Im Bann der Wüste
mehr als eine imperiale Länge, und das, obwohl die drei wickanischen Clans auf dem Grasland beiderseits der Straße ritten.
»Die Diskussion ist beendet«, verkündete Coltaine.
»Lull, Sulmar, erstattet Euren Kompanien Bericht«, sagte Bult. Es war nicht notwendig, wir marschieren zum Vathar hinzuzufügen. Das Treffen des Kommandostabs hatte Positionen deutlich gemacht; vor allem jedoch hatte es gezeigt, welche Probleme Sulmar mit seinen einander widersprechenden Loyalitäten hatte. Über die Frage der Truppenaufstellung, der Vorräte und ähnlicher organisatorischer Dinge hinaus gab es nichts zu diskutieren.
In Duiker stieg eine Woge von Mitgefühl für Sulmar auf, als ihm klar wurde, wie groß der Druck sein musste, dem der Hauptmann seitens Nethparas und Pullyk Alars ausgesetzt war. Der Hauptmann war schließlich ein Adliger, und die Drohung, dass ihr Unmut an seiner Familie vergolten werden könnte, machte seine Position unhaltbar.
»Die malazanische Armee soll nur einen Satz von Regeln kennen«, hatte Imperator Kellanved während der ersten »Säuberung« und »Neuorganisation« des Militärs zu Beginn seiner Herrschaft verkündet. »Einen Satz Regeln, und einen Anführer …« Die Tatsache, dass er und Dassem Ultor Beförderungen ausschließlich von den Verdiensten der Soldaten und Soldatinnen abhängig gemacht hatten, hatte innerhalb der hierarchischen Kommandostäbe der Armee und der Flotte zu unzähligen Machtkämpfen geführt. Auf den Palaststufen war Blut vergossen worden, und Laseens Klaue war das Instrument gewesen, mit dem diese Operationen durchgeführt worden waren. Sie hätte aus dieser Episode eigentlich lernen müssen. Wir hatten unsere zweite Säuberung, aber die kam viel zu spät.
Hauptmann Lulls Stimme riss Duiker aus seinen Gedanken. »Reitet mit mir zurück, alter Mann. Es gibt da etwas, das Ihr sehen solltet.«
»Und was ist das?«
Ein Grinsen verwandelte Lulls verwüstetes Gesicht in eine entsetzliche Fratze. »Habt Geduld.«
»Oh, schön, die habe ich mir angeeignet, und ich habe noch allerhand übrig, Hauptmann.« Um auf den Tod zu warten, und das Warten dauert jetzt schon verdammt lange.
Es war offensichtlich, dass Lull Duikers Kommentar verstanden hatte. Er starrte mit seinem einen Auge blinzelnd auf die Ebene hinaus, in Richtung Nordwesten – dorthin, wo irgendwo Korbolo Doms Armee sein musste; sie war keine drei Tagesmärsche entfernt und holte schnell auf. »Es ist ein offizielles Gesuch, Historiker.«
»Ah, sehr schön. Dann reitet voraus.«
Coltaine, Bult und Sormo waren zu der Karawanenroute hinübergeritten. Von den vorgeschobenen Einheiten der Siebten erklangen Rufe, als die Vorbereitungen, die Straße zu verlassen, begannen. Duiker sah den Hirtenhund namens Bent den drei Wickanern vorausrennen. Und wir folgen. Wir haben in der Tat den passenden Namen.
»Wie geht es dem Korporal?«, fragte Lull während sie weiter in die Richtung ritten, in der sich Lulls Kompanie befand.
Duiker runzelte die Stirn. List war am Gelor-Kamm schwer verwundet worden. »Die Wunde heilt. Wir haben Schwierigkeiten mit den Heilern – sie sind allmählich erschöpft, Hauptmann.«
»Ich weiß.«
»Sie haben so viel Kraft aus ihren Gewirren gezogen, dass es ihre eigenen Körper in Mitleidenschaft zieht. Ich habe gesehen, wie der Arm eines Heilers wie ein Zweig gebrochen ist, als er einen Kessel vom Feuer gehoben hat. Das hat mich mehr erschreckt als alles andere, was ich bisher zu Gesicht bekommen habe oder noch zu Gesicht bekommen werde, Hauptmann.«
Lull zupfte an der Augenklappe herum, die sein zerstörtes Auge bedeckte. »Das geht nicht nur Euch so, alter Mann.«
Duiker schwieg. Lull wäre fast einer eitrigen Entzündung erlegen. Er war unter seiner Rüstung hager geworden, und die Narben in seinem Gesicht verliehen ihm einen gequälten Ausdruck, der Fremde zusammenzucken ließ. Nicht nur Fremde, beim Atem des Vermummten! Wenn die Kette der Hunde ein Gesicht hat, dann ist es Lulls Gesicht.
Sie ritten zwischen Kolonnen von Soldaten hindurch, grinsten über die Bemerkungen und Witze, die man ihnen zurief, obwohl Duiker dieses Grinsen als anstrengend empfand. Es war gut, dass die Stimmung gut war, dass die merkwürdige Melancholie, die die Sieger nach einem Sieg befiel, sich wieder verflüchtigt hatte, doch das Schreckgespenst dessen, was noch vor ihnen lag, zeichnete sich bereits mit monströser Gewissheit ab. Der Historiker hatte gespürt, wie seine eigene Gemütslage immer
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