Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)
zwischen den Welten fielen und trotzdem wieder rauskamen«, sagte Melanie wild. »Los, zurück auf den Berg!« Sie wendete Beyash und trieb ihn an. Überrascht galoppierte er los. Lorin trieb Iruko ebenfalls an, und Nachtfrost und Elri jagten hinter ihnen her.
Es dämmerte schon, als sie die Bergkuppe erreichten. Die sinkende Sonne tauchte das Sternrückengebirge in goldenes Licht, aber im Osten dahinter traf sie auf eine graue Wand, die durch nichts erhellt wurde. Melanie sprang von Beyashs Rücken. »Wo sollen wir uns verstecken?«
»Ich glaube, der Nebel ist näher gekommen«, murmelte Lorin besorgt und spähte in die Ferne.
»Ach was, das bildest du dir nur ein.« Sie führte Beyash den Abhang hinunter zum Weg, wo sie ihn am Mittag gefunden hatten, und ließ ihn dort laufen. Erfreut tauchte er die Nase ins Gras und fing an zu fressen. Iruko freute sich genauso. Selbst Nachtfrost kaute ein paar Maulvoll Gras, hob aber immer wieder unruhig den Kopf und schaute sich um. Melanie und Lorin setzten sich an den Abhang und schauten den Pferden beim Grasen zu. Elri warf sich hechelnd neben ihnen ins Gras und war im Nu eingeschla f en. Und es dauerte nicht lange, da schliefen sie alle drei. Beyash und Iruko dösten im Stehen. Nur Nachtfrost hielt Wache.
Als sie aufwachten, war es dunkel. Über ihnen auf dem Berg flammte ein weißes Licht, und sie hörten Musik.
»Sie sind da«, flüsterte Melanie aufgeregt. »Wir schleichen uns an!«
Elri verwandelte sich zurück, und sie krochen wie Indianer den Abhang hinauf. Die Musik wurde immer lauter, ein fröhliches Stampfen und Singen, Flöten und Pfeifen in allen nur denkbaren Tonlagen. Melanie merkte, dass sie zitterte. Wenn Sonja nun gar nicht dabei war? Wenn sie sich alle geirrt hatten? Nicht einmal Nachtfrost wusste genau, was die Kobolde mit ihren Gefangenen anstellten, sodass sie vergaßen, wer sie waren.
Sie muss dabei sein, dachte Melanie und schickte den Gedanken als Beschwörung an jeden nur denkbaren Gott – Aruna, den Wolfsgott, sogar ihren eigenen. Um ganz sicherzugehen, fügte sie noch ein paar griechische Namen hinzu, an die sie sich vage erinnerte, und als sie sich gerade fragte, ob Diogenes nun ein Gott oder ein Philosoph war und in einer Tonne oder in einem Weinfass lebte, kamen sie oben an und sahen eine große Gruppe kleiner Leute durch das weiße Licht tanzen. Sie hatten bunte Haare und trugen bunte Nachthemden, und es sah lustig aus, wie sie da hüpften und sich drehten. Unwillkürlich summte Melanie die Melodie mit, bevor sie sich streng ermahnte, dass sie nicht zum Vergnügen hier war. Wo war Sonja?
»Könnt ihr sie sehen?«, flüsterte sie Elri und Lorin zu. Beide schüttelten den Kopf. »Sie hat bestimmt auch so ein a lbernes Nachthemd an«, flüsterte Melanie. »Ich hole sie da raus!«
»Warte!«, zischte Lorin, aber sie hörte nicht zu. Sie rappelte sich auf und lief auf das Licht und die Tänzer zu. »Sonja!«, rief sie laut, und augenblicklich erlosch das Licht.
»Sonja!«, schrie Melanie noch einmal. Ganz leise hallte das Echo von den Bergen wider. Sie rannte vorwärts, aber da war niemand mehr, kein Licht, keine Tänzer, nur Gras, durch das der Wind strich.
Elri und Lorin holten sie ein. Stumm standen sie da und hörten dem Wind zu.
»So geht es offenbar nicht«, sagte Lorin endlich nüchtern, und Melanie war ihm dankbar, dass er ihr keine Vorwürfe machte. »Wir versuchen es morgen noch einmal.«
Am nächsten Tag war der Himmel grau und verhangen, und es wurde kühl. Sie versorgten die Pferde, sammelten ein paar spärliche Zweige für ihr Feuer und langweilten sich. Dabei war es eigentlich schön, zur Abwechslung mal nicht gejagt zu werden und so lange schlafen zu können, wie sie wollten. Elri streunte durch den Wald und brachte zwei erlegte Kaninchen, die Lorin kunstvoll ausnahm und am Feuer briet, während Melanie Hunger gegen Ekel abwog und der Hunger gewann.
Sie schmiedeten einen Plan für die folgende Nacht, und als es endlich dunkel wurde und das Licht auf dem Berg aufflammte, krochen sie den Abhang hinauf. Dann richtete Lorin sich auf und ging langsam und offen auf das Licht und die Tänzer zu. »Kobolde«, rief er, »lauft nicht weg, wir möchten mit euch reden –«
Das Licht ging aus, Musik und Gesang verstummten, die Tänzer waren fort.
» Ich glaube nicht, dass Sonja dabei ist«, meinte Elri, als sie sich bitter enttäuscht auf einen weiteren langweiligen Tag einrichteten. »So schnell kann sie nicht
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