Im Bann der Wasserfee
lange damit begnügen würde.
»Ich schaffe es. Ich werde von hier entkommen und ich werde Ragnars Liebe erringen. Er wird Aouregwenn vergessen. In Gwynedd werde ich meine Wurzeln erkunden. Ich werde endlich wissen, wer ich bin.«
Sie hatte eindeutig zu wenig Kontakte, da sie schon Selbstgespräche führte. Soweit hatte Ragnar sie also schon gebracht!
Seit Aouregwenns Betrug und Niamhs rätselhaftem Verschwinden fühlte sie sich verdammt einsam. Sie machte sich Sorgen um die Heilerin. Mit jedem Tag, den sie nicht zurückkam, wurde ihr Tod wahrscheinlicher. Bis auf ihre Kleidung hatte man keine Spur von Niamh gefunden. Ihr Verschwinden war allen ein Rätsel.
Was Ragnar betraf, so wusste sie immer noch nicht, woran sie mit ihm war. Er schien ein Mann von Ehre zu sein und sie war ihm offenbar nicht völlig gleichgültig, sonst hätte er nicht versucht, sie zu küssen. Es sei denn, es handelte sich allein um körperliche Gelüste und er tat dies mit jeder Frau.
Ragnar und sie saßen hier fest, solange der Mann noch nicht gefasst war, der den Mordversuch an Brioc verübt hatte. Wie es aussah, hatte dieser Mörder es auch auf sie abgesehen. Sie wagte kaum an die Gefahr zu denken, in die sie sich begeben hatte, als sie allein durch die Gassen rannte. Auch eine Monsterschlange sollte sie nicht ihren kühlen Kopf verlieren lassen. Normalerweise war sie nicht wehrlos. Die Schlange war keine Einbildung gewesen. Wie konnte sich ein derartiges Ungetüm tagsüber in der Stadt verbergen?
Es war für sie sicherer, in ihren Gemächern auszuharren, bis der Attentäter aufgegriffen sein würde. Andererseits konnte sie nicht untätig bleiben und abwarten, bis sie mit Brioc verheiratet war. Dies musste sie unbedingt verhindern. Allein der Gedanke daran, mit ihm das Lager teilen zu müssen, ließ sie vor Abscheu erbeben.
Kapitel 8
Ragnar ließ sich am Abend auf einer Decke auf dem Boden nieder. Eine weitere Decke zog er bis zur Brust hoch. Er war nackt bis auf ein paar Waffen. Dylan, der ihm sonst wieder merkwürdige Blicke zuwerfen würde, war nicht zugegen. Offenbar verstand er nicht, warum Ragnar das bequeme römische Bett verschmähte.
Keineswegs wollte er verweichlichen. Seit früher Kindheit hatte er das Leben eines Kriegers geführt. Sich der Bequemlichkeit hinzugeben, machte träge. Dies konnte den Tod bedeuten. Am liebsten schlief er unter freiem Himmel, doch dies war jetzt leider ungünstig, denn Gradlon sollte keinen Verdacht schöpfen.
Dylan suchte jetzt, soweit er wusste, trotz oder gerade wegen der vorgerückten Stunde die Therme auf. Ragnar verstand ihn allzu gut. Auch er bevorzugte es, beim Bad allein zu sein, weniger aus einem Schamgefühl heraus, als um seine Gedanken zu sammeln.
Ragnar dachte über die Ereignisse des Tages nach, was andere gesagt oder getan hatten. Auch ihre Gestik und ob diese von ihren Worten oder ihrem Tonfall abwichen, versuchte er zu ergründen. Außer im Verhalten Dahuts fand er nichts Ungewöhnliches. Wenn er sich nicht täuschte, war sie eifersüchtig auf Aouregwenn. Unter anderen Umständen wäre er erfreut darüber, denn auch er empfand mehr für sie, konnte sich ihr jedoch nicht nähern. Die Liebe, so wusste er, machte verletzlich und beeinflusste das Urteilsvermögen. Beides konnte er sich nicht erlauben. Schon gar nicht, weil sie die Tochter seines Todfeindes war.
Vielleicht konnte er sich ihr nähern, wenn alles vorüber war. Sofern er überlebte. Nach seinen neuesten Erkenntnissen lag König Gradlon nicht so viel an seiner Tochter, wie es zuerst den Anschein gemacht hatte. Gerüchte besagten, dass sie gar nicht seine leibliche Tochter war, auch wenn einiges dagegen sprach. Ein König konnte es sich aufgrund möglicher Thronansprüche nicht erlauben, ein fremdes Kind als das eigene aufzuziehen. Andererseits hatte Gradlon Dahuts Mutter niemals geheiratet. Womöglich lag dies daran, dass Malgven noch auf der Heimreise von Dänemark verstorben war.
Hätte Malgven Gradlon wirklich so viel bedeutet, hätte er Ragnar selbst verfolgt, anstatt wie sonst seine Krieger zu schicken, was er seit Jahren tat, da er seine Rache fürchtete. Die Rachsucht der Dänen war legendär. Doch nicht er war es, der Malgven getötet hatte. Dazu war er damals noch zu jung gewesen. Es war nicht möglich, dass die Zauberin eines natürlichen Todes gestorben war. Ihr Ableben jedoch kam ihm äußerst gelegen.
Er konnte den König nicht verschonen, auch nicht aus Rücksicht auf seine
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