Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Jungfrau Maria gesehen, das mich vor der Apokalypse warnte. Aber ich war in den Katakomben von Wyvern, und ich konnte überhaupt nichts sehen, sondern nur etwas fühlen, und ich fühlte die Anwesenheit von etwas, eine Aura, wie einen Druck, der sich bedrohlich abzeichnete und auf mir lastete, etwas, was ein Medium oder eine Wahrsagerin als Wesenheit bezeichnen würde, als spirituelle Kraft, deren Existenz man nicht bestreiten konnte und die mir jetzt jedenfalls eine Eiseskälte durch Mark und Bein jagte.
    Die direkte Konfrontation mit diesem Wesen stand unmittelbar bevor. Meine Nase war nur ein paar Zentimeter von seiner Nase entfernt, vorausgesetzt, es hatte überhaupt eine. Ich konnte seinen Atem nicht riechen, und das war bestimmt gut so, denn er mußte nach verfaultem Fleisch, brennendem Schwefel und Schweinedung stinken.
    Offensichtlich stand meine Phantasie kurz vor einem Super-GAU.
    Ich versuchte mir einzureden, daß das genauso überdreht war wie meine fieberhafte Vision von der riesigen Spinne im Fahrstuhlschacht.
    Bobby Halloway behauptet immer, meine Phantasie sei ein Zirkus mit dreihundert Manegen. Zur Zeit befand ich mich in Manege zweihundertneunundneunzig, in der die Elefanten tanzten und die Clowns radschlugen und die Tiger durch brennende Reifen sprangen. Es war an der Zeit, mal wieder den Schauplatz zu wechseln, das Hauptzelt zu verlassen, eine Cola und Popcorn zu kaufen, runterzukommen, mich in den Griff zu kriegen.
    Ich schämte mich vor mir selbst, weil ich nicht den Mut aufbrachte, die Taschenlampe einzuschalten. Mich quälte die Furcht davor, was mir Auge in Auge gegenüberstehen mochte.
    Obwohl ich irgendwie zu glauben bereit war, daß ich an einer völlig außer Kontrolle geratenen Kettenreaktion von Einbildung litt - und obwohl wahrscheinlich tatsächlich nur die Phantasie mit mir durchgegangen war ., hatte ich guten Grund, Angst zu haben. Die bereits erwähnten gentechnischen Experimente - von denen einige meine Mutter, eine theoretische Genetikerin, entworfen hatte - waren letzten Endes nicht zu kontrollieren gewesen. Trotz sehr hoher Sicherheitsvorkehrungen war ein künstlich entworfener Strang eines Retrovirus aus dem Labor entwichen. Dank der bemerkenswerten Fähigkeiten dieses neuen Erregers haben die Bewohner von Moonlight Bay - und, wenn auch nicht in so starkem Ausmaß, sogar Menschen und Tiere in der restlichen weiten Welt draußen sich... nun ja... verändert.
    Bislang waren die Veränderungen schon nicht gerade beruhigend gewesen, manchmal sogar ziemlich entsetzlich, aber bis auf wenige Ausnahmen verliefen sie so unauffällig, daß die Behörden die Wahrheit über die Katastrophe vertuschen konnten. Selbst in Moonlight Bay wissen höchstens ein paar hundert Leute, was hier vor sich geht. Ich selbst habe es erst einen Monat vor der heutigen Aprilnacht erfahren; und zwar unmittelbar nach dem Tod meines Vaters, der all die fürchterlichen Einzelheiten gekannt hatte und mir postum Dinge enthüllt hat, von denen ich inzwischen wünschte, ich wüßte nicht davon. Die übrigen Stadtbewohner leben in glücklicher Unwissenheit, wenn auch vielleicht nicht mehr lange, denn die Mutationen werden womöglich nicht so unauffällig bleiben wie bisher. Das war mir alles durch den Kopf geschossen und hatte mich gelähmt, als ich, wenn ich meinen Instinkten trauen konnte, in dem stockfinsteren Gang die Anwesenheit von irgend etwas Seltsamem gespürt hatte.
    Mein Herz raste.
    Ich war mir selbst zuwider. Wenn ich mich nicht in die Gewalt bekam, würde ich mein restliches Leben lang unter meinem Bett schlafen müssen, nur um sicherzugehen, daß der Schwarze Mann nicht unter die Sprungfedern schlüpfte, solange ich schlummerte.
    Ich hielt die nicht eingeschaltete Taschenlampe fest mit Daumen und Zeigefinger umschlossen, streckte die drei anderen Finger aus und griff, um mir zu beweisen, daß dieser abergläubische Schrecken jeglicher Grundlage entbehrte, in die Grabesschwärze. Und berührte ein Gesicht.  

4
     Einen Nasenflügel. Einen Mundwinkel. Mit dem kleinen Finger glitt ich über eine gummiartige Lippe und feuchte Zähne.
    Ich schrie auf und schreckte zurück. Noch im Rückwärtstaumeln gelang es mir, die Taschenlampe einzuschalten.
    Obwohl der Strahl auf den Boden gerichtet war, reichte die Reflexion des Lichts aus, die .Wesenheit. vor mir zu enthüllen. Sie hatte weder Fangzähne noch Augen voller prasselndem Höllenfeuer, sondern bestand zweifellos aus einer solideren Substanz als

Weitere Kostenlose Bücher