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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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diesem Fall weitaus mehr gefragt als tollkühne Dreistigkeit. Und doch ... in die Höhle des Löwen vorzudringen, war irgendwie verlockend.
    Die Garnison war wie eine Festung, die Waffenkammer gut gefüllt. Mit ihren Schwertern konnten die Tuareg da nichts ausrichten. Es war unmöglich, heimlich in die Garnison einzudringen und bis zum Waffenlager zu gelangen. Hier war List gefragt.
    Trotz der Vernichtung zweier Patrouillen gab es noch genug Soldaten in der Garnison. Und wenn die beiden Patrouillen nicht zurückkehrten, geriet der Rest der Soldaten ohnehin in Alarmbereitschaft.
    Was also konnte man tun, um die Kampfkraft der Soldaten zu schwächen? Nicht der gerade Weg ist immer der beste, das wusste auch Arkani. Wenn er also ihre Waffen nicht ausschalten konnte, so musste er diejenigen lähmen, die sie bedienten.
    Es war eigentlich Sache der Frauen, im Umgang mit Kräutern bewandert zu sein. Aber Arkani hatte lange genug im Zelt seiner Mutter gelebt, um vieles davon mitzubekommen. Seine Schwester Tedest wurde von der Mutter in die Geheimnisse der Kräuter eingeweiht. Wenngleich sich ihm nicht alle Geheimnisse erschlossen hatten, so kannte er doch die Wirkung einiger der Pflanzen, vor allem, wenn sie sich auf vortreffliche Weise zum Krieg einsetzen ließen.
    »Schickt jemanden zu den Frauen in den Lagern, und lasst sie alle Vorräte an Bilsenkraut und Braunwurz zusammentragen«, sagte Arkani.
    Zwar erntete er zunächst ungläubiges Lachen, doch als anerkannter Führer dieses Aufstandes wagte ihm natürlich niemand zu widersprechen. Arkani erklärte auch seine Beweggründe.
    »Mit ihren Waffen sind sie uns überlegen. Aber nur so lange, wie sie diese Waffen besitzen – oder sie bedienen können. Mit vergifteten Datteln im Bauch können sie es nicht.«
    Er erntete beifälliges Gelächter. »Also, schwächen wir unseren Gegner, damit es ein Kampf nach unserem Geschmack wird – Mann gegen Mann.«
    Nur nachts, wenn der sternenübersäte Himmel ihn zudeckte, ließ er seinen Gedanken freien Lauf. Dann wanderten sie hinauf in die Höhen, wo es keine Schwere mehr gab, die das Herz zusammendrücken konnte. Und dann dachte er an Désirée. Er holte sich ihr Bild herbei, ihr ebenmäßiges Gesicht, die strahlenden blauen Augen und ihren sinnlichen Mund, das Haar wie Sonnenstrahlen und die Haut so zart wie Seide aus den Ländern hinter dem Horizont. Er verspürte ihren Duft und ihre Nähe, die geschwungenen Linien ihres Körpers und die warmen, weichen Formen unter seinen Händen. Heftige Sehnsucht kam in ihm auf. Der Schmerz wühlte in seinem Herzen, und seine Augen brannten, als hätte der Sturm Sand hineingeweht. Er gab sich der köstlichen Qual hin und versank in wirre Träume, die nur ihm gehörten. Er kehrte zurück in eine Zeit, in der er glücklich war neben ihr, in der er gemeinsam mit ihr hinabtauchte in die Kühle der guelta , in der er seinen Körper neben ihrem ausstreckte und sie gemeinsam über sich die Sterne betrachteten.
    Er musste erst diesen einen Kampf zu Ende kämpfen, bevor er sich dem anderen Kampf zuwenden konnte. Er führte die Stämme in diesen Krieg. Das war seine Aufgabe, das war ihre Aufgabe, gegen die Franzosen zu kämpfen. Doch das andere musste er allein tun. Das war nicht die Aufgabe der Stämme, das war nicht die Aufgabe seiner Krieger, es war seine eigene Aufgabe, für die er ganz allein verantwortlich war.
    Er schloss die Augen und damit Désirées Bild in sich ein.
    Es war nur ein provisorisches Lager. Nur wenige Zelte waren aufgestellt. Die anderen hatten sich notdürftig hinter den kreisrunden Schilfmatten eingerichtet. Eine Feuerstelle, ein paar Decken, die Esel und Ziegen, das Hab und Gut in den ledernen Packtaschen, das war im Augenblick die Heimstatt der Frauen und Kinder, der Jugendlichen und Greise, der Sklaven, die nicht am Kampf teilnehmen konnten. So mancher von ihnen hatte es sich gewünscht, dabei zu sein, und nicht selten waren auch Frauen an der Seite ihrer Männer in den Kampf gezogen. Aber diesmal ging es nicht um einen Rezzou, diesmal ging es nicht um ein paar Kamele, Ziegen oder Sklaven. Diesmal ging es um alles.
    »Arkani lässt allen Frauen mitteilen, die der Kräuterkunde mächtig sind, dass die Vorräte an bösen Kräutern zusammengetragen werden. Wir benötigen sie im Kampf gegen die französischen Feinde.«
    Die Boten brachten die Nachrichten in Windeseile in die Lager.
    Und die Frauen eilten zu ihren Taschen und holten die sorgsam gehüteten Kräuter hervor.

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