Im Bett mit
kranke Menschen durch ihre bloße Erscheinung, durch ihre offenkundige Zuwendung zu trösten. Sie schien ihnen zu sagen: »Schaut her, auch ich bin unglücklich, auch mein Leben ist mühselig und beladen, und ich fühle mit euch.« Das galt besonders für ihre Hinwendung zu Aidskranken, die damals nicht nur an dem Wissen litten, dass sie Todgeweihte waren, sondern auch noch das Stigma des öffentlichen Abscheus trugen. Sie waren im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts gleichsam die Leprakranken ihrer Zeit, von denen sich jedermann mit Furcht und Schrecken und oft auch mit moralischer Verachtung abwandte, weil man die Ursache ihrer Erkrankung in ihren »amoralischen« Handlungen sah. Diana hingegen war ihnen – man möchte fast sagen: mit dem Mut der Verzweiflung – zugewandt, wie sie auch nicht zögerte, wirklich Aussätzigen die Hand zu reichen. Bewunderer nannten sie eine zweite Mutter Teresa.
Es kam das Jahr 1992, das in die Chronik der Queen als annus horribilis eingehen sollte. Eine Lawine von Turbulenzen schien in diesem Jahr über die Familie hereinzubrechen. Sarah Ferguson, die bizarre Gattin von Prinz Andrew, wurde ebenso geschieden wie die Tochter der Königin, Prinzessin Anne. Die unglückliche Bettgeschichte ihrer Schwiegertochter, der Frau des Thronfolgers, machte durch das Buch des Journalisten Andrew Morton, Diana: Her True Story, die Runde. Es beruhte, wie Morton selbst zugab, auf Tonbandinterviews der Prinzessin. »Sie sah sich gefangen in der Falle einer auf bittere Weise unerfüllten Ehe, an ein gefühlloses monarchisches System gekettet und an ein vollkommen unrealistisches Image ihres Lebens gefesselt«, verteidigte der Autor später diesen fatalen Schritt Dianas an die Öffentlichkeit. Nun war die Trennung des unseligen Paares nur noch eine Frage der Zeit. Immerhin dauerte es noch fast vier Jahre, bis es 1996 nach einer zunächst nur formalen Trennung schließlich zur endgültigen Scheidung kam.
»Man muss eine Menge Frösche küssen, um einen Prinzen zu finden«, wandelte die von ihrem einstigen Traumprinzen endlich befreite Diana den bitteren Scherz ab. Nun lag es an ihr, sich eine neue Aufgabe und neue Lebensziele zu suchen. Zwar war ein gewisses Maß an Rücksichtnahme auf den Hof wegen ihrer Kinder nach wie vor notwendig. Königskinder, und gar solche mit Nachfolgestatus, gehören dem Staat und nur sehr bedingt der eigenen Mutter, wenn das Paar sich getrennt hat. Diana, die bei ihrer Scheidung hart um ihre vormaligen Rechte gekämpft hatte, wusste, dass sie in dieser Hinsicht auf den guten Willen der Familie angewiesen war, und das legte ihrem Freiheitsdrang in gewisser Weise Zügel an. Auch bemerkte sie ziemlich rasch, dass der Goldene Käfig, über den sie sich mehr als ein Jahrzehnt lang so heftig beklagt hatte, für sie in gewisser Weise auch Schutz gegen eine immer zudringlicher werdende Presse gewesen war. Die Reportermeute, die nicht davon abließ, hinter ihr her zu hecheln, ging mit der geschiedenen Prinzessin wesentlich respektloser um, als sie dies mit Ihrer Königlichen Hoheit getan hatte.
Diana präsentierte sich jetzt vor allem als Mutter der Königskinder, von denen sie sagte: »Meine Kinder müssen einmal die Monarchie verändern.« Sie wollte sie mit der Wirklichkeit in ihrem Land konfrontieren und ihnen zeigen, wofür sie gebraucht würden. In ihrer neuen pazifistischen Rolle bewies sie genügend Mut, um in des Wortes wahrstem Sinne über Minenfelder zu wandern und sich durch persönlichen Einsatz für die Ächtung dieser furchtbaren Waffe stark zu machen. Ihre karitativen Aktivitäten erreichten ein Ausmaß, sodass Mutter Teresa sie mit den Worten lobte: »Sie ist eine bemerkenswerte Frau, die die Armen in ihrem Elend liebt. Für mich ist sie wie eine Tochter.«
Ja, Diana vermochte Liebe zu schenken, ihr eigener Hunger nach Liebe hatte aber nie gestillt werden können. Ihr Bett blieb einsam, trotz ihrer unaufhörlichen Suche nach einem Mann, der der Intensität ihrer Liebesansprüche hätte gerecht werden können.
Der Abend, an dem sie mit Dodi Al-Fayed in den Tod raste, machte ihrer unaufhörlichen Suche ein Ende und sie zum Mythos.
Epilog
Anrührende, bedauerliche, schockierende und beglückende Bettgeschichten tauchen auf dem langen Weg der gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit immer wieder auf. Meist ranken sie sich um Persönlichkeiten von besonderer Bedeutung. Manchmal aber handelt es sich bloß um Schlüssellochgeschichten, bei denen Neugierde und
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