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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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der Geschwindigkeit. So betrachteten es jedenfalls die Unfallexperten. Kate sah es anders. Für sie war das Entscheidende, dass sie einen Moment lang unvorsichtig gewesen war, zu stark auf das Gaspedal getreten hatte und zugleich auf ihre Schwester eingeredet hatte, sie solle sich gefälligst andere Freunde suchen. Solche, die sich nicht mit ihr auf die hintere Veranda hinausschlichen und koksten. Hatte sie zu stark aufs Pedal getreten, weil sie so wütend gewesen war oder weil sie doch etwas zu viel getrunken hatte? Sie würde es nie herausfinden. Welch eine Ironie, dass sie versucht hatte, ihre Schwester vor falschen Entscheidungen zu bewahren, aber selbst eine Entscheidung getroffen hatte, die sich nicht nur als falsch erwies, sondern als fatal.
    Hatte Gennie gelitten? Hatte sie Qualen ertragen müssen, bevor sie für immer das Bewusstsein verloren hatte?
    Die Orgel hob zu einem schwermütigen Trauerlied an. Der Refrain war Kate vertraut. Es schnürte ihr die Kehle zu. Und ihr wurde übel.
    Sie musste hier raus.
    Hastig blickte sie sich um. Sie war in der Kirchenbank gefangen, denn neben ihr saßen drei Mädchen und weinten. Ringsum erhoben sich die Trauergäste, falteten die Programmhefte zusammen, steckten sie ein und murmelten einander Sätze zu wie »Es war eine schöne Trauerfeier«.
    Kate stand auf. Die Luft war erdrückend. Blumige Parfüms, Citrus-Aftershave. Gleich neben ihr ein wirklich billiges Eau de Cologne. Ihr Magen rebellierte.
    Ethan saß weit auf einer Seite des Kirchenschiffs. Die anderen Mitglieder des Teams hatten sich wie abgesprochen an unterschiedlichen Stellen postiert. Walker und Lamond hatten jeden Besucher beim Hereinkommen gefilmt und behielten nun die Ausgänge im Auge. Redding und Brown machten Videoaufnahmen von sämtlichen Autos und Nummernschildern auf dem Parkplatz und in den Seitenstraßen. Nachdem Ethan Kate hatte hineingehen sehen, hatte er einen Platz weiter hinten gewählt. Vor dort aus hatte er alle Kirchenbesucher im Blick. Und zufällig konnte er von dort aus auch Kate gut beobachten. Er hatte gesehen, wie sie das Foto von Lisa MacAdam auf dem Programmheft anschaute. In ihrem Blick lag ein solcher Schmerz, dass sie ihm leidtat.
    Zugleich kamen ihm Zweifel.
    Vielleicht hatte sie die Interessen ihrer Kanzlei doch nicht über die von Lisa gestellt. Vielleicht hatte sie versucht, das Richtige zu tun. Wenn nicht, dann bezahlte sie jetzt dafür.
    Die Orgel spielte einen letzten tiefen Akkord, der in Ethan widerhallte. Der Gottesdienst ging zu Ende.
    Kate stand auf. Gegen das tiefschwarze Kleid wirkte ihr Gesicht erschreckend blass. Das Programmheft fiel ihr aus der Hand. Sie bemerkte es nicht.
    Ihr Gesicht war wie erstarrt. Sie hielt sich an der Vorderbank fest.
    Himmel, wurde sie gleich ohnmächtig?
    Er sprang auf.
    Die mit den Whiskeyaugen sah aus, als könnte sie wirklich einen Schuss Whiskey vertragen.
    Ihr Gesicht war ganz weiß, weißer noch als die Aura, die es umgab. Er blinzelte wieder.
    Sie stand unsicher da und klammerte sich an die Rückenlehne der Kirchenbank vor ihr. An ihren Fingerknöcheln traten die Sehnen hervor. Schöne, starke Sehnen. Fast konnte man die weißen Knochen darunter erkennen. Es juckte ihn in den Fingern, die Konturen mit dem Skalpell nachzuzeichnen.
    Würde sie gleich ohnmächtig werden?
    Wenn er schnell genug war, könnte er sie auffangen.
    Er könnte sie nach draußen begleiten. Zu ihrem Auto – das würde er jedenfalls behaupten, falls jemand fragte. Weg von der Menschenmenge.
    Er tastete seine Tasche ab. Gut.
    Er hatte an die Sonnenbrille gedacht.
    Nur zu gern hätte er sie jetzt aufgesetzt, um die weißen Lichter auszublenden, die in seinem Sichtfeld umhertanzten, doch er konnte warten.
    Er beobachtete die Frau, bereit, sofort aufzuspringen, wenn sich die Gelegenheit bot.
    Das Glück war mit dem Tüchtigen.

17
    Kate stolperte am ersten Mädchen vorbei und trat ihr dabei auf den Fuß. Das Mädchen daneben zog rasch die Füße zurück, aber das dritte …
    Die Galle stand Kate bis zur Kehle. Und arbeitete sich immer weiter nach oben.
    Das dritte Mädchen hatte ihre Handtasche vor ihren Füßen abgestellt. Kates Absatz verfing sich im Riemen. Sie taumelte und stolperte nach vorn in den Gang. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie ein Mann – blond, grauer Anzug – den Arm nach ihr ausstreckte, aber ein anderer Mann kam ihm zuvor.
    »Kate?« Ethan fasste sie am Ellbogen und stützte sie.
    »Ethan?« Sie war erleichtert und verärgert

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