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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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über die glatte, warme Oberfläche streichen. Er schloss die Augen, führte noch einmal das Beruhigungsritual durch und glitt in eine leichte Trance. Er konzentrierte seine Gedanken auf die Glaskugel und ließ sie in die Dunkelheit wandern.
    Sofort berührte etwas seinen Geist. Die unbekannte Präsenz erschütterte ihn so sehr, dass er fast die Kristallkugel fallen gelassen hätte. Anders als die Wärme, die Tris zuvor gespürt hatte, war diese Präsenz kalt und bösartig. Tris rang darum, den Kontakt zu unterbrechen, die Kristallkugel entglitt seinen Händen, er taumelte zurück. Er fühlte, wie die Präsenz ihm folgte. Alyzza stürzte auf ihn zu und schlang ihre dünnen, aber starken Arme um ihn.
    »Du musst dich losreißen, Tris!«, zischte sie. »Unterbrich den Kontakt!«
    Urplötzlich war die Präsenz verschwunden; ein hämmernder Kopfschmerz nahm ihren Platz ein. Als Alyzza ihn losließ, sank Tris zurück und bedeckte mit einer Hand seine Augen. Carina beugte sich besorgt über ihn.
    »Was ist passiert?«, fragte die Heilerin.
    »Etwas anderes hat nach ihm gesucht«, antwortete die alte Hexe. »Etwas Böses und sehr Starkes.«
    Carina berührte Tris’ Stirn und linderte die Schmerzen. Seine Lider flatterten; er schlug die Augen auf und konnte die Besorgnis im Gesicht der Heilerin sehen.
    »Wer sucht nach dir, kleiner Magier?«, krächzte Alyzza. »Und warum ist jemand, der so sehr begabt ist, ein bezahlter Karawanenarbeiter, frage ich mich?«, sann sie, doch ihr Tonfall sagte Tris, dass sie keine Antwort erwartete.
    »Was war das?«, fragte er selbst und rieb sich die schmerzende Stirn.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Alyzza mit jener monotonen Stimme, der anzuhören war, dass ihr Geist anderwärts weilte. »Etwas Starkes, glaube ich, jawohl. Etwas Böses, sehr Böses. Etwas weiß, dass du verschollen bist, und will dich aufspüren.« In ihrem zahnloses Grinsen lag keinerlei Heiterkeit. »Wie versteckt man einen Jungmagier während seiner Lehrzeit, das ist das Problem«, grübelte sie. »Ohne Ausbildung bist du eine Gefahr für uns alle. Aber Es wird nach deiner Macht Ausschau halten. Ein Problem«, murmelte sie. »Egal. Du musst ausgebildet werden. Wir müssen weitermachen und unsere Hoffnung auf die Zeit setzen.«
    Tris sah von Carina zu Alyzza. »Kann ›Es‹ mich vernichten?«
    »Pfui«, fauchte Alyzza ihn an, »das ist die geringste deiner Sorgen!« Ihr Blick wanderte an Tris vorbei, als ob sie etwas in ihrer Erinnerung sähe. »Es will nicht töten. Zuerst will es verzehren. Es will deine Macht umkehren und sie für seine bösen Zwecke benutzen. Wenn du stark genug bist, wirst du den Gebieter töten und den Schmerz beenden, doch bis dahin wird es dich verbogen haben.«
    »Es gibt niemand anderen, der meine Aufgabe zu Ende führen kann«, sagte Tris und starrte auf die dunkle Kristallkugel. »Ich muss weitermachen!«
    »Ja, du musst weitermachen«, pflichtete Alyzza ihm mit Nachdruck bei. »Und ich werde dir dabei helfen, soweit es meine schwachen Fähigkeiten zulassen. Aber du wirst nicht umhinkommen, dir einen richtigen Lehrer zu suchen.«
    »Wo?«
    »Die Bibliothek in Westmark«, murmelte Alyzza. Carina zuckte bei diesen Worten bestürzt zusammen, und Tris sah sie scharf an. »Dort wirst du finden, was du suchst, falls es überhaupt noch irgendwo existiert.«
    »Aber wie –«
    »Genug jetzt!«, erklärte Alyzza plötzlich und erhob sich mühsam. »Ich bin müde. Komm morgen wieder, wenn die Abendessensfeuer entzündet werden. Dann werden wir uns eine weitere Lektion vornehmen.«
    »Was, wenn ›Es‹ mich noch einmal suchen kommt?«
    »Dann lauf«, zischelte die Alte aus zahnlosem Mund. »Lauf um dein Leben.«
*
    Die Geräusche der Nacht umgaben Tris, als er sich in geringer Entfernung vom Lager seinen Weg durch das Unterholz am Waldrand bahnte, bis er auf einer kleinen Lichtung anlangte. Er ließ sich auf einem Stein nieder und setzte seinen geistigen Fuß auf den Pfad zur Trance. Die nächtlichen Geräusche wurden lauter, als er sich auf den Pulsschlag des Waldes konzentrierte: Er konnte das Scharren kleiner Kreaturen hören, das leise Rauschen von Fledermausflügeln, die Bewegungen der Blätter. Er streckte seine Sinne weiter aus, wurde sich der Lebewesen in der Nähe bewusst und dem Atemrhythmus jener, die sich tief in ihren Bauen und Erdlöchern zusammenkauerten. So weit, so gut.
    Carina und Alyzza arbeiteten fast jede Nacht mit ihm und hatten ihm ein behelfsmäßiges Schildritual beigebracht,

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