Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)
ich habe hier absolut nichts zu suchen. Ich bin bloß hier, weil ich so bescheuert war. Ich kann jederzeit nach Hause, ich brauche nicht mal ein Einhorn –
Eine Gestalt auf einem pechschwarzen Pferd übersprang die Barriere und ließ eine riesige Keule auf Lorin niedersausen. Er wich aus, stolperte und stürzte. Das schwarze Pferd bäumte sich über ihm auf.
Melanie ließ den Spiegel fallen, fuhr hoch und rannte los.
Was danach kam, blieb ihr nur als wirres Chaos aus Feuer und Rauch und schreienden Menschen in Erinnerung. D er Schutzwall brach zusammen, einer der Tesca krachte ihr vor die Füße, der Reiter des schwarzen Pferdes war plötzlich verschwunden, und das Pferd selbst scheute, sprang zur Seite und verschwand im Rauch. Melanie packte Lorins Schultern und versuchte ihn wegzuziehen. Aber obwohl er nicht besonders kräftig war, war er doch ein bisschen zu schwer. Und nicht nur das – er wehrte sich auch noch. »Lass mich los! Melanie! Hörst du das nicht?«
Sie hörte nur die Schreie und das Prasseln der Flammen, das immer lauter wurde – bis es alles andere übertönte. Es klang wie die Hufe von tausend Pferden.
Jemand brüllte: »Rückzug! Rückzug, Kämpfer des Lindwurms!« Die Feinde rissen sich los und verschwanden in der Dunkelheit. Das Donnern der Hufe verklang. Irgendwo wurde noch einmal geschrien, dann herrschte Stille.
»Elarim und Tesca?«, rief eine laute Männerstimme von jenseits der Flammen. »Erlaubt ihr den Stämmen von Yedeas das Überschreiten der Grenze?«
»Ich fasse es nicht.« Ganz in der Nähe richtete sich eine zerzauste Ganna auf und blinzelte aus tränenden Augen durch den Rauch. »Da retten sie uns im letzten Moment das Leben und fragen trotzdem, ob sie sich die Stiefel abtreten sollen, bevor sie hereinkommen.« Melanie konnte kaum glauben, dass die alte Frau nach dem Entsetzen dieser Schlacht noch Scherze machte. »Seid willkommen, Verwandte! Ist das der kleine Rashun, der da so herumbrüllt?«
»In aller Pracht und Herrlichkeit«, antwortete der Mann mit einem Lachen. Er schnalzte mit der Zunge und ritt langsam auf die brennenden Schlitten zu. Er war groß und kräftig und trug eine Metallrüstung – die erste, die Melanie in dieser Welt sah. Über den Schultern trug er einen s chwarzen Umhang mit einer eingestickten Sonne. Sein Pferd war ein Falbe mit dunklen Abzeichen und fast so groß wie Nachtfrost. »Gut, dich zu sehen, Jeravi Ganna.«
Lorin kam mühsam auf die Beine. »Das ist das Letzte Heer«, murmelte er. »Ich dachte, sie wären im Osten –« Sein Blick wurde plötzlich wieder klar. »Elri! Wo ist Elri? Und Nachtfrost?«
Melanie tastete nach ihrer Verbindung zu Nachtfrost. »Er ist da draußen irgendwo. Es geht ihm gut – er hat gerade angefangen, Verwundete zu heilen.«
»Und Elri?«
»Wir suchen sie, komm!«
Die Elarim waren schon dabei, die brennenden Schlitten auseinanderzureißen, um einen Weg für Rashun und sein Gefolge freizumachen. Melanie und Lorin schlüpften an ihm vorbei, als er wie ein König hindurchritt.
Das Schlachtfeld war ein furchtbarer Anblick. Überall lagen Menschen und Wölfe. Die Verwundeten wimmerten, stöhnten und wälzten sich auf dem zertrampelten Boden, aber viele lagen ganz still. Dazwischen streiften ein paar reiterlose Pferde herum. Lorin schnappte sich eine herumliegende Fackel, enzündete sie an einem brennenden Schlitten und hinkte los, um seine Schwester zu suchen. Melanie folgte ihm und versuchte, nicht über das nachzudenken, was sie sah. Es war schrecklich, grausam, barbarisch – aber in ihrer eigenen Welt gab es das auch. Vielleicht gab es keine Welt im ganzen Universum, wo die Menschen keinen Krieg führten. Was konnten ein paar Kinder schon tun, um so etwas aufzuhalten?
Am Ausgang des Tales erkannte sie undeutlich Menschen und Pferde. Das musste das Letzte Heer sein. Aber sie achtete nicht darauf. Wichtiger war es, Elri zu finden.
» Da ist Nachtfrost!«
Er war leicht zu erkennen. Mähne und Schweif schimmerten in ihrem eigenen Licht. Er streifte zwischen den Verwundeten umher und senkte immer wieder den Kopf, um jemanden mit seinem Horn zu berühren.
Ein Jaulen ließ sie aufschrecken. Aber es war kein Schmerzensschrei. Eine schwarze Wölfin galoppierte auf sie zu, sprang Lorin an, warf ihn um und leckte ihm wie wild das Gesicht ab, und dann verwandelte sie sich übergangslos in Elri, die ihren Bruder umarmte und lachte und gleichzeitig schluchzte. »Ihr seid in Ordnung! Ihr seid wirklich in Ordnung! Ich
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