Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
wie’s mit dir aussieht«, sagte Tris leise zu Vahanian, »aber ich könnte was zu essen und etwas Schlaf gebrauchen. Gehen wir!«
Vahanian schüttelte den Kopf, ohne die Augen von den Händlern abzuwenden. »Noch nicht. Das gefällt mir nicht; irgendetwas ist hier faul. Ich will dableiben.«
Die Händler stiegen von ihren Pferden und reichten zweien der Aufbauer die Zügel, dann folgten sie Linton in dessen Zelt, ohne Tris und Vahanian zu beachten, die hinter ihnen unauffällig Posten an der Zeltwand bezogen.
Linton lud die Händler mit einer Handbewegung ein, Platz zu nehmen, und ging zum Feuer, um jedem einen Becher Kerif aus dem Topf einzuschenken, der darauf kochte. »Nun, meine Freunde, was habt Ihr auf dem Herzen?«
»Wir sind Seidenhändler aus Mussa«, antwortete der Größte von den dreien. Er trug einen Bart und war von kräftiger Statur; seine Bräune zeugte von einem Leben auf der Straße. »Wir reisen Richtung Süden, aber wir sind jetzt schon seit einiger Zeit unterwegs und wüssten die Gastlichkeit einer Karawane für die Nacht zu schätzen, bevor wir weiterziehen.«
»Erzählt mir von der Straße im Norden«, bat Linton und ließ sich auf einem Gebetskissen nieder, wobei er Tris und Vahanian ignorierte. »Wir haben vielerlei Dinge gehört.«
Der große Händler lachte. »Das glaube ich gerne! Wir haben die Straße frei vorgefunden, das Wetter schrecklich wie immer und die Frauen froh für neue Seidenwaren.«
Linton runzelte die Stirn. »Die Straße war frei?«
»Aber ja«, bestätigte sein Gegenüber. »So gut, wie man es um diese Jahreszeit erwarten kann.«
»Ihr habt nichts … Ungewöhnliches auf Eurer Reise bemerkt?«
Der Händler schüttelte den Kopf. »Nein – wieso fragt Ihr?«
Linton zuckte die Schulter. »Es gibt Gerüchte, dass ›seltsame Dinge‹ auf der Straße nach Norden gesehen worden sind.«
Der große Händler lachte und entblößte dabei ein Gebiss mit zahlreichen Goldzähnen. »Ich habe viele Jahre auf der Straße verbracht, mein Freund, und dabei viele seltsame Dinge gesehen. Auf unserer Reise hierher ist mir jedoch nichts Bemerkenswertes aufgefallen.«
»Ihr seid herzlich eingeladen, die Nacht hier zu verbringen«, sagte Linton, »aber morgen früh brechen wir auf. Wir hoffen, die Grenze nach Dhasson zu erreichen, bevor das Winterwetter die Straße schwieriger macht.«
»Eine weise Entscheidung«, pflichtete der Mussaner ihm bei. »Einmal haben wir ganz in der Nähe von hier überwintert – nicht aus freiem Willen, wohlgemerkt, sondern weil wir zu lange gesäumt hatten, bevor die Stürme losbrachen. Es war nicht unser angenehmster Winter.« Er erhob sich, und seine Begleiter taten es ihm gleich. »Wenn Ihr uns einen Platz anweist, wo wir schlafen können, werden wir Euch nicht länger stören.«
»Ich werde Euch zu unserem Handelszelt bringen lassen«, antwortete Linton. »Wir haben die Waren bereits verpackt, es ist also nicht in Gebrauch. Ihr könnt Euch dort zur Ruhe begeben, zumindest bis die Arbeiter es abschlagen.«
»Ihr seid zu gütig«, sagte der Wortführer der Mussaner mit einer Verbeugung. Tris wartete, bis die drei Männer das Zelt verlassen hatten und außer Hörweite waren, ehe er zu Vahanian hinübersah, doch der Söldner war schon an der Zeltklappe und schaute den entschwindenden Händlern nach.
»Ich muss dich wirklich fragen, warum du dafür geblieben bist, Jonmarc«, sagte Linton verdrossen. »Manieren waren zwar noch nie deine Stärke, aber momentan scheinst du es darauf angelegt zu haben, widerwärtig zu sein!«
»Sie haben gelogen«, sagte Vahanian mit Überzeugung. »Wenn das mussanische Händler sind, dann bin ich ein Nargi-Priester!«
Linton starrte Vahanian einen Augenblick lang an, bevor er fragte: »Wieso?«
»Ich habe jahrelang mussanische Seide geschmuggelt. Um diese Jahreszeit ist kein Händler unterwegs, weil sie in ihrer Heimat irgendein Fest zu Ehren des Seidenwurms begehen. Die Seide ist ihr Lebensunterhalt, daher ist ihnen das Fest äußerst wichtig.«
»Vielleicht sind diese drei nicht besonders religiös«, wandte Linton ein.
»Und dieser Bericht über die Straße«, fuhr Vahanian unbeirrt fort. »Jeder andere Reisende hat Geschichten von verzauberten Bestien erzählt, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Dieser Händler hingegen wollte dich glauben machen, dass er nicht einmal deine Frage versteht.«
»Vielleicht ist er nicht abergläubisch«, blaffte Linton. »Ehrlich, Jonmarc, du warst ja schon immer
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