Im Bann des Falken
verschollen ist.”
Der Scheich überging ihre Trotzreaktion. “Es gibt also keinen Mann, an den Sie sich um Schutz wenden könnten?”
Seufzend sagte Bethany sich, daß sie sich hier in einer Männerwelt befinde. “Nein.”
Der Prinz nickte zufrieden, als hätte er diese Antwort erwartet. “Sie werden Ihren Vater in den Jebel-Hafit-Bergen nicht finden, Bethany.”
Der sanfte Ton, in dem er ihren Vornamen ausgesprochen hatte, überraschte sie. Er klang fast freundlich, und sie atmete auf. Prinz Zakr zürnte ihr nicht mehr. Aber vielleicht war das auch nur wieder ein Trick, um sie in falscher Sicherheit zu wiegen. Dieser Mann war gefährlich, und sie mußte auf alles gefaßt sein.
“Ich hatte auch nicht erwartet, ihn dort zu finden”, entgegnete sie wahrheitsgemäß.
“Und warum fahren Sie dann in die Berge?”
Einige Augenblicke überlegte Bethany, dann entschied sie, daß sie bei diesem Mann mit Offenheit vermutlich am weitesten kam. “Ich bin überzeugt, daß er dort irgendeinen Hinweis hinterlassen hat. Mein Vater ist der einfallsreichste Mann der Welt. Er wußte, daß ich ihn suchen kommen würde, und wenn er auch nur die geringste Möglichkeit dazu hatte, würde er durch irgend etwas andeuten, was ihm zugestoßen ist. Es geht nur darum, zu erkennen, wonach man suchen muß”, setzte sie leidenschaftlich hinzu. Wenn sie den Scheich doch nur überzeugen konnte …
Doch er schüttelte den Kopf. “Da gab es nichts. Ich verstehe Ihre Sorge, aber Ihre Suche kann nur mit einer Enttäuschung enden. Sie sollten sich lieber damit abfinden, daß Dir Vater tot ist. Und das sage ich nicht einfach so dahin.”
Alles in Bethany sperrte sich gegen diese Annahme.
“Kannten Sie meinen Vater persönlich?”
“Er wurde mir vorgestellt. Ein hervorragender Wissenschaftler, der ganz in seiner Arbeit aufging. Solche Männer sind selten.”
“Ja.” Bethany hakte sofort ein. “Und man sollte sie nicht unterschätzen.”
Prinz Zakr nickte, doch seine nächsten Worte zerstörten Bethanys Hoffnung, ihn überzeugen zu können. “Es ehrt Ihren Vater, daß Sie so an ihm hängen. So sollte es auch sein. Aber wenn ein Mann sein Leben bewußt aufs Spiel setzt, erwartet er ganz sicher nicht, daß seine Tochter ihn suchen geht. Der einzige Trost eines Sterbenden ist es, einen Erben zu hinterlassen, der die Linie fortsetzt. Das ist Ihre Pflicht, Bethany, da Ihr Vater keinen Sohn hat.”
Sie seufzte gereizt. Dieser Mann konnte nicht verstehe n, was sie mit ihrem Vater verbunden hatte. “Wenn ich verschollen wäre, hätte er mich auch gesucht”, betonte sie.
“Das ist nicht das gleiche.” Der Scheich winkte ab.
Ein Soldat betrat das Zelt, und der Scheich erteilte einen Befehl auf arabisch, der Bethany aufhorchen ließ.
“Was soll er auf meinen Jeep packen?” fragte sie, sobald der Mann gegangen war.
Zum erstenmal zeichnete sich auf den Zügen des Scheichs fast so etwas wie Überraschung ab. “Sie sprechen Arabisch?”
“Ein wenig”, gab Bethany widerstrebend zu. Diesen Trumpf hätte sie lieber zurückgehalten.
Der Scheich lächelte, und ihr Herz klopfte plötzlich schneller.
Das Lächeln verwandelte Prinz Zakrs Gesicht und machte es gefährlich attraktiv. Und viel, viel jünger. Bisher hatte sie sich über sein Alter noch keine Gedanken gemacht, doch jetzt wurde ihr bewußt, daß er nicht älter als dreißig sein konnte.
“Was ich dem Mann aufgetragen habe, tut nichts zur Sache”, erklärte er beiläufig. “Ich wollte nur sicherstellen, daß Sie mit dem Jeep sicher nach Al-‘Ayn zurückkommen.”
Bethany schöpfte Hoffnung. “Sie lassen mich gehen?”
Prinz Zakr wartete mit der Antwort, während die zweite Tasse Kaffee serviert wurde. Ungeduldig trank Bethany sie aus und sah den Scheich bittend an.
Er lächelte schwach. “Ich scheine heute na chsichtiger als sonst zu sein. Vielleicht liegt das an Ihrer Schönheit… Ihrer Ausstrahlung. Außerdem ist mir bewußt, daß in Ihrem Kulturkreis andere Anschauungen und Sitten herrschen als hier.
Wiederum dürften auch Sie wissen, daß wir bestimmte grundlege nde Dinge anders sehen. Ich will nicht, daß Sie noch etwas Törichtes oder Gefährliches unternehmen. In Al-‘Ayn sind Sie sicher. Wenn Sie mir versprechen, dorthin zurückzukehren, lasse ich Sie gehen.”
“Ich verspreche es.” Bethany hatte Mühe, sich die Erleic hterung nicht anmerken zu lassen. Es mochte töricht und gefährlich sein, sich in die Berge vorzuwagen, aber ihr blieb keine andere
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