Im Bann der Leidenschaft
erholt hatte.
»Deiner maman zuliebe. Sie sorgt sich um dich.«
»Wäre ihr das bloß früher eingefallen! Gestern abend hätte ich dringend deine Hilfe gebraucht«, gestand Alexander und grinste gequält. Alle seine Knochen schmerzten. »Aber besser spät als niemals. Kannst du mich irgendwie hier rausschmuggeln?«
Ernst schüttelte Nikki den Kopf. »Sieht nicht so aus. Wenn du mir doch nur erzählt hättest, daß sie keine Straßendirne ist!«
»Ich mag’s eben nicht, wenn sich jemand in meine Angelegenheiten einmischt – selbst wenn’s meine Eltern sind.«
»Heute mußt du Zena heiraten. Iskender ist mein lieber alter Freund. Verstehst du?«
»Zweifellos werden ein paar angeknackste Rippen mein Verständnis fördern.«
»Da du seit drei Monaten mit keiner anderen Frau im Bett warst, mußt du etwas für sie empfinden. Und du hast dich in gewaltige Unkosten gestürzt, um sie zurückzugewinnen .«
Verwundert hob Alex die Brauen. Wieso wußte sein Vater Bescheid? Natürlich, es hatte sich herumgesprochen, daß das Gestüt in Podolks neuerdings fast leer war. Er wich Nikkis prüfendem Blick aus und zuckte die Schultern. Sicher, er schlief gern mit Zena, und er genoß ihre Gesellschaft. Aber ob das genügte? »Gegen Zena habe ich nichts. Nur gegen die Ehe.«
»Nachdem du eine junge Dame von guter Herkunft verführt hast, bist du verpflichtet, sie zu heiraten. Wär’s eine russische oder europäische Aristokratin, könnte ich dich vielleicht freikaufen. Aber in den kaukasischen Bergen herrschen strenge Moralgesetze, und Geld bedeutet diesen Stämmen nichts. Du solltest gut für Zena und das Kind sorgen – und aus einer schwierigen Situation das Beste machen.«
»Danke für den weisen Rat«, erwiderte Alex und hob skeptisch die Brauen.
9
Beim Frühstück saßen Zena und ihr Bruder neben dem Großvater. Nachdem sie von den Dienstboten erfahren hatte, wie übel Alex am vergangenen Abend zugerichtet worden war, starrte sie verlegen auf ihren Teller. Soeben hatte Iskender-Khan ihr mitgeteilt, sie müsse den Prinzen an diesem Nachmittag heiraten. Sie wurde mit Nikki bekannt gemacht und hob nur kurz den Blick, um ihm zuzunicken. Während des Frühstücks bestritten nur der Fürst und Iskender die Konversation.
Alex verharrte in eisernem Schweigen, Zena stocherte lustlos in ihrem Essen herum. Sogar Bobby war ungewöhnlich still und vertrieb sich die Zeit, indem er aus den Rosinen auf seinem Reispudding gerade Linien bildete.
»Auf das Brautgeld verzichten wir«, erklärte Iskender seinem alten Freund. »Soviel ich weiß, hat dein Sohn schon genug für die Gesellschaft meiner Enkelin bezahlt, und ich brauche kein Geld. Heute nachmittag beginnt das Fest. Das ganze Dorf wird daran teilnehmen.«
Um drei Uhr wartete Alex in der Festhalle. Wie es der Sitte entsprach, holten bewaffnete Krieger die Braut aus ihrem Zimmer. Tief verschleiert betrat sie den Saal.
Ein dünner Vorhang hing zwischen Zenas und Alex’ Köpfen. Als der Priester die traditionellen Fragen stellte, waren die kleinen Finger der Brautleute ineinander verschlungen. Würde Alex gut für seine Frau sorgen? Würde Zena ihrem Mann gehorchen? Würden sie einander in Freud und Leid beistehen?
Die letzte Frage, die der Bräutigam beantworten mußte, lautete: »Sind Sie imstande, das Ehebett Ihrer Frau zu teilen?«
Bei dieser überflüssigen Frage wechselten Nikki und Iskender einen kurzen Blick.
»Ja«, murmelte Alex. Danach sang eine alte Frau ein Lied, das böse Geister verscheuchen und die Feinde des Bräutigams abwehren sollte. In den Bergen glaubte man nämlich, sobald er ja sagte, könnte jemand seinen Dolch halb aus der Scheide ziehen und flüstern: »Es ist eine Lüge. Dazu ist er nicht imstande.« Dann wäre der junge Mann ein Jahr lang impotent. Die Manneskraft eines Gegners zu schwächen, war im Kaukasus eine beliebte Rachemethode.
Unmittelbar nach der Zeremonie wurden Alex und Zena getrennt. Die Frauen brachten die Braut in einen Raum neben der Suite des Prinzen. Nun verlangte das Brauchtum von Alex, verschiedene Schwierigkeiten zu meistern und zu seiner Frau zu gelangen. Vor jeder Tür wartete eine vermummte Gestalt und versperrte ihm den Weg. Ehe er weitergehen durfte, mußte er Goldmünzen in die ausgestreckten Hände legen. Sein Vater hatte ihm einen prall gefüllten Beutel übergeben. Ungeduldig unterwarf er sich der Prozedur.
In seinem Schlafzimmer wurde er mit weiteren Überraschungen konfrontiert. Eine alte Vettel begrüßte
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