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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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orientalischen Rundbögen aufweisen. Sie kletterte aus der Kutsche, ohne dass der Kutscher Anstalten machte, ihr dabei behilflich zu sein. Dafür starrte er sie ungeniert an und entblößte seine bräunlichen, lückenhaften Zähne zu einem hintergründigen Grinsen. Zwei livrierte Pagen des Hotels eilten zu ihr, um das Gepäck entgegenzunehmen. Désirée bezahlte den Kutscher, ohne ihm ein zusätzliches Trinkgeld zu geben. Sollte er sich doch erst einmal um europäische Höflichkeit bemühen und sich an dem Dienstpersonal in Tunesien ein Beispiel nehmen!
    Neugierig geworden, betrat sie die Eingangshalle des Hotels. Sie war gediegen ausgestattet, in einem arabisch-europäischen Stilmix. An der Rezeption stand ein kleiner Südfranzose mit flinken Augen.
    »Bonjour, Mademoiselle«, grüßte er sie mit einem unterwürfigen Lächeln. Ein wenig distanziert blieb Désirée einen Schritt vor dem Empfangstresen stehen.
    »Mein Name ist Désirée Montespan«, sagte sie. »Meine Zimmer sind bestellt.«
    »Oui, Mademoiselle Montespan, natürlich«, dienerte der kleine Franzose und kam hinter dem Tresen hervorgewirbelt. Mit hektischen Handbewegungen forderte er die Pagen auf, ihr Gepäck auf ihr Zimmer zu schaffen, und sprang dabei wie ein wild gewordener Ziegenbock umher.
    »Wir fühlen uns geehrt, Mademoiselle Montespan, dass Sie unser Haus besuchen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt und viel Freude in unserem schönen Algier. Wenn Sie einen Wunsch haben, brauchen Sie nur am Klingelband zu ziehen. Wünschen Sie ein Bad? Wünschen Sie eine Erfrischung? Eine Schale mit Obst befindet sich bereits auf Ihrem Zimmer. Wenn Ihnen das Bett nicht weich genug ist ...«
    »Danke, ich werde mich melden, wenn ich etwas benötige. Im Moment benötige ich nur Ruhe. Ach, können Sie mir vielleicht sagen, wo sich mein Vater augenblicklich befindet?«
    Schlagartig blieb der kleine Franzose stehen und schlug die Augen nieder, als wäre die Feder eines mechanischen Spielzeugs gesprungen. Désirée befürchtete, dass der Mann einfach nicht mehr funktionierte.
    »Haben Sie mich verstanden, Monsieur?«, fragte sie ihn vorsichtshalber.
    »Naturellement, Mademoiselle«, murmelte er. »Aber ich kann Ihnen da leider nicht helfen. Ich habe Ihren Vater seit mehreren Wochen nicht mehr gesehen und ...« Er stockte wieder und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    »Was und?«, forschte sie nach.
    »Na ja, er hat ja auch sein Zimmer nicht mehr bezahlt, und keiner weiß doch, ob er jemals aus der Wüste zurückkehren wird, wo doch alle wissen, wie gefährlich die Wüste ist.«
    Désirée zog die Augenbrauen zusammen. »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte sie irritiert. »Mein Vater kennt sich in allen Wüsten aus. Er gräbt nicht das erste Mal in einer Wüste und spricht sogar arabisch.«
    »Das wird ihm wohl wenig nützen, wenn er den Tuareg in die Hände fällt.«
    »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Meinem Vater passiert nichts, davon bin ich felsenfest überzeugt. Wahrscheinlich sind die Ausgrabungen so interessant, dass es einige Zeit dauert. Er hat doch noch sein Zimmer in diesem Hotel, oder?«
    Ein ungutes Gefühl beschlich sie, als der Mann noch immer die Augen gesenkt hielt und sich wand wie ein Wurm am Haken.
    »Nun ja, in gewissem Sinne ...«
    »Was soll das heißen?«
    »Wir haben sein Zimmer weitervermietet. Wir können uns nicht leisten, Zimmer freistehen zu lassen. Und da Ihr verehrter Herr Vater seit Wochen die Miete nicht mehr bezahlt hat ...«
    Mit wenigen Schritten war Désirée bei ihm und blickte auf ihn herab. »Wo sind die Sachen meines Vaters?«, rief sie erregt.
    »Wir haben sie in eine Besenkammer eingeschlossen.«
    »Was haben Sie?«
    »Hören Sie, Mademoiselle, ich versichere Ihnen, dass nicht das kleinste Stückchen fehlt. Außer ein paar Dingen, die wir gewissermaßen als Pfand für die ausstehende Miete ...«
    »Das ist doch die Höhe!«, rief sie aufgebracht. »Lassen Sie sofort die Sachen meines Vaters in meine Zimmer bringen. Und beten Sie, dass nichts fehlt, sonst werde ich mich beim zuständigen Präfekten über Sie beschweren, wie Sie mit dem persönlichen Eigentum Ihrer Hotelgäste umgehen!«

III
    Das Gewimmel auf den Straßen Algiers war genauso faszinierend wie beängstigend. Für Désirée war diese orientalische Betriebsamkeit nichts so Ungewöhnliches, dass es sie abschrecken würde. Zudem besaß die Stadt ein unverkennbar französisches Flair. Sechzig Jahre französischer Herrschaft hatten

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