Im Bann Des Jaegers
und er packte ihn, zog Rose zu sich und drehte sie um, weil er sich vergewissern wollte, dass sie noch am Leben war. Sie hustete und spuckte Wasser, aber sie öffnete die Augen nicht, warf den Kopf von einer Seite auf die andere und wehrte sich schwach gegen ihn.
»Ich habe dich, Rose«, versicherte er ihr. Sie schien benommen zu sein und nicht gegen ihre Betäubung ankämpfen zu können.
Er beugte sich über sie und versuchte Blickkontakt herzustellen, und eine Kugel, die aus dem Nichts zu kommen schien, traf ihn ganz oben an der Schulter. Im ersten Moment fühlte er nichts anderes als das heftige Brennen, und dann breitete sich Taubheit in seinem Arm und seiner Brust aus, bis er kaum noch Luft bekam, als sei sein Oberkörper in Eis gepackt worden und dabei zu erfrieren.
Wir kommen. Von rechts.
Mack und Marc hatten einen Seilzug und ein Gurtgeschirr auf der Mole improvisiert. Sie warfen die Leine so nah wie möglich zu ihm. Brian kämpfte gegen die Kraft der brechenden Wellen an, als der Ozean ihm Rose gewaltsam entreißen wollte. Seine Stiefel zogen ihn in die Tiefe, eine zusätzliche Schwierigkeit. In dem kalten Wasser begann sein Körper zu zittern, ein schlechtes Zeichen, aber noch schlimmer wäre es, wenn das Zittern aufhörte. Er konnte sich die Taubheit in seinen Gliedern nicht leisten, nicht bevor er Rose aus dem Wasser geholt hatte. Er bemühte sich, nicht an Kane oder Jacob oder daran zu denken, wie lange die beiden schon im Wasser waren. Er kam nicht dahinter, warum sein linker Arm sich weigerte, seinen Befehlen zu gehorchen.
Das Geschirr war nur wenige Meter von ihm entfernt, doch es kam ihm wie Meilen vor. Er passte die nächste Welle ab, bewegte sich mit kräftigen Beinschlägen, und es gelang ihm, es mit den Fingerspitzen zu fassen zu kriegen, es zu sich zu ziehen und es Rose überzustreifen. Zweimal spülte Wasser über sie beide hinweg, und er kam keuchend und hustend wieder an die Oberfläche. Seine Lunge fühlte sich eiskalt an, und seine Bewegungen wurden langsamer. Er hatte kein Zeitgefühl mehr und konnte auch nicht einschätzen, wie lange er im Wasser war und von den kraftvollen Wellen umhergeworfen wurde.
Rose sah schon fast blau aus, aber sie atmete, doch ihr Herzschlag kam ihm langsam vor. Vielleicht war es aber auch sein eigenes Herz, das langsamer schlug. Das Wasser drosch auf sie beide ein, und es war unmöglich, in dem Nebel etwas zu sehen. Der graue Dunst hüllte sie ein und fühlte sich feucht an.
Brian! Bleib bei Rose , befahl Mack. Du bist für sie verantwortlich, und du darfst deinen Auftrag nicht verpatzen. Halte dich an diesem Seil fest, und sorge dafür, dass ihr Gesicht über Wasser bleibt.
Brian schüttelte den Kopf, um gegen seine Benommenheit anzukämpfen. Er konnte sich nicht genau daran erinnern, wie man sich an einem Seil festhielt. Seine Hände verweigerten die Kooperation mit seinem Gehirn.
Jaimie. Mack wusste, dass seine Frau auf die telepathische Wellenlänge eingestimmt war, die sie im Einsatz verwendeten. Sie wartete bestimmt schon besorgt auf Nachrichten jeder Art. Sag Eric, er soll alles für eine Operation vorbereiten. Er wird sich beeilen müssen. Lass Javier jetzt ein Fahrzeug herbringen.
Verstanden. Ihre Stimme bebte, aber sie verstieß nicht gegen das Protokoll.
Brian! Macks Tonfall war der eines befehlsgewohnten Master Gunnery Sergeant, der jahrelang eine Elitetruppe angeführt hatte. Halte dich verdammt nochmal an diesem beschissenen Seil fest, Soldat.
Brians Verstand arbeitete inzwischen nur noch schwerfällig. Er hörte Macks Befehl, und er gehorchte Mack im Einsatz immer, vor allem, wenn Mack fluchte, was nur äußerst selten vorkam. Der Boss meinte es ernst, und es kam nicht infrage, einen Befehl zu missachten, ganz gleich, wie schwierig er auszuführen war. Er packte das Seil und gab Rose Halt, als die nächste Welle über ihre Köpfe spülte. Er fühlte den Ruck in seinen Armen, als Mack und Marc sie in einem gleichmäßigen Tempo durch das Wasser zur Mole zu ziehen begannen.
Sein linker Arm fiel schlapp ins Wasser. Er schloss seine Finger fester um das Seil und war nicht in der Lage, mehr zu tun, als zu verhindern, dass Roses Kopf unter Wasser sank, doch er ließ nicht los, denn obwohl er kaum noch mitkriegte, was hier vorging, weigerte er sich, den Boss im Stich zu lassen. Jetzt bewegte sich Rose. Offenbar kehrte ihr Bewusstsein ansatzweise zurück, und ihr wurde klar, dass etwas Furchtbares passiert war, aber sie hatte keinerlei
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