Im Bann der Ringe (German Edition)
Freundinnen beschäftigt und beachtete sie nicht. Das passte gut. Schnell sah sie sich zu allen Seiten um. Es war auch kein Lehrer in Sicht, und so stahl sie sich durch die Eingangstür nach draußen. Sie hatte noch nie den Unterricht geschwänzt, und es kam ihr vor, wie ein kleines Abenteuer, dass sie sich jetzt heimlich davonschlich. Ihre Tante würde sie umbringen, wenn sie davon erfuhr. Aber das tut sie ja nicht .
Hastig schloss sie ihren Wagen auf, schmiss den Rucksack auf den Beifahrersitz und stieg ein. Dann gab sie Gas und fuhr in Richtung der 190.
Er hatte gesagt, er wohnte über ihr. Also musste sie die 190. raus aus Eastport. Und dann würde es sicherlich irgendwo einen Weg geben, der sie zu seinem Haus brachte. Denn wenn er über ihr wohnte, hieß das, dass er mitten im Wald wohnen musste.
Immer weiter führte die Straße aus Eastport heraus. Die Häuser wurden weniger, die Wälder dichter. Schließlich stand sie vor der Entscheidung, geradeaus zu fahren oder rechts in einen kleinen Waldweg abzubiegen. Sie entschied sich für den Waldweg.
Immer tiefer führte der Weg in den Wald hinein und nach der fünften Kurve stoppte sie den Chevy. „Wo, zum Teufel, soll hier ein Haus sein? Mist, ich glaub, ich habe mich doch total verfahren“, stöhnte sie auf. Auf der schmalen Straße konnte sie nicht umdrehen, daher fuhr sie wieder an. Irgendwann würde wohl eine Möglichkeit zum Wenden auftauchen. Gerade, sie war fast der Verzweiflung nahe, weil sie weiterhin auf der engen Straße bergauf fahren musste, bog sie um eine weitere Kurve und da sah sie es: Am Ende des Weges, auf einer Lichtung, umgeben von unzähligen großen Kiefern, stand ein kleines, altes Häuschen.
Ganz einsam stand es auf einer großen Wiese, die weiße Farbe, mit der es einmal gestrichen worden war, blätterte schon langsam ab und die Treppenstufen, die zur großen Veranda hoch führten, sahen alles andere als einladend aus. Cat erkannte, dass sich in der zweiten Stufe ein großes Loch im Holz befand und auch die anderen Vier renovierungsbedürftig aussahen. Allerdings lag ein kleines Stück weiter bereits ein Haufen hölzerner Latten. Wahrscheinlich waren die Renovierungsarbeiten bereits in vollem Gange. Oder zumindest in Erwägung gezogen worden.
Sie parkte den Wagen direkt hinter dem Unterstand, in dem kein Auto stand, und stellte den Motor ab. Aus ihrem Rucksack zog sie drei Aufgabenzettel, die sie heute als Hausaufgabe erhalten hatte, und stieg mit wackeligen Knien aus dem Wagen. Das war ihr Vorwand dafür, hier einfach unangemeldet aufzutauchen.
Sie beobachtete die Fenster, während sie näher ans Haus ging. Bewegte sich da was? Sah er sie vielleicht schon kommen? Oder war das sein Vater? Sie überstieg die kaputte Stufe und stand mit klopfendem Herzen vor seiner Tür. Sie hatte keine Ahnung, was sie ihm sagen wollte, aber die Zettel in der Hand reichten hoffentlich für ein erstes Alibi. Sie schluckte ihre Aufregung herunter, riss sich zusammen, atmete noch mal tief durch und klopfte. Eine Klingel gab es nicht.
Sie wartete, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Aufgeregt trat sie von einem Bein aufs andere. Aber nichts tat sich. Noch einmal klopfte sie an, diesmal etwas lauter. Und wieder wartete sie darauf, dass er ihr öffnete. Aber auch diesmal bewegte sich nichts.
Enttäuscht schaute Cat durch ein Fenster. Alles blieb dunkel. Keine Regung. „Komisch.“ Sie war unschlüssig, was sie jetzt tun sollte. Warten? Nein, wer weiß, wann er nach Hause kam. Vielleicht kam er erst am Abend zurück, oder womöglich gar nicht? Ein Anflug von Panik mischte sich in ihre Gedanken. Was wäre, wenn er abgehauen war? Wegen ihr? Wegen Dionne? Wegen allem?
„Bilde dir bloß nichts ein, Cat, warum sollte er deswegen abhauen? Warum sollte er überhaupt abhauen? Wahrscheinlich ist er nur einkaufen gegangen. Oder beim Arzt“, beruhigte sie sich selbst.
Sie besah sich noch mal die Aufgabenzettel, die eigentlich für sie selbst bestimmt waren. Kurz entschlossen tastete sie an ihrem Zopfgummi, mit dem sie ihre Haare hochgebunden hatte, nach einem Bleistift. Manchmal steckte sie gedankenverloren dort ihren Stift hinein, wenn sie zeichnete. Und glücklicherweise steckte auch jetzt ein Stift in ihrem Haar. Schnell schrieb sie eine kurze Notiz für Ric auf einen der Zettel, faltete sie zusammen und stopfte sie in den Briefkasten. Er sollte ruhig sehen, dass sie hier gewesen war. Sie konnte auch bei Ann abschreiben. Dann stellte sie das Fähnchen hoch:
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