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Im Bann der Leidenschaft

Im Bann der Leidenschaft

Titel: Im Bann der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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Allerdings trinke ich lieber meinen Kakheti-Wein.« Als die Gläser gefüllt waren, prosteten die beiden Freunde einander zu und besprachen, was sich seit dem letzten gemeinsamen Feldzug gegen die Türken im Jahr 1878 ereignet hatte. Dann entstand ein kurzes Schweigen, das Iskender-Khan schließlich brach. »Kommst du aus Kislowodsk?«
    »Ja.«
    »Da du bei Nacht gereist bist, hast du unsere Gebirgspfade offensichtlich nicht vergessen. Du besitzt ein ausgezeichnetes Gedächtnis – und zweifellos ein gutes Pferd.«
    »Allerdings, einen schönen Stryelet aus meinem Gestüt. Ich werde dir einen schicken.«
    Nach einer weiteren kleinen Pause fragte Iskender. »Weißt du, daß dein Sohn hier ist?«
    »Ich habe es vermutet.«
    »Tut mir leid, ich mußte die Ehre meiner Enkeltochter retten.«
    »Das weiß ich.« Nikki verstand die strengen Moralgesetze der Stämme, die in den Bergen lebten.
    »Alter Freund, ich wünschte, ich hätte gewußt, daß es dein Sohn ist.«
    »Und ich wünschte, ich hätte früher von der Identität deiner Enkelin erfahren. Vielleicht hätte ich selber für Recht und Ordnung sorgen können. Der Junge ist sehr eigenwillig und an seine Freiheit gewöhnt. Und ich hatte bedauerlicherweise einen falschen Eindruck gewonnen, was Zenas Herkunft betrifft. Wessen Tochter ist sie?« Nikki kannte Iskender-Khans Familie sehr gut, weil er ihn schon oft besucht hatte. Als achtzehnjähriger Leutnant war er zum erstenmal in das Dorf gekommen. 1859 hatten die beiden Männer Freundschaft geschlossen, beim letzten Aufstand Schemyls, des Führers der kaukasischen Bergvölker, gegen die Russen. Später waren sie Seite an Seite in den Kampf gegen die türkischen Grenzstämme gezogen.
    »Shouanetes Tochter«, antwortete der Clan-Führer.
    Nachdenklich runzelte Nikki die Stirn. »Wie alt ist Zena?«
    »Achtzehn.«
    Der Fürst rechnete hastig nach und seufzte erleichtert.
    »Sorg dich nicht, mein Freund«, fuhr Iskender lächelnd fort. »Da sie erst drei Jahre nach deinem letzten Aufenthalt in unserem Tal geboren wurde, mußt du keine Blutschande befürchten. Übrigens, deinem Sohn Wolf geht es gut. Vor kurzem habe ich ihn nach Süden geschickt, wo er die Türken ein bißchen ärgert. Er ist dir sehr ähnlich. Ständig hat er Schwierigkeiten mit den Frauen. Alle begehren ihn, und er will keine heiraten. Außerdem muß er sich immer wieder mit gehörnten Ehemännern herumschlagen.«
    »Wäre Zaide bei Wolfs Geburt nicht gestorben, hätte ich vielleicht beschlossen, bei dir in den Bergen zu bleiben, Iskender. Die Versuchung war groß. In diesen letzten vierunddreißig Jahren habe ich mir oft gewünscht, Wolf würde für einige Zeit nach Petersburg kommen.«
    »Ja, das weiß ich. Aber die Großstadt hätte ihn verdorben. In der westlichen Zivilisation entwickelt sich die Klugheit eines Menschen – eine gute Seele erlangt man nur in den Bergen.«
    »Da hast du recht. Wird er vor meiner Abreise zurückkommen?«
    »Ich schicke ihm noch heute nacht eine Nachricht, bevor ich schlafen gehe. In zwei Tagen müßte er hier eintreffen.«
    »Gut. Ich würde ihn gern Wiedersehen. Vielleicht kann ich ihn diesmal überreden, mich in die Stadt zu begleiten. Hat er das Geld verwertet, das ich ihm jährlich geschickt habe?«
    »Um den Frauen Geschenke zu kaufen, wie sein Vater.«
    »Nun, dann war’s wenigstens nicht vergeudet.«
    Nach einer kurzen Pause fuhr Nikki fort: »Ich bin so froh, daß Zena nicht mein Kind ist. Seit jener Zeit wurde ich immer wieder von Schuldgefühlen geplagt. Nach meiner Kriegsverletzung fieberte ich. In meinem Delirium wußte ich nicht, was ich tat. Und Shouanete war eine so schöne Krankenschwester.«
    »Du brauchst nichts zu bereuen. Als blutjunges Mädchen schwärmte sie für dich. Aber das waren nur flüchtige Gefühle. Später wurde sie sehr glücklich mit dem weißen Giaur, den sie geheiratet hat. Eines Tages ritt er in unser Dorf, um die Sitten unseres Stammes zu erforschen. Sobald Shouanete ihn sah, flüsterte sie mir zu: ›Den will ich haben.‹ Und sie bekam ihn auch. Ihr Tod hat mich tief betrübt.« In Iskenders dunklen Augen glänzten Tränen. »Sie war meine Lieblingstochter, und deshalb muß ich für ihr Kind sorgen. Das verstehst du doch?«
    »Natürlich.«
    »Morgen findet die Hochzeit statt.«
    »Einverstanden.«
    Als Alex am nächsten Morgen erwachte, saß Nikki auf der Bettkante.
    »Du hast einen weiten Weg auf dich genommen, Papa«, bemerkte der Prinz, nachdem er sich von seiner Verblüffung

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