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Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)

Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)

Titel: Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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sonst haben Sie an einem so feinen Abend in der Saison kein Glück.«
    Ich blinzelte und spulte im Geiste noch einmal ab, was er gesagt hatte, nur viel langsamer. »Reserviert«, wiederholte ich. »O ja.« Ich reichte dem älteren Herren die E-Mail-Bestätigung. Mit dem schneeweißen Haar, dem ordentlich gestutzten Bart, den funkelnden Augen hinter einer runden, randlosen Brille und den eigenartig kleinen Ohren sah er wirklich aus wie ein lustiger Kobold aus dem sagenhaften Land o’Green – der grünen Insel. Während er meine Reservierung fand und mich eincheckte, schob er mir jede Menge Flyer und Broschüren zu und plapperte ohne Punkt und Komma. Offenbar empfahl er mir, wohin ich unbedingt fahren und was ich mir ansehen musste.
    Zumindest glaubte ich das.
    In Wahrheit verstand ich nur wenig von dem, was er brabbelte. Der Akzent war zwar bezaubernd, aber meine Befürchtung, die am Flughafen Gestalt angenommen hatte, wurde bestätigt: Mein kläglich monolinguales amerikanisches Gehirn würde viel Zeit brauchen, um sich an die irischen Abwandlungen und die einzigartige Art, Dinge auszudrücken, zu gewöhnen. So schnell wie der Portier redete, könnte er genauso gut Gälisch sprechen, denn ich verstand so gut wie nichts.
    Ein paar Minuten später stand ich, kein bisschen klüger, was seine Empfehlungen anging, im zweiten Stock und schloss die Tür zu meinem Zimmer auf. Wie bei dem Preis zu erwarten war, hatte es nicht viel zu bieten. Es war klein – höchstens zehn, zwölf Quadratmeter –, schlicht möbliertmit zwei Einzelbetten unter einem hohen, schmalen Fenster, einer kleinen Kommode mit drei Schubladen, darauf eine Lampe mit fleckigem gelbem Schirm, einem wackeligen Stuhl, einem Säulenwaschbecken und einem ganz schmalen Schrank, in dem zwei verbogene Drahtbügel hingen. Am Ende des Flurs gab es für alle Gäste auf dieser Etage ein Gemeinschaftsbad. Das einzige Zugeständnis an Behaglichkeit war ein verblasster orange- und pinkfarben gemusterter Teppich und ein farblich passender Vorhang am Fenster.
    Ich hievte meine Koffer aufs Bett, schob den Vorhang beiseite und sah auf die Stadt, in der meine Schwester den Tod gefunden hatte.
    Mir wäre es lieber, wenn die Stadt nicht schön wäre, aber sie war es.
    Mittlerweile war es ganz dunkel geworden und Dublin strahlte in nächtlicher Beleuchtung. Es hatte kürzlich geregnet und im Dunkeln glänzte das Kopfsteinpflaster auf den Straßen bernsteinfarben, rosa und neonblau im Schein der Laternen und Reklameschilder. Bisher hatte ich eine solche Architektur, wie sie hier üblich war, nur in Büchern und Filmen gesehen: alte Welt, elegant und prachtvoll – reich verzierte Häuserfassaden mit Säulen und Pfeilern oder hübschem Fachwerk und großen, majestätischen Fenstern. Das Clarin House befand sich am Rande des Temple-Bar-Bezirks, der laut Reiseführer das pulsierendste, lebendigste Viertel der Stadt ist, voll mit craic  – ein irisches Slangwort für »ausgelassenen Spaß und jede Menge Party«.
    Die Leute promenierten durch die Straßen, wanderten von einem der zahllosen Pubs zum nächsten. »Eine knifflige Aufgabe wäre«, so hatte James Joyce geschrieben, »Dublin zu durchqueren, ohne an einem Pub vorbeizugehen.« Mehr als sechshundert Pubs in Dublin!, verkündete die stolze Überschrift auf einem der vielen Flyer, die mirder muntere Portier in die Hand gedrückt hatte. Nach allem, was ich auf der Fahrt vom Flughafen hierher gesehen hatte, glaubte ich das aufs Wort. Alina hatte zwar fleißig gebüffelt, um in das exklusive Ausländer-Programm des Trinity Colleges aufgenommen zu werden, ich wusste aber auch, dass sie sich für das rege Gesellschaftsleben und die vielen verschiedenen Pubs der Stadt begeistert hatte. Sie hatte Dublin geliebt.
    Als ich die lachenden und plaudernden Menschen auf der Straße beobachtete, kam ich mir so klein vor wie ein Staubkörnchen in einem Strahl des Mondlichtes.
    Und fühlte mich in etwa genauso verbunden mit der Welt.
    »Nun, dann nimm Verbindung mit deiner jetzigen Umwelt auf«, murmelte ich vor mich hin. »Du bist Alinas einzige Hoffnung.«
    Im Moment war Alinas einzige Hoffnung noch hungriger als müde – und nach der zwanzigstündigen Reise mit drei Zwischenstopps war ich in der Tat hundemüde. Aber mir war es noch nie gelungen, mit leerem Magen einzuschlafen. Also musste ich etwas essen, ehe ich mich hinlegen konnte, sonst würde ich mich die ganze Nacht herumwälzen und noch hungriger und erschöpfter

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