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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Türstockausbau in Ihren Bergwerkstollen einsetzen, dann können Sie in ungeahnte Tiefen gelangen. Denn das«, und wieder klopfte sie gegen den Türstock, »hält tausend Meter Gestein über sich aus.« Sie neigte den Kopf und fixierte ihn aus zusammengekniffenen Augen. »Und auf die Idee mit dem Schlussstein im Deckengewölbe sind diese Herren auch schon gekommen. Genialer geht es nicht, Monsieur Duval. Oder haben Sie dem noch etwas entgegenzusetzen? Wir sind gerade so heftig am Streiten.«
    »Nein, aber ich würde mich gern mit Ihnen über die Grundregeln der Statik unterhalten«, erwiderte er.
    Sie schaute ihn einen Moment an, dann neigte sie wieder den Kopf. »Und ich mich mit Ihnen über die Mechanik menschlicher Körper.«
    Er gab sich geschlagen, und sie erlag ihm. Er war jung, unerfahren und idealistisch, und Désirée war jung, etwas mehr erfahren und noch idealistischer.
    Die freie Erziehung, die sie durch ihren Vater genossen hatte, versetzte sie in die Lage, sich schnell in allen möglichen Situationen zurechtzufinden. Désirée war keine Frau für ein behütetes Heim. Das zumindest dachte er damals. Mit ihr konnte er die Welt erobern. Und das hatte er zunächst vor. Seine Anstellung bei der französischen Bergwerksgesellschaft war sein Glück, denn dort bekam er ein regelmäßiges Gehalt. Er war zu glücklich, um kritische Fragen zu stellen.
    Ihre Schwärmerei für George Sand nahm er mit heiterer Gelassenheit, und wenn sie ihm manchmal aus ihren Büchern vorlas, war er sogar stolz darauf, dass sie dieser ungewöhnlichen Schriftstellerin ein wenig ähnelte.
    Es war eine stürmische Zeit des Verliebtseins, in der er ihre Kaprizen über sich ergehen ließ und es manchmal sogar prickelnd fand, sich darauf einzulassen. Wenn er ihren etwas verschrobenen Vater betrachtete, dann war es kein Wunder, dass Désirée von seinem Schlag war, wenngleich viel aufregender und weiblicher. Dass sie zudem ausgesprochen hübsch und apart war, selbst die schmutzigen Arbeitshosen mit Pariser Eleganz trug, versetzte ihn in einen Rausch.
    Bitterkeit stieg in ihm auf, wenn er sich daran zurückerinnerte. Was war geschehen, dass sich ihre Beziehung so gewandelt hatte? Noch immer wollte er sie heiraten. Noch immer liebte er sie. Aber Désirée war vollkommen verändert.
    Hing es damit zusammen, dass er dieses Bergwerkprojekt in Algerien angenommen hatte und sich nicht mehr so um sie bemühen konnte wie vorher? Doch er verwarf den Gedanken wieder. Désirée war selbstständig genug, um allein zurechtzukommen.
    Oder war es die Expedition ihres Vaters, an der sie nicht hatte teilnehmen dürfen? Etienne hatte wohl um die Gefahren gewusst, die in der Sahara drohten.
    Warum war Désirée nicht nach Frankreich zurückgekehrt, sondern hatte sich heimlich auf die Suche begeben? Warum hatte sie ihn, Philippe, belogen, hintergangen?
    Er fand keine Antwort auf all die Fragen. Er ging in sich und suchte, ob er sich möglicherweise verändert hatte. Aber auch dafür fand er keinen Hinweis. Die Ursache lag wohl in Désirée selbst. Und das versetzte ihn sowohl in Sorge als auch in einen unbestimmten Zorn.
    Alles ließ sich beeinflussen, verändern, umgestalten. Er trieb tiefe Schächte und Stollen in Jahrmillionen alten Fels, er baute Brücken, die tiefe Schluchten überwanden, ja er würde sogar den stählernen Schienenstrang der Eisenbahn quer durch die Wüste treiben. Der Mensch passt sich seine Umgebung nach seinen Bedürfnissen an. Warum entzog sich ausgerechnet Désirée diesen Bestrebungen?
    Er redete sich ein, dass sie eben mehr Zeit brauchte. Im Augenblick war die Modistin bei ihr und passte ihr eine Garderobe an, mit der sie sich auf die Straße wagen konnte.
    Selbstverständlich hatte Philippe das Zimmer verlassen. Solche Frauendinge gingen ihn nichts an. So stand er am Fenster des Hotels und betrachtete durch die halb geöffneten Fensterläden das Gewimmel auf der Straße.
    Biskra war noch orientalisch geprägt, aber immer mehr setzte sich der französische Einfluss durch, in der Architektur der neu gebauten öffentlichen Gebäude, Hotels und Wohnhäuser, in den Geschäften, die die Straßen säumten, und in den Menschen, die die Straßen bevölkerten. Er erinnerte sich, dass es in Frankreich einen Aufruf gab, dass junge Frauen in die Kolonien kommen sollten, um die dortigen Pioniere Frankreichs zu heiraten.
    Aber Philippe wollte wieder nach Frankreich zurückkehren, wenn seine Aufgabe hier beendet war. Selbst Algier war für ihn

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