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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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das Schlachtfeld. Im Kopf überschlug er, wie viele Angreifer es sein mochten. Etwa fünfzig hatten ihr Leben gelassen, dazu eine Hand voll Kamele. Wahrscheinlich gab es ebenso viele Verletzte, die sich zurückgezogen hatten.
    »Es müssen um die dreihundert sein«, mutmaßte Febréze. »Zum Teufel, wo kommen sie her?«
    »Vielleicht der Stamm, bei dem Pellegrue aufgeräumt hat«, warf Picard ein.
    Zwei der Soldaten waren tödlich getroffen, vier weitere verletzt. Schlimmer jedoch waren die Vergiftungserscheinungen, die ihnen nun mehr und mehr zusetzten. Je höher die Sonne stieg, umso schlimmer wurden die Symptome. Sie schienen Halluzinationen zu haben, taumelten, waren wie von Sinnen und befolgten die Befehle nicht mehr. Ihre Pupillen waren stark geweitet, und das grelle Sonnenlicht bohrte sich in ihre Gehirne.
    »Was ist das für ein Teufelszeug? War das Fleisch verdorben?«
    »Keine Ahnung«, murmelte Picard mit größtem Unbehagen. Wie sollte er die Garnison halten, wenn alle seine Soldaten ausfielen? Nur eine Hand voll Offiziere hatte nichts gegessen. Obwohl Picards Magen wie ein hungriger Wolf knurrte, würde er keinen Bissen essen, bis er sich ganz sicher war, woran es lag. Der Arzt selbst war so krank, dass er nicht mehr ansprechbar war.
    Er verfluchte im Stillen Pellegrues ›Heldentat‹, die ihnen dieses Desaster beschert hatte. Doch im Augenblick blieb ihnen nichts weiter als, zu hoffen, dass sie den blauen Teufeln eine gehörige Abfuhr erteilt hatten.
    »Die kommen wieder«, mutmaßte Picard.
    »Dann werden wir sie abknallen. Es sind keine Geister, es sind nur Barbaren aus der Wüste. Auch wenn sie sich hinter ihren blauen Fetzen verstecken, eine Gewehrkugel kommt da allemal durch. Beordern Sie alle abkömmlichen Leute an die Gewehre. Ersetzen Sie die Ausfälle. Die holen nicht sehr lange Luft.«
    Arkani saß auf seinem Mehari und schaute zur Garnison hinüber. Niemand sicherte den Nordbereich. Dumpfe Kanonenböller erklangen. Einen Augenblick noch hielt Arkani inne. Mit geschärften Sinnen nahm er alles in sich auf, die Oase, die Palmen, die Dünen dahinter, die gelblichen Gebäude der Garnison, den gedämpften Schlachtenlärm aus dem Süden. Er sammelte sich innerlich. Gleichzeitig stiegen Bilder vor seinem inneren Auge auf. Ihm wurde übel von der Schlechtigkeit dieser Menschen. Sie scheuten sich nicht, Frauen und Kinder als Waffen einzusetzen in einem Krieg, der so ungerecht war wie ein feiger Mord. Diese Garnison, diese fremden Menschen waren störend wie ein Gallenstein im Leib. Sie mussten zerstört werden.
    Noch tobten die Scharmützel auf der Südseite. Wie von ihm geplant, griffen kleinere Trupps der Tuareg an und zogen sich wieder zurück, griffen von der anderen Seite an und wichen aus, teilten sich, verwirrten die Soldaten, verschwanden hinter den Dünen.
    Er lächelte zufrieden. Der tugulmust verbarg das Lächeln, aber sein Blick ging hinüber zu den Kriegern. Und dann hob er das Schwert zum Zeichen. Die Schlacht begann.

XXXIX
    Mit gespannter Aufmerksamkeit standen sie auf den Wachtürmen. Die Soldaten lagen auf den Mauern. Es war gespenstisch still. Picards Blick schweifte über die Wüste. Reglos lagen die Toten wie erschlagene Fliegen vor der Fensterscheibe. Für einen Moment befürchtete Febréze, die Toten würden sich plötzlich erheben und auf sie zustürmen. Schweiß rann über sein Gesicht und in den Nacken. Das Blut dröhnte in seinen Ohren. Mit dem Finger bohrte er in ihnen herum.
    »Hören Sie das?«, fragte Picard.
    »Was? Mir summt es in den Ohren.«
    »Eben, dieses Summen. Es klingt wie ...«
    Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu vollenden. Hinter den Dünenkämmen schwoll ein trällerndes Geräusch zu einem ohrenbetäubenden Lärm an. Es kam aus allen Richtungen. Febréze riss den Kopf herum. Hierhin. Dahin. Und dann sah er sie. Mit einer Trompete signalisierte der wachhabende Offizier die Gefahr.
    »Diese blauen Schakale haben uns umzingelt«, schrie er. In der Tat, die blauen Reiter waren überall. Sie schienen aus dem Sand zu wachsen, nachzuquellen wie überkochender Hirsebrei. Aus allen Himmelsrichtungen rückten sie heran wie ein gewaltiges Heer von Ameisen. Es waren unendlich viele. Die ganze Wüste war voll von ihnen, und es wurden immer mehr. Wie eine Ausgeburt der Hölle spuckte diese vermaledeite Landschaft sie aus.
    Febréze brüllte Befehle, die Offiziere brüllten Befehle, jeder widersprach jedem, und die Soldaten starrten nur in lähmendem Entsetzen auf das,

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