Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
Vom Netzwerk:
gegeben, wie Sie an Beweise kommen könnten?« Er beobachtete Mrs MacAdam genau. Hatte Kate ihre gesetzliche Pflicht erfüllt?
    Mrs MacAdam blickte auf ihr Taschentuch. »Sie sagte, ich solle mich ans Jugendamt wenden, aber ich habe geantwortet, dass ich ja nichts beweisen könnte …«
    »Und hätten Sie es gekonnt?«
    Sie schaute immer noch auf ihr Taschentuch. »Ich war nicht der Meinung … Es war doch nur so ein Gefühl.« Jetzt sah sie Ethan an, und in ihrem Blick lag die flehentliche Bitte, sie nicht zu verurteilen. Diesem Blick begegnete er oft, und meist ohne viel Mitgefühl. Aber diese Frau tat ihm leid. Wahrscheinlich würde sie nie wieder ruhig schlafen. »Ich dachte, so etwas zählt nicht.«
    Da hatte sie recht – einerseits. Ohne konkrete Beweise etwas zu unternehmen war schwierig. Andererseits ließen sich Cops ständig von ihrem Instinkt leiten. Oft hing ihr ganzer Fall an »so einem Gefühl«, wie Marian MacAdam es nannte.
    »Und Ihre Anwältin?« Er vermied es, Kates Namen auszusprechen. »Hatte sie vor, beim Jugendamt anzurufen?«
    Marian MacAdam schüttelte den Kopf. »Ich habe sie gebeten, es nicht zu tun. Ich wollte die Angelegenheit privat regeln.«
    »Warum?«
    »Weil Lisa niemals zu mir gezogen wäre, wenn ich die Behörden eingeschaltet hätte.«
    »Vor Gericht hätten Sie verloren.«
    Sie ließ den Kopf hängen. »Ja.« Tränen liefen ihr über die Wangen. Keiner sprach aus, was beide dachten:
Und nun haben Sie Lisa verloren.
Marian MacAdam unterdrückte ein Schluchzen.
    »Wir müssen den Täter finden«, sagte Ethan entschieden. Er wollte nicht, dass die Frau ganz zusammenbrach. Ihren Selbstvorwürfen und ihrem Schmerz würde sie noch oft Raum geben können – ihr ganzes Leben lang. Jetzt kam es darauf an, möglichst viel von ihr zu erfahren, bevor ihre Erinnerungen durch Zeit und Trauer verblassten. »Wir müssen den Ablauf der Ereignisse rekonstruieren.«
    Sie nickte, immer noch mit gesenktem Kopf. Einen Moment lang schloss sie die Augen. Dann wischte sie sich mit dem Taschentuch die Wangen, stopfte es sich in den Ärmel und setzte sich auf. »Ich kann Ihnen nicht viel dazu sagen. Ich war in meinem Ferienhaus.« Was sie wusste, gab sie mit kraftloser Stimme wieder. Als sie fertig war, schloss Ethan die Aktenmappe. Es war 22:07 Uhr. Sie waren beide erschöpft. Er stand auf. »Danke, dass Sie hergekommen sind, Mrs MacAdam.«
    »Kann ich sie sehen?«
    Er griff nach der Mappe. »Das hat Richterin Carson zu entscheiden.«
    Marian MacAdam traten Tränen in die Augen. »Das habe ich befürchtet.« Sie ging zur Tür. In dem hellbraunen Mantel sah sie alt und müde aus. Auf dem Weg durch die Sicherheitstür in die Eingangshalle sagten beide kein Wort.
    »Haben Sie eine Alarmanlage, Mrs MacAdam?«, fragte Ethan dann. Die alte Dame sah aus, als könnte sie bei der geringsten Berührung zusammenbrechen.
    »Ich habe eine Eigentumswohnung, Detective. Die Sicherheitsvorkehrungen in dem Gebäude sind gut.«
    Er nickte. »Denken Sie daran, die Anlage immer einzuschalten.« Bei einer Strafrichterin und besonders bei jemand wie Richterin Carson konnte der Mörder auch jemand sein, der mit der Mutter des Opfers noch eine Rechnung offen hatte.

14
    Mittwoch, 2. Mai, 6:00 Uhr
    Die aufgehende Sonne schien unter dem Rand des Fensterrollos hindurch ins Zimmer und tauchte den Raum in kühles blaues Licht. Es hatte sich gezeigt, dass für Kate wirklich nur ein gutes Gewissen als Ruhekissen taugte. Sie hatte eine schlaflose Nacht voll quälender Selbstvorwürfe hinter sich.
    Sie schlug die Bettdecke zurück und setzte sich auf. Auch wenn Alaska erst seit Kurzem bei ihr wohnte, dieses Zeichen erkannte er sofort. Er tappte zu Kate herüber, wobei seine Hundemarke leise in dem ansonsten stillen Raum klingelte, und schnüffelte an ihrer Hand. Sie strich ihm über den Kopf. »Du bist derzeit das einzig Gute in meinem Leben, alter Junge«, flüsterte sie.
    Wie recht sie hatte, stellte sich heraus, als sie die Haustür öffnete.
    Die Morgenzeitung lag auf der Veranda.
    Kate hob sie auf und wappnete sich innerlich für die Schlagzeile. Trotzdem blieb ihr fast das Herz stehen.
    Tochter von Richterin zerstückelt
, schrie es ihr entgegen.
    Von der Titelseite blickte ihr Richterin Carson anklagend ins Gesicht. Auf dem körnigen Schwarz-Weiß-Foto wirkte sie unerbittlicher denn je.
    Ethan hatte zwar ein paar Stunden geschlafen, fühlte sich aber, als hätte er kein Auge zugetan. Er war schon beim dritten Kaffee, diesen

Weitere Kostenlose Bücher