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Im Bann des Feuers Drachen2

Im Bann des Feuers Drachen2

Titel: Im Bann des Feuers Drachen2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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siebenundzwanzig Jahre alt, mein Name ist Bayen Ka Ryns Tak. Während ich von der Kanzel der Dritten Vorlesungshalle in der Ondali Wapar Liru sprach, wurde ich verhaftet und angeklagt, subversive Literatur gelehrt zu haben. Ich hege nicht den Wunsch, lange hier eingesperrt zu bleiben. Jede, die dies liest, muss den Mut und den Glauben aufbringen, dass sie aushalten und fliehen kann.
    Doch auch unter diesen Zeilen befanden sich Zeichen, die sich in eine andere Richtung neigten, eine andere Handschrift verrieten und die Geschichte der Frau zu Ende führten.
    Sechs Jahre nach ihrer Einkerkerung starb Bayen Ka Ryns Tak in der Hütte der Mediziner, nach ihrer dritten, von den Ärzten herbeigeführten Fehlgeburt. Ich spreche nun ihren Namen aus und befreie ihren Geist von diesen Wänden.
    Ich erschauerte, und meine Nackenhaare richteten sich auf. Fast jeder Fleck auf den Wänden meiner Zelle war mit solchen Nachrufen beschrieben.
    Das bedeutete zweierlei.
    Erstens: Alle, die hier eingesperrt worden waren, waren des Lesens und Schreibens kundig gewesen. Folglich waren es gebildete Frauen aus vornehmen Bayen-Familien gewesen. Trotzdem war auch ihr Leben von der Willkür des Tempels und den Launen mächtiger, missgünstiger Männer bestimmt worden.
    Zweitens wurde mir klar, dass alle, die diese Kammer betreten hatten, hier auch gestorben waren.
    »Gib den Schlauch zurück!«, knurrte die Stimme auf der anderen Seite der Tür, und ich fuhr zusammen.
    »Bitte, schließt die Klappe nicht!«, flehte ich den Mann an.
    »Gib ihn zurück, sonst bringen wir dir weder Essen noch Trinken.«
    Ich schob den Schlauch durch das Viereck aus Licht, zog aber meine Finger nicht zurück. »Bitte, lasst es offen! Ich kann nichts sehen!«
    Ein Bambuszweig sauste pfeifend auf meine Finger herunter. Ich schrie und riss die Hand zurück. Im selben Moment schloss sich die Klappe wieder.
    »Nein!«, schrie ich und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. »Macht auf, ich kann nicht atmen, kann nichts sehen; lasst mich nicht hier drin!«
    Niemand antwortete.
    Die Zeit verschwamm. Die Klappe öffnete sich, Nahrung und Wasser wurden hindurchgeschoben, ich aß und trank, dann schloss sich die Klappe wieder und begrub mich in Gestank und Dunkelheit. Meine Zähne klapperten vor Kälte, meine Beine zitterten unablässig. Meine Füße und Knöchel schwollen an und pulsierten wie eitrige Verletzungen.
    Donos Verrat lastete schwer auf mir, und der Gedanke daran zerriss mir immer wieder das Herz, wenn ich aus meinem unruhigen, nervösen Schlaf erwachte.
    Der Geist meiner Mutter machte sich bemerkbar; er war in meinem Körper eingesperrt. Jedes Mal, wenn ich schlief, fühlte ich seine pulsierende Präsenz in mir. Ich sah ihn im Schlaf, eingenistet in meinem Bauch, in Form eines Yamdalar Cinaigour, des von Speichel überzogenen Kokons, den ein alter Brutdrache erzeugt, wenn er sich auf seinen Tod vorbereitet. Ich sah, wie Klauen versuchten, diesen Kokon zu zerreißen, damit der Geist ganz in mich eindringen, meinen Körper übernehmen konnte. Nur das Gift, das sich noch in meinem Leib befand, hielt den Geist in diesem Kokon gefangen. Aber mir war klar, dass es sich nur um eine Frage der Zeit handeln konnte, bevor dieses schwächliche Gefängnis sich auflösen würde, und dann würde sich der Geist immer, wenn ich einschlief, meines Leibes bemächtigen; nach dem Aufwachen müsste ich mir dann den Weg in meinen Körper zurück erkämpfen und diesen fremden Geist unterwerfen, der mein Fleisch kontrollierte und seinem Begehren Stimme verlieh: Waivia.
    Denn genau dies war mir zuvor schon einmal widerfahren.
    Wenn der Geist dann im Laufe der Zeit an Stärke gewann, würde er mich zunehmend auch während des Wachens beherrschen. Er würde mich kontrollieren, so wie ein Puppenspieler seine Marionetten beherrscht.
    Ich fürchtete den Schlaf, denn er bot keine Möglichkeit zur Flucht, sondern stellte nur eine weitere Quelle von Elend und Furcht dar. Also hielt ich mich wach, sang die Geschichten, die in die Wände geritzt waren; auch die wenigen Geschichten, die ich gefunden hatte, die nicht vollendet worden waren.
    Nach einer Weile erschien es mir absolut notwendig, auch meinen Namen in die Wände einzuritzen, damit sich mein Los nicht gänzlich unbemerkt vollzog, mein Verscheiden nicht ganz spurlos blieb.
    Ich suchte mir einen Stein auf dem schmutzigen Boden aus und fuhr mit den Fingern über die Holzwände, bis ich eine freie Stelle fand.
    Es war nicht leicht, Symbole

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