Im Bann des Falken
Bethany schoß das Blut in die Wangen. Er hatte sie mühelos in die Falle gelockt und sie durch eine bloße Berührung außer Gefecht gesetzt. Was war nur mit ihr los, daß sie so leicht zu überrumpeln war?
Prinz Zakr blickte sie eindringlich an. “Warum haben Sie nicht einfach zugegeben, daß Sie trotz meines Verbots entschlossen waren, zu den Jebel-Hafit-Bergen zu fahren?”
“Ich habe nicht abgestritten, es vorzuhaben!” rief Bethany heftig. Gefaßter fuhr sie fort: “Es ist nicht richtig, daß Sie versuchen, mich durch Befehle in meiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Finden Sie es gerecht, mich daran zu hindern, meinen Vater zu suchen?”
Stirnrunzelnd wandte der Scheich sich ab und ließ sich in einen Korbsessel sinken. Mit einer Handbewegung wies er Bethany einen anderen zu. “Sie dürfen sich setzen.”
Schwach vor Erleichterung, folgte sie der Aufforderung. Sie war es nicht gewohnt, sich hilflos und töricht vorzukommen, und war froh, daß der Tisch sie von dem Mann trennte, der eine so unerklärliche Wirkung auf sie hatte.
“Schon am Flughafen habe ich gespürt, daß Sie keine gewöhnliche Frau sind”, sinnierte der Scheich. “Sie sind mir sofort aufgefallen … aber da war mehr als nur Ihre Schönheit.
Sie hatten eine seltsame Wirkung auf mich …”
Sofort fühlte Bethany sich besser. Ihre Situation war also nicht ganz so verfahren, wie sie geglaubt hatte. Wenn der Scheich sie für schön hielt, sie attraktiv fand … Bei einer Frau, die ihm als Mann gefiel, ließ er vielleicht Milde walten.
Er zog die Brauen leicht zusammen. “Mal sehen, wie weit Sie in der Lage sind, auf andere einzuwirken.” Seine Gedanken schienen eine ähnliche Richtung genommen zu haben wie ihre.
“Wie haben Sie P.J. Weatherly dazu gebracht, Ihnen bei diesem abenteuerlichen Vorhaben zu helfen?”
Erneut schlug Bethany das Gewissen. Erst Abdul, jetzt P.J.
Sie durfte nicht zulassen, daß die beiden ihretwegen Schwierigkeiten bekamen. Sie warf dem Scheich einen resignierten Blick zu und seufzte. Seine entspannte Haltung verriet, daß er sich Zeit nehmen würde, bis er die Wahrheit aus ihr herausgeholt hatte.
Mit weiteren Ausflüchten würde sie somit nur kostbare Zeit verschwenden. Da war es klüger, mit der Wahrheit herauszurücken… bis auf die Sache mit der Whiskyflasche, denn damit konnte sie sich höchstens nur hoch mehr Ärger einhandeln.
Mit unbeweglicher Miene berichtete sie dem Scheich, was gewesen war. In dem Bemühen, P.J. und Abdul zu entlasten, gab sie dabei ungewollt vieles preis, das bewies, daß sie nicht kopflos in die Wüste aufgebrochen war, sondern ihr Unternehmen sehr sorgfältig durchdacht und geplant hatte.
Kaum hatte Bethany geendet, als die Zeltklappe geöffnet wurde und ein Mann mit einem Tablett in Händen eintrat. Die erste Tasse Kaffee wurde serviert. Bethany betrachtete sie mit gemischten Gefühlen. Offenbar mußte sie drei davon trinken, und die Flüssigkeit sah ziemlich dick und schwarz aus. Der Teller mit süßen Keksen und klebrigem “halwa” war eher nach Bethanys Geschmack. Es war lange her, seit sie gefrühstückt hatte, und sie war sehr hungrig.
Ohne auf ihre Geschichte einzugehen, forderte der Scheich den Bediensteten auf, einen Mann namens Mohammed zu holen.
Bethany fragte sich argwöhnisch, wozu Prinz Zakr diesen Mohammed herbestellte. Nachdem der Diener gegangen war, wandte der Scheich seine Aufmerksamkeit wieder dem Kaffee zu.
Immerhin sind die Tassen nur klein, versuchte Bethany sich zu trösten. Sie wartete, bis der Scheich seine Tasse aufgenommen hatte, dann trank sie einen Schluck. Die dickflüssige schwarze Masse war tatsächlich Kaffee, aber er war mit Gewürznelken und noch etwas angereichert, das Bethany nicht bezeichnen konnte. Er schmeckte ungewohnt, aber eigentlich gar nicht schlecht.
Die Kekse, wenn auch reinste Kalorienbomben, waren köstlich. Doch das war Bethanys geringste Sorge. Sie aß sich satt, weil sie nicht wußte, ob und wann sie wieder etwas zu essen bekommen würde.
“Es wundert mich, daß Sie allein in dieses Land gekommen sind”, bemerkte der Scheich. “Gibt es in Ihrer Familie keine Männer, die Sie hätten begleiten können?”
Bethany schüttelte den Kopf. “Ich bin Einzelkind. Und alle meine Verwandten leben in Schottland. Meine Mutter starb, als ich sechzehn war, müssen Sie wissen. Ich habe nur noch Dad.”
Aufsässig hob sie das Kinn. “Und ich bin nicht bereit, mich damit abzufinden, daß er tot ist, nur, weil er
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