Im Bann des Feuers Drachen2
stand.
Das jedoch geschah nicht.
Sobald ich in meiner Hängematte lag, fiel ich in eine Ohnmacht, die rasch in einen fiebernden Schlaf überging. Einmal wachte ich auf und sah den Drachenmeister ungeduldig neben mir stehen; er wartete auf meine Enthüllungen; das zweite Mal stand Dono dort und beobachtete mich mit unverhohlenem Widerwillen. Ganz offenbar hatte der Komikon ihm befohlen, Wache zu halten.
Als ich das dritte Mal aufwachte, beugte sich ein Inquisitor über mich.
Hände mit Haut von der Farbe verblichener Knochen griffen nach mir. Ich starrte sie an, verständnislos zunächst, bis ich schrie und mich blitzartig aufrichtete.
Dono stand auf der anderen Seite der Hängematte. Sein Gesicht lag in undurchdringlichem Schatten. Hinter ihm scharten sich Drachenjünger, deren schillernde, türkisfarbene Roben wie vom Tau benetzte Orchideen im flackernden Licht der Fackeln glänzten, die sie in den Händen hielten.
»Du bist angeklagt, unkeusche Handlungen mit einer Bestie vollzogen zu haben«, dröhnte der Inquisitor. »Hiermit wirst du zu lebenslanger Haft verurteilt.«
Meine Furcht entzündete das Gift, das ich bei Einbruch der Dunkelheit vom Reittier des Komikon aufgenommen hatte; ich warf mich auf den Inquisitor, kämpfte wie eine Raubkatze mit Klauen und Zähnen, wand mich wie eine Schlange.
»Dono!«, kreischte ich. »Hol den Drachenmeister!«
Der Inquisitor besaß jedoch unnatürliche Kraft. Er drückte mich nieder, band mir Hände und Füße und warf mich dann wie einen Sack über seinen Rücken. Umringt von dem Kreis aus Drachenjüngern, während Dono schweigend am Eingang meiner Box stehen blieb, wurde ich in den Hof hinausgeschleppt.
Drei geflügelte Drachen warteten unruhig in der Mitte des Hofs. Ihre freien Schwingen wirbelten gewaltige Staubwolken auf. Rechts von ihnen, in respektvollem Abstand, stand Eidon und stritt mit einem Tempelakolythen. Hinter ihm brüllte Eierkopf nach dem Drachenmeister, der jedoch nirgends zu sehen war. Ringus rannte soeben durch das Sandsteintor in den benachbarten Hof. Tempelwächter bedrohten die restlichen Schüler derweil mit ihren Lanzen, befahlen ihnen, still zu stehen, während sich ein Akolyth an Ringus’ Verfolgung machte.
Ich drehte den Kopf, und meine Wange kratzte über die nach Weihrauch duftende Robe des Inquisitors. Dono stand immer noch auf der Schwelle meiner Stallbox. Seine Augen glühten wie geschmolzener Zinn.
Er hatte mich an den Tempel verraten.
Wütend, weil ich sein Angebot ausgeschlagen hatte, mit ihm zur Küste zu fliehen, zutiefst gekränkt, weil ich die Zunge eines Drachen seinem Phallus vorzog, erbost, weil ich lieber den Tod riskierte, indem ich in den Stallungen des Drachenmeisters blieb, statt irgendwo anders seine Roidan Yin zu werden. Deshalb hatte Dono den Tempel über meine Taten mit der Drachenkuh des Komikon informiert. Und der Tempel hatte die Gelegenheit sofort ergriffen.
Verzweiflung überkam mich, ihr folgten Trauer und das Gefühl eines Verlustes. Durch Donos Verrat schien ich meine Kindheit erneut zu verlieren. Ich war eine Ausgestoßene, ich war verloren.
Der Inquisitor warf mich über einen der Drachen. Vier Akolythen sprangen vor, um mich festzuhalten.
»Nein!«, heulte ich, während mir Tränen über die Wangen strömten; der Drache schüttelte sich aufgeregt und stampfte unruhig unter mir auf den Boden. »Dono, du weißt nicht, was du da tust!«
Vielleicht wusste er es doch.
Wie die meisten Malacariten hatte ich die Gerüchte über die Frauengefängnisse des Tempels gehört. Ich hatte aufgeschnappt, dass die Frauen dort kaum mehr als Kiyu waren, Sexsklavinnen für die Wächter, welche Türen und Fenster der Gefängnisse bewachten. Ich wusste, dass diese Wachen selbst Kriminelle waren, die ihre Strafe in dem Gefängnis absaßen, das jeweils neben dem Frauengefängnis lag. Jeder Verurteilte, der Frömmigkeit an den Tag legte und Reue über seine Verbrechen zeigte, wurde mit Wachdienst in einem Frauengefängnis belohnt.
Donos harte, funkelnde Augen verrieten mir, dass er sehr genau wusste, was er tat, dass er genau wusste, welches Schicksal mich von diesem Moment an erwartete.
Ich warf mich schluchzend herum, bockte und biss wahllos um mich. Die Tempelakolythen packten meine Arme und Beine und banden mich an Hand-und Fußgelenken an den Sattel des Drachen, während der Inquisitor hinter mir aufstieg.
Der Mann beugte sich über mich, und sein Gewicht drückte mich tief auf den Drachen, da er die halb
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