Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)
habe solche Angst um euch gehabt!«
»He«, sagte Lorin, »du warst mittendrin, nicht wir!«
»Ist doch völlig egal! Maen ist gefallen, und Garom, und Rion war –«
Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Melanie wurde ganz starr. »Rion?« Das war der erste Tesca gewesen, den sie kennengelernt hatte, ein freundlicher junger Mann, der die Tesca seit Velerias Verschwinden anführte und Elri nach ihrer ersten Verwandlung geholfen hatte. Maen und Garom kannte sie nicht, aber Rion … »Er ist – tot?«
»Nein, nein«, sagte Elri hastig. »Ich wollte sagen, er war furchtbar verletzt, und Nachtfrost hat ihn geheilt. Ist das da draußen wirklich das Letzte Heer? Wie kommen sie hierher? Was ist im Osten los? Ich meine, ich bin froh, dass sie da sind, aber – und wo ist Sonja?«
Darauf wussten sie keine Antwort.
Den Rest der Nacht verbrachten sie damit, Verwundete zu versorgen. Lorin setzte seine bescheidenen Heilkräfte ein, während Elri und Melanie lernten, Wunden notdürftig zu verbinden, damit die Verwundeten durchhielten, bis Nachtfrost oder einer der Heiler zu ihnen kommen konn t e. Irgendwann war Melanie so müde, dass sie sich für einen kurzen Moment hinsetzte und augenblicklich fest einschlief.
Es war noch dunkel, als Lorin sie wieder weckte. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich, als sie gegen den Schlaf ankämpfte und die Augen zu öffnen versuchte. »Rashun will mit uns sprechen.«
»Ist das mein Problem?« Sie war todmüde, jeder Knochen tat ihr weh, sie fror, hatte Durst und hörte noch immer die Schreie der Verwundeten, obwohl es jetzt still war. Steif und zerschlagen setzte sie sich auf. »Was will er denn ausgerechnet von uns?«
»Weiß ich nicht«, sagte Lorin. »Aber wenn dir nichts Höfliches einfällt, sag lieber nichts. Er hat uns das Leben gerettet. Und außerdem dürfte er im Augenblick der mächtigste Mann in ganz Parva sein –«
»Bis auf den Spürer natürlich.«
»Den Spürer betrachte ich nicht mehr als Mann«, sagte Lorin knapp und wirkte plötzlich sehr kühl und fremd. »Er ist ein Dämon.«
»Ich komme ja schon.« Müde stand Melanie auf. Sie hatte das Gefühl, dass diese Nacht überhaupt nicht mehr aufhörte. Sie trottete hinter Lorin her und sah, dass die Verwundeten und Toten weggebracht worden waren. Auch die gefallenen Gefolgsleute des Spürers waren nicht mehr da.
Überall waren Leute unterwegs. Einige sahen für Melanie irgendwie seltsam aus, aber es war zu dunkel und sie war zu müde, um darauf zu achten. Die Überreste der verbrannten Schlitten waren zu einem bizarren Haufen an der Felswand zusammengetragen worden. In einiger Entfernung war ein großes Kuppelzelt aufgebaut worden. Da v or standen zwei Männer mit Speeren und Rüstungen. Sie ließen Lorin und Melanie wortlos durch.
Wärme, Licht und ein durchdringender Geruch nach Menschen und Tieren empfing sie. Ringsum war das Zelt mit Matten und Fellen ausgelegt. In der Mitte brannte ein kleines Feuer und verbreitete eine angenehme Wärme, die Melanie erst klarmachte, wie verfroren sie war. In einem großen Kreis saßen Rashun, Ganna, Marus, Rion, Elri und viele andere, die sie nicht kannte. Nur wenige davon waren Menschen. Sie erkannte ein schwarzfelliges Wesen mit zwei Beinen und vier Armen – das musste einer der Mayakó sein, von denen Sonja ihr erzählt hatte! Auf der linken Seite hockten zwei Gnome, die ihre Matte zur Seite geschoben hatten, um direkt auf dem Erdboden zu sitzen. Sie winkten Melanie zu, aber sie wusste nicht, ob einer von ihnen Sluh war. Trotzdem winkte sie natürlich zurück.
Da waren auch zwei Frauen, die statt Gesichtern schwarze Schnäbel hatten und statt Kleidern Gewänder aus schwarzen Federn trugen. Aus dunklen Vogelaugen schauten sie Melanie neugierig an. Hinter ihnen hockte etwas Massiges, Pelziges, das wie ein grauer Bär aussah, aber eine spitze Schnauze mit Nagezähnen hatte. An einer Stelle ohne Matten stand Nachtfrost und sah genauso aus, wie Melanie sich fühlte: müde und niedergeschlagen.
»Das sind also die Kinder, die Lyecenthe entdeckt haben«, sagte Rashun. Seine Stimme war tief und füllte das ganze Zelt. Melanie schaute schnell zu ihm hin. In seiner Rüstung sah er viel beeindruckender aus als alle anderen; nur Nachtfrost verblasste nicht neben ihm. Sein Blick war scharf und durchdringend, und er schien der Einzige zu sein, der nicht vor Müdigkeit fast umfiel. »Bist du die Seelentauscherin aus der fremden Welt?«
» Nur die Freundin«, antwortete
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