Im Bann des Adlers
belastete mich, doch es war weder der rechte Zeitpunkt noch der richtige Ort für eine Aussprache. Trotzdem wünschte ich mir gerade jetzt, er würde mit mir reden.
Eine Weile später, wurde die Umgebung noch vertrauter, ich fragte aufgeregt. „Wo bringen Sie uns eigentlich hin?“, in die entstandene Pause der Schimpfwörter hinein. „Können Sie sich das denn nicht denken? Nach Hause natürlich.“ Antwortete Riboz, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Ich merkte, wie Victor neben mir merklich zusammenzuckte und mich verstohlen musterte. „Das geht nicht“, antwortete ich mit fester Stimme. „Meine Wohnung wurde doch aufgelöst. Bringen Sie mich in Josés Wohnung, er ist sowieso nicht da.“
Vor Erstaunen legte der Polizist fast eine Vollbremsung hin. Wir wurden kräftig durchgeschleudert, bis er das Steuer wieder unter Kontrolle hatte. „Was erzählen Sie denn da? Niemand hat ihre Wohnung aufgelöst Señora Korbmann und ihren Freund habe ich verständigt, der sitzt bei Ihnen zu Hause auf dem Sofa und kann es kaum erwarten Sie zu sehen.“
„Jetzt weiß ich gar nicht mehr was ich überhaupt noch glauben soll.“ Murmelte ich vor mich hin, unfähig zu weiteren Gemütsregungen. Es fühlte sich alles nicht mehr echt an. Als hätte ich meinen Körper irgendwann verlassen und schaute nun hinunter auf die Marionette Jessica. Neben mir rutschte Victor unruhig auf dem Sitz hin und her, schwieg aber weiterhin beharrlich. Eine große Hilfe war er mir damit nicht, aber was sollte er denn auch tun? Jetzt bog der Wagen tatsächlich ab in meine Straße. Freude durchflutete mich, mein Wohnhaus zu sehen und trotzdem war es komisch. Die Normalität der Menschen auf den Gassen erschreckte mich fast ein wenig. Ich hatte in der kurzen Zeit, in der ich weg war, so viele Dinge gesehen und erlebt, dass plötzlich alles hier nichts mehr mit mir zu tun zu haben schien. Es war, als wäre ich eine Fremde, die nach langer Zeit einmal wieder zu Besuch kam.
Noch Schlimmer wurde es, als wir vor dem Haus hielten und Riboz uns aufforderte auszusteigen. Erst als er kam und mir die Tür öffnete, kam Bewegung in mich. Wie in Zeitlupe stieg ich aus. „Ich bleibe besser hier“, meinte Victor. Dieser Satz, der Erste seit heute Nachmittag, versetzte mir einen Stich. Doch ich war ihm dankbar dafür und sah ihn zärtlich an. „Nichts da, ich denke Señor Lorca will dem Lebensretter von seiner Freundin bestimmt Danke sagen. Also schwingen Sie ihren Hintern jetzt hierher auf den Bürgersteig.“, befahl Riboz.
Als ich sah, dass Victor protestieren wollte, schüttelte ich kaum merklich den Kopf.
So stiegen wir nun also alle drei die Treppe in dem kleinen Haus nach oben zu meiner Wohnungstür. Schon nach dem ersten Klingeln, wurde diese aufgerissen und vor mir stand mein geliebter José. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er mich sah, und riss mich mit einem Freudenschrei in seine Arme. Es tat gut seine Umarmung zu spüren und für einen kurzen Moment vergaß ich alles Andere um mich herum und versank einfach in seiner Wärme und Liebe. „Du erdrückst mich, ich dachte du bist froh, dass ich noch lebe?“ Stemmte ich mich dann doch von seiner Brust ab, als er mich immer stärker an sich drückte. „Ich dachte schon, ich hätte dich für immer verloren.“ Murmelte er in mein Haar, während er mich widerwillig freigab und den beiden Männern Platz machte einzutreten. Sofort spürte ich, als José und Victor sich zum ersten Mal ansahen, dass die Chemie zwischen beiden nicht stimmte. Vielleicht spürte José auch, welche Konkurrenz ihm von Victor drohte, oder es war einfach nur Antipathie. Unbehaglich folgte ich den Dreien in >mein< Wohnzimmer, obwohl es mir nicht mehr wie mein Zuhause vorkam.
José setzte sich neben mich auf das Sofa. Uns gegenüber, nahmen Riboz und Victor Platz. Kaum saßen wir in dieser Konstellation, klingelte es. Fragend sah ich meinen Freund an, der sofort aufsprang und rief. „Das sind die Anderen. Alle sind so erleichtert, dass alles gut ausgegangen ist.“ Er öffnete und ich war froh zu sitzen, denn hereinspazierten Hernandez und meine beste Freundin Hillary, eine mir unbekannte blonde hübsche junge Frau und als Schlusslicht meine Eltern. Mein Herz tat einen Sprung vor Freude, gleichzeitig fühlte ich mich einer Ohnmacht nahe. Alle eilten nacheinander auf mich zu, umarmten mich und meinten, wie sie sich freuen, mich zu sehen. Ich ließ die Worte auf mich niederprasseln, verstand aber nur die
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