Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
begann. Er streckte die Hand aus, doch im gleichen Moment ging ein schwerer Stiefel über der wiederbelebten Maus nieder und erstickte das Glimmen, noch ehe Tris reagierte und den Kontakt zu dem Tier mit einem gewaltsamen Ruck unterbrach, der ihn nach Atem ringend zurückließ.
Alyzza stand vor ihm, ihre Miene eine Mischung aus Strenge und Furcht.
»Wieso?«, krächzte Tris, hin und her gerissen zwischen der Intensität der Erfahrung und seinem eigenen Verlust, der keinen Namen hatte.
»Weiß du nicht, was du getan hast?«, schnarrte die alte Vettel, und im Schein des Mondes konnte Tris erkennen, dass sie zitterte – ob vor Wut, Kälte oder Angst, konnte er nicht sagen.
Stumm schüttelte er den Kopf und starrte auf die Stelle, wo die Maus lag.
»Ich verstehe nicht viel von Geistermagie, aber das weiß ich: Nie darfst du einen Geist binden, der wirklich zu gehen wünscht. Nie darfst du die Toten wiederbeleben. Und nie darfst du die Toten gegen ihren Willen rufen.«
Tris schluckte schwer; nach der plötzlichen, gewaltsamen Auflösung seiner Trance suchte er immer noch nach seinem inneren Gleichgewicht. »Aber … das begreife ich nicht …«, stammelte er. Dann sprudelten die Worte aus ihm heraus, und Alyzza hörte schweigend zu und nickte, als er geendet hatte.
»Ein Geist, der zu bleiben wünscht, kann an diese Welt gebunden werden ohne Strafe für deine Seele«, sagte die alte Hexe und fixierte Tris dabei mit dem intensiven Funkeln ihrer ungleichen Augen. »Ebenso wie ein Geist, der zu leben wünscht, an seinem Körper verankert werden kann, bis der Zwiespalt geheilt ist, falls man die Macht dazu hat. Und die Toten, die nicht frei sind diese Welt zu verlassen, können herbeigerufen werden, solange man nicht versucht, sie an seinen Willen zu binden oder ihre Seelen behindert. Aber«, zischte sie und beugte sich vor, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, »kein Magier des Lichtes darf einen Leichnam wiederbeleben noch ihm einen Geist aufbürden, der nicht sein eigener ist. Es ist verboten!«
»Warum?«, wollte Tris wissen. Alyzza nahm ihren Stiefel von der Maus, und er starrte elend auf den zerfleischten Kadaver.
»Um diese Mysterien zu wissen steht mir nicht zu«, erwiderte die Vettel. »Wissen tue ich jedoch, dass der Lady zu trotzen seine Seele aufs Spiel zu setzen heißt. Der Obsidiankönig hatte damals den Toten einen anderen Geist eingehaucht und sie zu seinen Sklaven gemacht.«
»Du hast den Obsidiankönig gekannt?«
Die Alte lachte gackernd. »Diejenigen unter uns, die gegen ihn zu Felde gezogen sind, werden es niemals vergessen, nicht einmal in unseren Träumen«, sagte sie, und ein Anflug von Schmerz legte sich über ihre Züge. »Glaubst du wirklich, etwas Geringeres hätte mich in den Wahnsinn treiben können?«
»Bist du denn wahnsinnig?«
Alyzza lachte rau. »O ja, ziemlich.«
In diesem Moment hörten sie, nicht weit vom Waldrand weg, einen Schrei und das dumpfe Aufschlagen eines Körpers auf dem Boden. Tris strengte seine Augen bis zum Äußersten an, um etwas zu erkennen, denn er wollte den Einsatz seiner Magiersicht nicht noch einmal riskieren, und konnte gerade so die Umrisse zweier Männer erkennen, die in einen Kampf verstrickt waren; um so besser konnte er allerdings hören, wie Faustschläge ihr Ziel fanden und die beiden vor Anstrengung stöhnten. Gleich darauf hatte einer der Schatten gesiegt und kniete rittlings auf dem Rücken seines Opfers, sodass dieses am Boden festgenagelt war.
»Wo du schon mal da draußen bist, Tris, könntest du mir vielleicht zur Hand gehen?« Vahanians sardonische Stimme durchschnitt die Dunkelheit.
Tris schnappte sich sein Schwert und lief los, froh, Alyzza hinter sich lassen zu können. Er half Vahanian dabei, den Gefangenen am Boden festzuhalten, während sie ihn an den Handgelenken fesselten und dann mit einem Ruck auf die Füße stellten.
»Was ist passiert?«, erkundigte sich Tris, während sie den sich sträubenden Mann in Richtung Lager schafften.
»Hab einen Spion erwischt«, antwortete der Söldner knapp. »Hat hier nichts zu suchen mitten in der Nacht, und bei dem Gedanken, wer ihm wohl seine Informationen abkauft, ist mir nicht wohl.« Vahanian gab dem Mann einen Schubs. »Sollte ich dich fragen, warum du dich nachts allein im Wald herumtreibst?«, fragte er Tris mit einer gewissen Schärfe in der Stimme.
Tris wandte den Blick ab. »Ich –«
»Ach, lass gut sein«, schnitt ihm Vahanian das Wort ab. »Ich will’s vermutlich gar
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