konnte es nicht sein, er
hatte mir das Buch ja geliehen, Hatte jemand von den anderen Interesse gezeigt,
als er es mir gab? Mir war nichts aufgefallen.
    Ich überlegte, was ich vor dem
Einschlafen gelesen hatte. Eigentlich nur den Titel des Kapitels und den
Untertitel: Der Krieg mit dem Einsiedler.
    Ich zog den dicken wollenen Bademantel
an und trat in den Gang hinaus. Nichts war zu hören, außer einem schwachen
Schnarchen aus Sams Zimmer. Unten in der Empfangshalle brannte eine kleine
Lampe. Ihr Schein genügte, um den Weg ins Wohnzimmer und zur Bibliothekstür zu
finden, die offenstand. Ein hin und her zuckender Lichtstrahl war im Dunkel
dahinter zu erkennen.
    Ich bewegte mich, so leise ich konnte,
doch dann stieß ich gegen etwas, Glas klirrte, und das Licht in der Bibliothek
ging aus.
    Der verdammte Getränkewagen. Ich schob
ihn weg und stürzte in die Bibliothek. Die Fenstertür hinter dem Schreibtisch
krachte auf, und eine Gestalt rannte hinaus. Ich rannte hinüber, umrundete den
Schreibtisch, doch als ich die Fenstertür erreichte und hinausblickte, war
niemand mehr zu sehen. Wie hatte der Eindringling so schnell verschwinden
können. Ich ging noch um die Hausseite bis zur Terrasse, aber alles war still.
    Zurück in der Bibliothek, verschloß ich
sorgfältig die Fenstertür und machte Licht. Alles sah so aus wie bei meinem
Telefonat früher am Abend. Ich wartete einen Augenblick, weil ich dachte, die
anderen hätten den Lärm gehört und würden herunterkommen, doch das ganze Haus
schien in tiefem Schlaf zu liegen. Die gediegene Konstruktion dieser alten
Gebäude hatte seine Vor- und Nachteile.
    Ich ging ins Wohnzimmer und schaltete
ebenfalls alle Lichter ein. Ein schwaches Klopfen war zu hören. Ich erstarrte.
Es klopfte wieder. Vermutlich ein Zweig, der gegen das Haus schlug. Aber mir
war nicht ganz wohl in meiner Haut. Mir fiel die 38er wieder ein, die im
Handschuhfach meines MG lag. Ich ging sie holen.
    Sie schußbereit in der Hand haltend,
erforschte ich den oberen Gang und lauschte an den Türen zu Neals, Stephanies,
Dennys und Sams Zimmer. Sam schnarchte immer noch. Dennys lautes Atmen war
deutlich zu vernehmen. Stephanies Tür war nur angelehnt, bei einem Blick ins
Zimmer konnte ich ihre Umrisse im Bett erkennen. Neal hatte abgeschlossen. Tat
er das immer oder nur, seit sich auf Appleby so seltsame Dinge zutrugen?
    Im Untergeschoß war nur das regelmäßige
Tropfen der Wasserleitung zu hören. Die provisorische Abdichtung hatte also
nicht gehalten. Die Tür zu den Räumen meiner Schwester stand offen, und ich
stellte fest, daß Andrew und die Mädchen friedlich in ihren Betten lagen. Patsy
und Evans wollte ich nicht stören, aber bevor ich ging, hörte ich meine
Schwester im Schlaf stöhnen.
    An der entgegengesetzten Seite des
Ganges lagen das Zimmer, in dem der Großvater schlief, und Angelas Zimmer und
ihr Büro. Alles war abgeschlossen.
    Erleichtert darüber, daß der
Eindringling offenbar nur in meinem Zimmer und in der Bibliothek gewesen war,
ging ich die

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