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Im Bann des Feuers Drachen2

Im Bann des Feuers Drachen2

Titel: Im Bann des Feuers Drachen2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Kratt hielt. Die anschließende Vergeltung durch die Aristokraten von Brut Re hatte zur völligen Vernichtung der Zone der Toten geführt. Dutzende waren in den Flammen gestorben, und Kiz-dan war mit ihrem Baby verschwunden.
    Als ich jetzt dastand, schwankend in der Hitze, überkamen mich erneut Gewissensbisse wegen meiner früheren Handlungen, und mich überfiel auch wieder die herzzerreißende Trauer über den Verlust von Kiz-dan und ihrem Kind. Ich hatte sie beide sehr geliebt und den heiligen Schwestern im Konvent von Tieron geschworen, sie immer zu beschützen.
    Nun war ich erneut in der Zone der Toten. Diesmal suchte ich nicht Kiz-dan und ihr Baby, obwohl etwas in mir das wollte, sondern ich suchte eine Schriftrolle, die mein Leben retten konnte.
    Warum ergibt es sich nur so häufig, dass das, was wir tun wollen, dem so fern ist, was wir tatsächlich tun?
    Der Tempel Ornisak war verlassen, natürlich. Das heruntergekommene Gebäude war nur selten benutzt worden, selbst vor dem Vergeltungsschlag. Seit der Brandschatzung jedoch waren die Bewohner der Zone der Toten zu sehr damit beschäftigt, ihr Leben neu zu gestalten, als dass sie viel Zeit für Frömmigkeit gehabt hätten.
    Der Boden im Erdgeschoss des Tempels fühlte sich glatt und kühl unter meinen bloßen Füßen an, als ich zu dem Durchgang an der Rückwand des Tempels stolperte, wo die unterste der Etagen abrupt am Eingang der Felskammer endete. Mit einer Hand stützte ich mich an den Felswänden ab und tastete mich die drei kleinen Lehmstufen in das undurchdringliche Dunkel der unbeleuchteten Kammer hinunter.
    Dort blieb ich einen Moment stehen und sog die vertraute, nach Asche riechende Luft ein, während sich meine Augen auf die Finsternis einstellten. Mich fröstelte, doch ich vermochte nicht zu sagen, ob wegen der Kälte, der Erinnerung oder der Erwartung. Vermutlich wegen allem auf einmal.
    Es hatte sich nach meinem Aufenthalt hier nichts verändert. Natürlich nicht. Obwohl mir viel widerfahren war, seit ich zuletzt in einer dieser beiden schmutzigen Hängematten geschlafen hatte, die von der niedrigen Decke der Felskammer herunterhingen, war nur eine Klaue voll Tagen verstrichen, seit ich hier fortgegangen war.
    Nichts hatte sich verändert. Das heißt, fast nichts. Die Rolle jedoch, die ich suchte, befand sich nicht mehr an ihrem Platz.
    Dabei lagen überall im Raum Schriftrollen herum. Auf dem Boden, auf dem schweren, runden Ofen, der in der Mitte der Kammer stand und darauf wartete, während der Zeit des Regens entzündet zu werden und zu verhindern, dass die Schriftrollen feucht wurden. Sie lagen auf den Hängematten, dem Schreibtisch, machten dem Tintenfass seinen Platz streitig, dem Federkiel, dem frischen Pergament und der Kerze. Ein von Holzwürmern zerfressener Schrank, der fast bis an die Decke der Felskammer reichte, quoll über von Schriftrollen, die in Bambushüllen steckten. Ganz oben vom Schrank grinste mich eine Clackron-Maske an, verspottete mich mit ihrer herausgestreckten, roten Zunge.
    Die heilige Maske, die eine entfernte Ähnlichkeit mit einer Drachenschnauze aufwies, wurde von den Heiligen Hütern getragen, wenn sie durch den Tempel schritten und die Strophen der Statuten rezitierten; der große, trichterförmige Mund der Maske verstärkte die Stimme des Drachenjüngers, so dass alle seine heiligen Worte hören konnten. Beim Anblick dieser Drachenmaske schlug mein Puls schneller, obwohl sie sich kaum von den anderen Masken unterschied, die ich bei den verschiedenen Tempelzeremonien in meiner Jugend gesehen hatte. Mein Herz hämmerte wie das einer gejagten Kakerlake.
    Doch nicht wegen eines Details im Aussehens der Maske, sondern deshalb, weil ein Detail fehlte.
    Wie gesagt: Die Rolle, die ich suchte, war nicht an dem Platz, an dem ich sie das letzte Mal gesehen hatte, lag nicht auf der herausgestreckten Zunge dieser Clackron-Maske, die auf dem holzwurmzerfressenen Schrank ruhte.
    Es lagen überhaupt keine Rollen auf dem Schrank, was eigentlich merkwürdig war, weil ansonsten jede Fläche der Felskammer von ihnen übersät war, mit oder ohne Bambushülle.
    Mit zitternden Händen entzündete ich die Kerze auf dem Schreibtisch und näherte mich steif dem Schrank. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, hob die Maske an und schüttelte sie. Insekten fielen heraus, landeten auf dem Boden und huschten weg. Ich legte die Maske achtlos zurück.
    Langsam ließ ich meinen Blick durch den Raum gleiten, wagte nicht, mich zu schnell zu

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