Im Blut vereint
Ethan.
»Und dann wieder ein L«, sagte Dr. Guthro.
» LOL .«
»Seine Initialen?«, fragte Lamond.
»Vielleicht. Oder eine Abkürzung für irgendetwas.«
Es herrschte Stille. Dann trafen sich Ethans und Lamonds Blicke. » LOL . Laugh Out Loud.«
»Oh Mann«, murmelte Lamond.
»Also hat uns der Mörder eine Botschaft hinterlassen«, sagte Ethan. »Ein klares ›Ich scheiß auf euch‹, würde ich sagen.« Es kribbelte ihm im Nacken. Das war kein gewöhnlicher Mörder. Lisa MacAdam war nicht in einem Anfall von Raserei oder plötzlicher Begierde umgebracht worden. Man hatte sie auf eiskalte, leidenschaftslose Art umgebracht und zerstückelt.
Das passte zu einem Mörder mit einem ganz bestimmten psychologischen Profil.
Einem Psychopathen.
»Wie hat er die Markierungen angebracht?«, fragte Ethan.
»Das sieht nach einem Skalpell aus.« Dr. Guthro betrachtete den Knochen. Dann klappte er seinen Gesichtsschutz herunter. »Schauen wir mal, was die innere Untersuchung ergibt.«
Die Assistentin hob Lisas Leiche leicht an und legte ihr einen Gummiklotz unter den Rücken. Dr. Guthro schnitt ein großes Y in ihren Torso. Süßlicher Verwesungsgeruch mischte sich in die ohnehin schlechte Luft. Ethans Magen krampfte sich zusammen. Er hatte bei dieser Prozedur schon oft zugeschaut, aber das machte sie nicht angenehmer.
Lamond wich etwas zurück. Ethan bemerkte, dass er näher zum Mülleimer rückte.
Mit einem kräftigen Ruck brach Dr. Guthro Lisas Rippen auf und begann mit der Untersuchung des Inneren von Brustkorb und Abdomen. Wortlos schaute Ethan zu, wie er eine Kanüle in eine der Venen unter dem Schlüsselbein einführte. »Beim Becken sparen wir uns das«, murmelte er vor sich hin. »Viel Blut ist nicht übrig.« Er entnahm eine kleine Menge für die toxikologische Untersuchung sowie für die DNA -Analyse, die dazu diente, Lisas Identität zu bestätigen und bei möglichen Spuren an ihrem Körper entscheiden zu können, ob sie vom Opfer oder einer anderen Person stammten. Danach durchtrennte Dr. Guthro die restlichen Venen und Arterien, entnahm Lisas Herz und legte es auf eine Waage. Er entfernte die Lunge – »Sieht nicht so aus, als hätte sie geraucht« – und ging dann zu den Bauchorganen über.
Als ihr Magen aufgeschnitten wurde, wappnete Ethan sich innerlich. Der Gestank war schrecklich. Ethan schaute zu Lamond. Er war blass, und sein Gesichtsausdruck hätte Ethan unter normalen Umständen ein Grinsen entlockt.
»Dem Mageninhalt nach zu urteilen hat sie ihre letzte Mahlzeit ungefähr gegen 18:00 Uhr zu sich genommen«, sagte Dr. Guthro. Prüfend betrachtete er die dickflüssige Brühe. »Sieht aus wie Hamburger mit Pommes frites.«
Das war zu viel für Lamond. Ethan verkniff sich ein Grinsen. Lamond war süchtig nach Fast Food. Wie er es schaffte, nicht zuzunehmen, war Ethan ein Rätsel. Vielleicht würde ihn dieses Erlebnis ja kurieren.
»Nichts Ungewöhnliches hier drin«, sagte Dr. Guthro, ohne den überstürzten Abgang des Detectives zu beachten. Methodisch untersuchte er die Bauchhöhle des Mädchens. »Keine Anzeichen für innere Verletzungen. Kein Hinweis auf eine Überdosis Drogen.« Er entnahm die übrigen Organe. Zurück blieb ein ausgehöhlter offener Leib, der Ethan an einen leeren Hummerpanzer erinnerte.
Dr. Guthro machte einen langen vertikalen Schnitt durch den Hals und zog die Haut beiseite. »Das Zungenbein ist gebrochen. Das stützt die Vermutung, dass Strangulation die Todesursache war.« Er warf Ethan einen Blick zu. »Aber sicherheitshalber werden wir das Gehirn auf Anzeichen für ein Trauma untersuchen.«
Die Assistentin schob den Gummiblock nun unter Lisas Schädel. Dr. Guthro stellte sich hinter den Kopf und schnitt die Kopfhaut geschickt von einem Ohr zum anderen auf. Er hob den oberen Hautlappen an und zog ihn über Lisas Gesicht hinab, sodass die Schädeldecke frei lag. Ethan zwang sich, den Anblick nicht an sich heranzulassen.
Stell sie dir nicht als lebenden, atmenden Teenager vor, als Tochter, als Enkelin. Sie ist ein Mordopfer.
Trotzdem biss er unwillkürlich die Zähne zusammen, als Lisas Haarschopf wie eine Halloweenmaske über ihr Gesicht fiel.
Als die Stryker-Säge aufsummte, wandte Ethan den Blick von Lisas Gesicht ab. Dr. Guthro schnitt eine »Kappe« in den Knochen und löste sie heraus. Lisas Gehirn wurde sichtbar. »Kein Anzeichen für ein subdurales Hämatom.«
Er trennte ihr Gehirn vom Rückenmark und zog es heraus. Dabei entstand ein saugendes
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