Im Bann des Feuers Drachen2
werden?«
Das Blut rauschte in meinen Ohren.
»Siehst du dich eines Tages als Drachenmeister von Res Besitz?«, wiederholte Ghepp seine Frage.
Ich hob den Kopf, höher, als mir zustand. »Ich will die Arena überleben, und zwar mehr als einmal, und ich will dabei Ruhm über Re bringen. Ja, Bayen Hacros, ich werde Drachenmeister werden.«
Er neigte ein wenig den Kopf. »Eine hehres Ziel für eine Rishi Via.«
»Ich bin keine gewöhnliche Rishi Via.«
Er sah zwar nicht zum Himmel, aber ich wusste, welcher Gedanke ihm durch den Kopf schoss: Der Himmelswächter.
»Nein«, gab er murmelnd zu. »Das bist du nicht.«
Einige Herzschläge lang geschah nichts. Wir standen so dicht voreinander, dass ich sogar den winzigen Schnitt an seinem Kinn sehen konnte, wo ein unachtsamer Bediensteter ihn an diesem Morgen beim Rasieren geschnitten haben musste. Ich starrte diesen kleinen Schnitt an, in einer Haut, die so makellos glatt war, dass sie mich an die straffen Muskeln unter dem blassgelben Fell eines Wangiki-Rehs erinnerte.
»Und warum willst du Drachenmeister werden?«, fragte er schließlich. »Welche Verwendung hätten eine Brutstätte und ein Bulle wohl für einen weiblichen Drachenmeister?«
Ich musterte ihn unter meinem dunklen Pony. Dann beschloss ich, ein Risiko einzugehen, ermutigt von seiner ruhigen Miene, seiner sanften Schönheit, seinen fesselnden, mandelförmigen Augen, die wie polierte Walnüsse glänzten.
»Ein Drachenmeister besitzt Macht, Bayen Hacros. Die gesellschaftliche Stellung einer Brutstätte wird jedes Jahr von der Leistung des Drachenmeisters in der Arena bestimmt.« Ich sprach leiser, und meine Stimme klang plötzlich heiser. »Ich würde diese Macht nutzen, um das Leben jener zu erleichtern, die meiner Meinung nach dieses Wohlwollen verdient hätten, und jene in ihre Schranken weisen, deren grausame Natur nur den Wohlstand einer Brutstätte bedroht. Meine Weiblichkeit gewährt mir die Vision und den Horizont, der anderen Schülern, die nur von der Gier nach Ruhm und Wohlstand geleitet werden, versagt bleibt.«
Der Blick seiner wunderschönen Augen wandte sich keinen Moment von mir ab. »Du maßt dir damit einiges an, Rishi Via.«
»Ein Himmelswächter gehorcht mir, und ich äußere meine Absichten in der Zuversicht, diese Kreatur als Verbündeten zu haben.«
Er betrachtete mich eine Weile, wandte dann den Blick ab und zupfte an seinem Ohrläppchen, in dem ein hölzerner Ohrring hing, eine Spirale, die geformt war wie der Schweif eines Drachen.
Die beiden Berater, die ihn flankierten, schienen vollkommen unbeteiligt, obwohl sie mich scharf beobachteten. Die beiden Soldaten der Cafar, die dicht neben uns Wache hielten, blickten überhaupt nicht zu uns hin, sondern behielten ihre Umgebung im Auge. Sie taten, als wären sie taub.
»Einer unserer größten Geschichtenerzähler meinte einmal, dass Adel ohne Tugend nur eine hübsche Fassung ohne Edelstein wäre«, murmelte Ghepp fast wie zu sich selbst. Dann sah er mich an. »Dem würdest du wohl zustimmen, scheint mir.«
»Ja, Bayen Hacros.«
»Mein Bruder geht ein großes Risiko ein, indem er dich in den Stallungen meines Vaters behält. Offenbar hat er von deinen Ansichten noch nichts gehört.«
Ich leckte mir die Lippen und versuchte, mich von den unregelmäßigen, schmerzhaften Schlägen meines Herzens nicht am Sprechen hindern zu lassen. »Ich hatte diese Ansichten bis zu diesem Augenblick noch nie ausgesprochen.«
»Du riskierst eine Menge, da du es jetzt tust.«
»Eine Person, die nichts riskiert und nichts tut, ist nichts.«
»Du bist eine Rishi. Du verstehst nichts von Politik, weißt nichts über Heimtücke und Ränke. Du besitzt keinerlei Finesse.«
»Ich bin eine Rishi; ich kenne Not und Entbehrung. Stärke allein kennt den Kampf.«
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht; anscheinend amüsierte ihn unser Wortwechsel. »Der Tempel will dich exekutieren, du kluge und mutige Ausgeburt.«
Ich holte bebend Luft. »Wenn ich scheitere, wird mein Scheitern dennoch nur eine Ermutigung für andere sein. Aber ich werde nicht versagen. Ich genieße Unterstützung, denn die Schriftrolle des Rechtshäuptigen Kranichs und der Himmelswächter sind auf meiner Seite.«
Wir sahen uns lange in die Augen. Dann nickte er.
»Das war eine höchst interessante Unterhaltung. Ich werde sehr genau verfolgen, was aus dir wird.« Er tippte sich nachdenklich mit einem Finger gegen die Unterlippe. »Sehr genau.«
Danach drehte er sich um, gab
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