Im Blut vereint
passieren?«
»Gute Frage. Der Fundort gibt nicht viel her.«
»Die Detectives von der Spurensicherung haben es schon erwähnt – Sie haben weder Kleidung noch andere persönliche Gegenstände gefunden?«
Ethan schüttelte den Kopf. »Nichts. Keine Kleidung, kein Portemonnaie …« Er warf einen Blick auf den Leichensack, der an viel zu vielen Stellen flach war. »Und ihre Gliedmaßen haben wir auch noch nicht gefunden.«
»Offenbar ist sie woanders umgebracht worden.« Dr. Guthro griff nach einem Klemmbrett.
»Ja. Wir hoffen, dass sich auf der Leiche Hinweise darauf finden.« »Hoffen« war zu milde ausgedrückt. Sie brauchten etwas, um weiterzukommen. Da die Reifenspur nicht verwertbar war, hatten sie nichts in der Hand. Inzwischen war Nebel aufgezogen, was die Suche noch erschwerte. Aber auch vorher hatten die Jungs von der Spusi fast nichts gefunden. Unglaublich, wie wenige Hinweise der Fundort hergab. Das verriet viel über den Mörder. Er war klug. Er ging umsichtig vor.
Dr. Guthro blickte über den Rand seiner Zweistärkenbrille. »Dem mutmaßlichen Zeitpunkt des Todes nach zu urteilen, werden wir keine Fingerabdrücke bekommen.«
»Fingerabdrücke?« Lamond sah den Gerichtsmediziner erstaunt an. »Sie hat keine Finger.«
Ethan runzelte die Stirn. »Dr. Guthro meint latente Abdrücke des Mörders.«
Lamond wurde rot. »Ich wusste nicht, dass man an einer Leiche Fingerabdrücke finden kann.«
Dr. Guthro nickte. »Sie sind allerdings schwierig abzunehmen. Aber da sie nach Eintritt des Todes meist nur ein bis zwei Stunden halten, kommt das bei diesem Opfer leider nicht infrage.«
Ethan schluckte seine Enttäuschung hinunter. Eigentlich hatte er gewusst, dass das Mädchen schon zu lange tot war, als dass man an ihr Fingerabdrücke des Mörders finden könnte – falls der Mörder überhaupt welche hinterlassen hatte –, aber irgendwie hatte er trotzdem auf eine Überraschung gehofft. Sie hatten so wenig in der Hand. »Wann ist sie gestorben?«
Dr. Guthro blickte auf sein Klemmbrett. »Ausgehend von der Lufttemperatur – die während der Nacht ziemlich konstant war – schätzen wir den Zeitpunkt des Todes auf ungefähr 23:00 Uhr.« Er legte das Klemmbrett weg. »Also, schauen wir mal, was wir hier haben.«
Die Assistentin öffnete den Leichensack an den Seiten. Der Geruch von totem, blutigem Fleisch stieg Ethan in die Nase. Er blickte zu Lamond. Der hatte die Augen aufgerissen.
Ich wette, deine Fische haben nicht so gerochen.
Dr. Guthro beugte sich über die Leiche und atmete mehrmals tief ein. »Von der Toten geht kein Zyanidgeruch aus«, sprach er ins Diktiergerät.
Er nahm eine Digitalkamera von einem Metalltisch, ging langsam um die nackte Leiche herum und machte Fotos. »Ein schwieriger Fall. Keine Kleidung, auf der sich Spuren finden könnten.« Sein Blick fiel auf die durchtrennten Gelenke. »Dass wir ihre Gliedmaßen nicht haben, ist wirklich ungünstig. Unter den Fingernägeln finde ich meistens exzellentes Spurenmaterial.«
Ethan schaute das Mädchen an.
Lisa.
Ohne Gliedmaßen sah sie nicht wie ein Mensch aus, sondern wie eine Schaufensterpuppe. Und doch hatte sie etwas sehr Menschliches: Gesichtszüge, die immer noch kindlich wirkten, und dazu der freche blond gefärbte Streifen im Haar.
»Kein Anzeichen von äußeren Verletzungen am Torso«, sagte Dr. Guthro, über die Leiche gebeugt. »Aber am Hals sieht das anders aus. Sie wurde erdrosselt. Sehen Sie die Quetschung da?« Sie ging von einer dünnen roten Linie aus, die um den Hals verlief.
»Sieht aus, als hätte er irgendeine Schlinge verwendet«, sagte Ethan.
»Stimmt. Die Quetschung zeigt, dass gleichmäßiger Druck ausgeübt wurde.«
»Ist das die Todesursache?«
Dr. Guthro nickte. »Höchstwahrscheinlich. Sehen Sie die Petechien?«
Er deutete auf die kleinen roten Flecken an ihrem Hals. »Sie sind sehr großflächig vorhanden, auch am Mund und …« – er zog ihr unteres Augenlid herab – »… auf den Lidinnenseiten.« Mit einem großen Baumwolltupfer wischte er behutsam über das Mal, das die Schlinge hinterlassen hatte, steckte den Tupfer in einen Beweisumschlag und vermerkte darauf Fall, Fundstelle und Datum. »Mit Glück geben uns Rückstände auf der Haut einen Hinweis darauf, was der Mörder benutzt hat.«
»Hoffentlich.« Ethan betrachtete die gleichmäßige rote Linie am Hals des Mädchens.
Der Gerichtsmediziner und der Mann von der Spurensicherung umkreisten erneut die Leiche und suchten sie nach
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