Im Bann der Sinne
Ich mische mich dann unters Volk: Wer mit mir sprechen will, kann es tun."
Jasmine blickte ihn erstaunt an. „Einfach so?"
Tariqs Griff um ihre Hand wurde fester. Sein schwarzes Haar glänzte in der Sonne.
„Hast du etwas dagegen?"
„Nein. Nach allem, was ich weiß, verehrt dich dein Volk." Sie senkte den Kopf, um seinem durchdringenden Blick auszuweichen. „Ich dachte nur ... wegen deiner Sicherheit."
„Würdest du mich vermissen, meine Jasmine, wenn ich nicht mehr da wäre?" Die Frage rutschte ihm heraus, trotz seiner bisher durchgehaltenen Selbstkontrolle. Sie verriet mehr über seine Gefühle, als er bereit war, sich selbst einzugestehen.
„Was für eine Frage! Natürlich würde ich dich vermissen."
Und doch hatte sie ihn verlassen, hatte sein Herz bluten lassen. „Das ist eine alte Tradition in unserem Land. Zulheil ist klein, aber reich. Und das wird nur so bleiben, wenn das Volk zufrieden ist. Niemand würde mir etwas tun, denn man weiß, dass ich mich um die Belange der Menschen kümmere."
„Und Fremde? Ausländer?"
Tariq konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Der angespannte Ausdruck auf Jasmines Gesicht erinnerte ihn an das unschuldige, junge Mädchen, das einst sein Herz gewonnen hatte. „Sobald ein Fremder unsere Grenzen überschreitet, sind wir darüber informiert."
„Dein Fahrer wollte mir weismachen, das hier sei ein Taxi."
Etwas rührte sich in ihm beim Klang ihres leisen Lachens. Er hatte sich zu lange zu sehr nach ihr gesehnt. Rasch verdrängte er diese Ge-fühle. Diesmal würde er Jasmine weder sein Vertrauen schenken noch sein Herz. Die Wunden, die sie ihm zugefügt hatte, waren längst nicht verheilt.
„Als Fahrer ist Mazeel sehr gut, als Schauspieler weniger." Tariq sah sich um, als sich Schritte näherten.
„Eure Hoheit." Der Mann mit den dunklen Augen, deren Blicke sich mit kaum verhüllter Missbilligung auf Tariq richteten, war Jasmine vertraut. Tariq schien sich nichts aus diesem unausgesprochen Vorwurf zu machen.
Hiraz mochte ihn seinen Ärger spüren lassen, doch er war viel zu loyal, um nicht Stillschweigen zu wahren, wann immer es nötig war.
„Du erinnerst dich an Hiraz." Tariq nickte seinem Chefberater und engsten Freund zu.
„Natürlich", erwiderte Jasmine. „Es ist schön, Sie wiederzusehen, Hiraz."
Hiraz verbeugte sich steif. „Madam."
„Bitte nennen Sie mich Jasmine."
Tariq legte die Hand auf Jasmines Rücken und erschrak darüber, wie zerbrechlich sie sich anfühlte. Er wehrte sich nicht gegen das Gefühl, sie beschützen zu müssen. Wie zornig er auch auf sie sein mochte, sie unterstand jetzt seinem Schutz. Sie war sein.
„Hiraz billigt nicht, was ich mit dir vorhabe." Es klang wie eine Warnung.
„Hoheit, ich würde gerne mit Ihnen sprechen." Hiraz zwinkerte verschwörerisch, doch seine Haltung blieb steif und formell. „Ihr Onkel ist mit seinem Hofstaat angekommen, genau wie alle anderen."
„Und er nennt mich nur Hoheit wenn er mich ärgern will", murmelte Tariq. „Es ist keineswegs meine normale Anrede."
Hiraz seufzte und gab sein formelles Getue auf. „Du hast es also wirklich getan." Sein Blick ruhte auf Jasmine. „Wissen Sie, was er vorhat?"
„Genug", sagte Tariq scharf.
Hiraz hob nur eine Braue und trat zur Seite, um neben ihnen herzugehen. Sie betraten den Palast.
„Was hast du denn vor?", fragte Jasmine.
„Das erkläre ich dir später."
„Wann?"
„Jasmine." Wenn Tariq diesen ruhigen, keinen Widerspruch duldenden Ton anschlug, brachte das normalerweise jeden zum Schweigen.
„Tariq." Jasmine sah ihn entrüstet an, und Tariq drehte sich überrascht zu ihr um.
Hiraz schmunzelte. „Sie ist also erwachsen geworden. Gut. Es wird nicht leicht sein, sie unter Kontrolle zu halten. Aber das ist gut, denn eine schwache Frau würde womöglich zu Grunde gehen."
„Sie wird tun, was ich sage."
Jasmine wollte dagegen protestieren, dass die beiden Männer über sie redeten, als wäre sie nicht anwesend, doch Tariqs düsterer Blick ließ sie schweigen. In den letzten Minuten war er liebenswürdig gewesen, doch jetzt stand er als Scheich von Zulheil vor ihr. Ein Fremder. Machthaber und Herrscher. Sie wusste nichts über ihn.
Im Inneren des Palastes herrschte eine überraschend wohnliche Atmosphäre. Kein übertriebener Prunk. Unzählige winzige, kunstvoll in den Stein geschnitzte Fenster zeichneten ein wunderschönes Muster aus Licht und Schatten auf die Wände.
Jasmine betrachtete alles voller Erstaunen, und es dauerte
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