Im Blut vereint
zugleich. Gegen die Übelkeit half das nicht gerade. Kate holte tief Atem. Sie wollte stark wirken. Nicht angeschlagen und kurz davor, sich zu übergeben.
Die ersten Trauergäste näherten sich, auf dem Weg zum Ausgang. Kate blickte sich nach dem blonden Mann um, weil sie sich bedanken wollte, aber er war nicht mehr da.
Ethan führte sie rasch in den Vorraum. »Alles in Ordnung?«
»Ja.«
Nein
. Aber das würde sie ihm gegenüber nicht zugeben. Sie fühlte sich desorientiert inmitten all der Menschen, die hinaus an die frische Luft drängten. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Sie versuchte, Ethans Hand abzuschütteln, aber er fasste stärker zu.
»Ich muss mit dir reden.« Er zog sie quer durch den Vorraum auf eine Seitentür zu, die zum Untergeschoss führte. Vor der Tür stand Lamond. Kate fuhr überrascht zusammen, und auch seine Augen weiteten sich.
»Warte«, sagte sie. Lamond hatte ihnen die Tür geöffnet. »Lass uns draußen reden.«
»Bitte.« Ethans Stimme hatte etwas Drängendes. »Wir haben nicht viel Zeit.«
Lamonds Blick signalisierte Zustimmung.
»Also gut.« Sie wollte sich nur noch hinsetzen und warten, bis die Übelkeit nachließ.
Die Trauergäste hatten die Kirche verlassen. Marian MacAdam wusste, dass sie jetzt im Vorraum stehen und den vielen Hundert Menschen danken müsste, die gekommen waren, um Lisa die letzte Ehre zu erweisen.
Aber sie war wie erstarrt. Wie erfroren. Sie empfand nichts. Auch von ihrer Umgebung nahm sie nichts wahr. Als sie sich schließlich erhob, konnte sie ihre Beine nicht spüren.
Sie geriet ins Schwanken.
Eine Hand stützte sie. Sie sah auf die Finger, die ihren schwarzen wollenen Ärmel umfasst hielten. Es war die Hand ihres Sohnes.
Sie wartete darauf, dass er die Hand zurückzog.
Stattdessen legte er die Finger schützend um ihren Ellbogen.
Sie sah ihn überrascht an.
Er blickte ihr in die Augen. Und endlich kamen ihr die Tränen.
Sie flossen völlig ungebremst, und auch ihm liefen Tränen über die grauen Wangen.
Ethan führte Kate durch die Tür zum Untergeschoss und half ihr die Stufen hinab. Lamond schloss hinter ihnen die Tür.
Die Luft war feucht und muffig. Die Kühle ließ Kates Übelkeit abflauen. Sie stützte sich auf das Treppengeländer und versuchte Ethans Hand abzuschütteln.
Er tat so, als ob er es nicht bemerkte. Sie kamen zu einem kleinen Garderobenraum. Auf halber Höhe waren Kleiderhaken an den Wänden befestigt, und darüber tummelten sich Lämmer und kleine Enten. Ein Kinderrucksack lag vergessen in einer Ecke.
Kate wandte sich zu Ethan um. Er war formell gekleidet, und der dunkler Anzug mit der mitternachtsblauen Krawatte stand ihm sehr gut. Sehnsucht erwachte in ihr. Sie wollte ihn immer noch. Das war das Schlimmste.
»Wir müssen miteinander reden«, sagte er. Bei Kate klingelten die Alarmglocken. Am Freitagabend vor ihrem Haus hatte er dasselbe gesagt. Und dann hatte er ihr eine Anschuldigung nach der anderen an den Kopf geworfen.
Das würde sie nicht noch einmal mit sich machen lassen. Bei all dem, was sie für ihn empfand, war Angriff ohnehin die beste Verteidigung. »Ich habe nur eins mit dir zu bereden«, sagte sie barsch, »nämlich warum du mich den Wölfen vorgeworfen hast.«
»Den Wölfen?« Erst blickte er überrascht, dann schuldbewusst.
»Ja. Den Wölfen. Was glaubst du, wie ich mich gefühlt habe, als mich dein Team überfallen hat, ohne dass du mich vorgewarnt hattest? Und das, nachdem ich dir wegen Lisa MacAdam Bescheid gesagt hatte!« Das hatte wirklich wehgetan.
Seine Miene verhärtete sich.
Gut. Sie hatte ihn verärgert.
»Und warum hast du mich nicht angerufen, als du Freitagnacht diesen Eindringling überrascht hast?«
Sie blickte ihm fest in die Augen. »Weil du mir kurz vorher an den Kopf geworfen hattest, dass ich dich anlüge. Erinnerst du dich?«
Röte stieg ihm ins Gesicht.
Das Blut pochte ihr in den Schläfen. Sie wollte endlich nach Hause und ihr Gesicht in Alaskas Fell vergraben. »Ich muss jetzt gehen.«
»Warte. Ich brauche ein paar Auskünfte.«
Sie wurde unruhig. »Ich kann dir nicht helfen.«
»Ich denke doch. Ich muss wissen, ob Marian MacAdam irgendetwas zu dir gesagt hat, was sich als Mordmotiv für Hope Carson auslegen ließe.«
Kate bekam eine Gänsehaut. »Du glaubst, dass Hope Carson Lisa umgebracht hat?« Unwillkürlich rieb sie sich die Arme.
»Sie ist eine der Verdächtigen.«
»Aber warum?« Wie sollte Carson ein derart schreckliches Verbrechen an der
Weitere Kostenlose Bücher