Im Blut vereint
Team dabei zusah.
Wie hatte Ferguson wissen können, dass er augenblicklich daran gedacht hatte, Kate anzurufen und sie vorzuwarnen? Trotz allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, hatte er sie nicht unvorbereitet einem Angriff aussetzen wollen.
Aber Kate hatte ihn wegen des Eindringlings auch nicht angerufen – und hatte in Fergusons Blick nicht eine versteckte Warnung gelegen, als sie ihm davon erzählt hatte? Kate hatte ihn nicht einbezogen.
Die Botschaft war eindeutig. Sie wollte keine Hilfe von ihm. Sie nahm lieber den offiziellen Weg.
Also würde er das Gleiche tun.
»Die Polizei ist draußen. Sie wollen mit Ihnen sprechen«, kündigte Liz an. Kate blickte von ihrem Schreibtisch auf. Ihre Nerven waren so angespannt, dass sie sich zittrig fühlte. Ihre platinblonde Assistentin schien ausnahmsweise einmal überrascht, aber Kate war es nicht. Sie wusste, weshalb die Polizei da war, und war erleichtert, aber auch besorgt. Sie hätte gern erfahren, was Lisa passiert war, fürchtete sich aber auch davor.
Weil sie damit auch erfahren würde, was sie angerichtet hatte.
»Schicken Sie sie rein.« Kate schloss den Aktenordner, der vor ihr lag, und holte den Ordner »MacAdam« hervor. Ihre Hände waren plötzlich feucht vor Schweiß. Zwei Detectives traten ein.
Die beiden waren älter als die Männer, die Freitag zu ihr nach Hause gekommen waren. Es waren gestandene Polizisten, und sie trugen Zivil.
»Ms Lange, ich bin Detective Sergeant Ferguson«, sagte die Frau und reichte Kate die Hand. Sie war ungefähr zehn Jahre älter als Kate, und ihr stahlharter Händedruck und der noch härtere Blick standen in krassem Gegensatz zu ihrem offenen, sommersprossigen Gesicht. »Und das ist Detective Constable Redding.« Der Mann nickte. Er hatte ein wettergegerbtes Gesicht und blutunterlaufene, unergründliche Augen.
»Bitte setzen Sie sich doch.« Kate versuchte, ruhig zu wirken, aber ihre Hände schwitzten wie verrückt. Sie setzte sich und wischte die Hände verstohlen an ihrem Rock ab.
Die Polizisten zogen die beiden Sessel an Kates Schreibtisch heran, bis sie direkt vor ihr saßen. Detective Redding nahm eine Mappe aus seiner Aktentasche, legte sie sich auf die Knie und klickte mit dem Stift. Das schien das Startsignal für seine Kollegin zu sein.
»Ms Lange, Sie wissen vermutlich, dass die Enkelin Ihrer Mandantin Marian MacAdam Dienstag früh tot aufgefunden wurde?«, fragte Detective Ferguson.
Tochter von Richterin zerstückelt
. Kate würde diese Schlagzeile ihr Leben lang nicht vergessen. »Ja.«
»Wir glauben, dass der Tod durch Fremdeinwirken verursacht wurde.«
»In der Zeitung stand, dass sie …« Kate brachte das Wort kaum über die Lippen. »… zerstückelt wurde.«
Detective Ferguson nickte. »Ja.«
Kate schluckte. »Wissen Sie, ob sie bei Bewusstsein war, als … das passiert ist?« Sie sah ständig Bilder von Lisas letzten Augenblicken vor sich. Wie der Mörder einen Arm abtrennte. Wie das Mädchen erst ungläubig wimmerte. Dann qualvoll schrie. Wie sie nach ihrer Mutter rief, ihrer Großmutter, nach
irgendjemand
. Wie sie mit Blicken um Gnade flehte. Wie lange hatte es wohl gedauert, bis sie das Bewusstsein verlor?
Plötzlich merkte Kate, dass Detective Redding sie beobachtete. In Detective Fergusons Blick blitzte ein wenig Mitgefühl auf, dann schüttelte sie den Kopf. »Wir dürfen keine Einzelheiten preisgeben, Ms Lange.«
Kate ballte die Hände zu Fäusten. Sie wusste, dass die Polizei solche Informationen nicht freigab, solange die Ermittlungen liefen. Aber Kate
musste
Bescheid wissen.
»An dem Tag, an dem sie verschwunden ist, hat Lisa mit ein paar Straßenkindern herumgehangen«, sagte Detective Ferguson.
»Ach.«
Detective Ferguson beobachtete sie genau. »Lisas Großmutter hat uns erzählt, sie sei wegen Lisa so besorgt gewesen, dass sie bei Ihnen Rat eingeholt hat, wie sie das Sorgerecht für ihre Enkelin bekommen könnte.«
Kate atmete langsam aus. »Ja, Detective, das trifft zu.«
Das ruhige Atmen half nicht. Die Schuldgefühle machten ihr nach wie vor zu schaffen.
»Und welchen Rat haben Sie ihr gegeben?«
Kate blickte Ferguson scharf an.
Netter Versuch, Detective
. »Das kann ich Ihnen nicht sagen, es unterliegt der anwaltlichen Schweigepflicht.«
Detective Ferguson hob eine Augenbraue. Kate sah ihr an, dass sie mit dieser Antwort gerechnet hatte.
»Schön, aber Sie müssen einen guten Grund gehabt haben, weshalb Sie nicht beim Jugendamt angerufen
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