Im Blut vereint
hatte. Seitdem geriet sein Magen jedes Mal in Aufruhr, wenn jemand mit den Fingern knackte.
Dr. Guthro kämmte Lisas Schamhaare durch, zog ein Haar heraus und legte es in einen Beweisumschlag. Dann nahm er einen langen Tupfer, untersuchte ihre Genitalien und machte auch dort einen Abstrich. Ethan musste sich zum Zusehen zwingen. Er verabscheute diese Einbrüche in die Privatsphäre der Toten. Wie furchtbar wäre es für ein fünfzehnjähriges Mädchen, von fremden Männern untersucht zu werden. Ethan biss die Zähne zusammen. Er durfte sich nicht ständig vorstellen, was Lisa empfand. Sie war tot. Sie spürte nichts. Er musste sich auf die Suche nach Indizien konzentrieren. Indizien, die sie zu dem Dreckskerl führen konnten. Damit der hierfür bezahlen musste.
Ethan warf einen Blick auf Lamond. Der junge Kollege wirkte unruhig. Sein Blick folgte jeder Bewegung von Dr. Guthros flinken Händen, und dabei errötete er immer mehr. Ethan war überrascht. Der Mann kam von der Abteilung für Sexualdelikte. Aber er hatte wohl niemals zusehen müssen, wie eine junge Frau auf Spuren einer Vergewaltigung untersucht wurde. Er hatte immer nur die Berichte gelesen.
Wart nur ab. Es wird noch schlimmer.
»Kein Hinweis auf gewaltsame Penetration, weder in der Vaginal- noch in der Analgegend«, sagte der Gerichtsmediziner. »Genau genommen kein Hinweis auf irgendeine Art von Geschlechtsverkehr vor ihrem Tod. Das Hymen ist intakt.«
Ethan blickte überrascht auf. »Intakt?«
»Ach du …«, sagte Lamond im selben Augenblick. Dann sah er Dr. Guthro verlegen an.
»Gar kein so typischer aufsässiger Teenager«, sagte Dr. Guthro nachdenklich.
»Nein.« Die Entdeckung, dass Lisa noch Jungfrau war, verunsicherte Ethan. Es weckte all seine Beschützerinstinkte. Er steckte die Hände in die Hosentaschen. Typen, die mit seiner Schwester herummachten, hatten bei ihm früher nichts zu lachen gehabt. Bis seine Schwester zu ihm gesagt hatte, er solle nicht ständig ihre Freunde verscheuchen. Sie könne schon selbst auf sich aufpassen.
Das hatte dieses Mädchen bestimmt auch geglaubt.
Um Lisas willen war er froh, dass sie vor dem Tod nicht vergewaltigt worden war. Allerdings entfiel damit eine potenzielle DNA -Quelle. Aber es gab ihnen auch einen Hinweis aufs Täterprofil. Vermutlich handelte es sich nicht um einen Sexualtäter.
Dr. Guthro betrachtete die offenen Wunden an Lisas Hüften. Mit dem Finger strich er vorsichtig über die Schnittfläche und zog dann Haut und Gewebe zurück, sodass der Knochen sichtbar wurde. Er schimmerte hell im Lampenlicht.
Danach inspizierte er die Stellen, an denen Lisas Arme entfernt worden waren. Mehrere Minuten lang wechselte er immer wieder zwischen den Wunden an Hüften und Schultern hin und her. »Ihre Gliedmaßen sind anscheinend mit einer Knochensäge abgetrennt worden«, stellte er verblüfft fest.
»Einer Knochensäge?«
Dr. Guthro nickte. »Ja, so einer.« Er hielt eine kleine Handsäge in die Höhe. Sie sah nicht viel anders aus als die Säge in Ethans Schuppen.
»Ist es schwierig, an so eine Säge heranzukommen?«
»Nicht allzu schwierig, würde ich vermuten. Die gibt es in jedem Krankenhaus. Sie wären sicher leicht zu stehlen.« Dr. Guthro zog erneut die Haut an einem der durchtrennten Hüftgelenke zurück. »Aber es könnte nicht jeder so damit umgehen. Schauen Sie her, hier …« Er zeigte auf die glatte Knochenfläche. »Das ist ein ganz sauberer Schnitt. Den hat jemand gemacht, der wusste, wie man ein Gelenk zerlegt.«
Ethan starrte den Gerichtsmediziner an. »Sie meinen, ein Arzt?«
Dr. Guthro nickte. »Ja. Oder jedenfalls jemand, der sich mit Anatomie auskennt.«
Er wandte sich Lisas rechter Schulter zu. »Eine Sache ist ungewöhnlich. Sehen Sie diesen Schnitt hier?« Er deutete auf das Gelenk.
Auf den ersten Blick schien der Schnitt genauso glatt wie die anderen. Aber als Ethan genau hinsah, konnte er winzige Kratzer im Knochen erkennen. »Stammt das von den Zähnen am Sägeblatt?«
Dr. Guthro nahm eine Lupe und hielt sie über den Knochen.
Ethan beugte sich vor und blickte hindurch. »Es sieht aus wie zwei Linien mit einem Kreis dazwischen.« Er betrachtete die Kratzer genauer, und sein Blick wurde ungläubig. »Das sind keine geometrischen Figuren. Das sind Buchstaben.«
Mit der Fingerspitze zog Dr. Guthro die feinen eingravierten Linien und Bögen nach. »Ich glaube, Sie haben recht. Das hier sieht wie ein L aus.«
»Und der nächste Buchstabe ist ein O«, sagte
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