Im Blut vereint
die eine Art, die ihr am meisten wehtun würde.
Er fuhr sich nochmals mit der Hand durchs Haar. »Wir müssen Lisas Mörder fassen. Damit er für seine Tat bezahlt. Oder sie.«
Sie sah Lisas Gesicht vor sich, schmerzverzerrt. Kate schloss die Augen. Trauer und Schuldgefühle überwältigten sie. Ihr Herz raste. Sie versuchte, ruhig zu atmen.
»Wenn du mir sagen könntest, was du über Richterin Carsons Verhältnis zu Lisa weißt …«
Kate schlang die Arme um sich. »Ich weiß gar nichts darüber. Das ist die Wahrheit.«
»Kannst du mir denn deine Notizen zeigen? Vielleicht findet sich darin ein Hinweis.«
Etwas, was dir entgangen ist.
Er musste es nicht aussprechen. Sie beide wussten, was er dachte.
Kate versuchte sich an ihr Gespräch mit Marian MacAdam zu erinnern. Es hatte nichts Wichtiges ergeben. Andererseits wusste sie nicht, was die Polizei bisher herausgefunden hatte. Vielleicht fand sich in ihren Notizen ja doch ein entscheidender Hinweis. Kate blickte auf die Lämmer an der Wand. Sie verdienten es nicht, abgeschlachtet zu werden.
»Okay«, sagte sie schließlich. »Aber wenn das jemals rauskommt, wird mir die Anwaltslizenz entzogen. Das weißt du.«
Ethan wirkte jetzt etwas gelöster. »Von mir erfährt es niemand.« Er hob die Hand, um sie am Arm zu berühren. Als sie zurückwich, hielt er inne und ließ die Hand sinken. »Danke.«
Sie wollte keinen Dank von ihm. Er hatte ihr schlechtes Gewissen als Waffe gegen sie benutzt. Er hatte sie so geschickt manipuliert wie einen seiner Verdächtigen. Und er hatte sie da treffen wollen, wo es sie am meisten verletzt hätte: in ihrer Würde. »Im Gegenzug …«
Er blickte erstaunt. »Im Gegenzug?«
Sie verschränkte die Arme. »… will ich auch eine Auskunft.«
Das hatte er nicht erwartet. Jetzt hatte sie ihn in die Enge getrieben. Und seine Miene verriet, dass ihm das gar nicht gefiel.
»Was willst du denn wissen?«, fragte er argwöhnisch.
»Hat Lisa leiden müssen?«
Er seufzte tief auf. Ob aus Erleichterung, weil sie nichts fragte, was die Ermittlungen gefährden konnte, oder ob er an der Frage erkannte, was in ihr vorging, hätte Kate nicht sagen können. »Laut Gutachten des Gerichtsmediziners wurde sie unter Drogen gesetzt und dann erwürgt. Die Glieder wurden erst danach abgetrennt.«
»Und hat sie gelitten?« Ihre gesamte Aufmerksamkeit war auf ihn gerichtet.
»Vermutlich nur sehr wenig.«
Kate schloss kurz die Augen. Vor Erleichterung wurde ihr erneut übel.
Ein Handy klingelte.
Verlegenes Schweigen kehrte ein, während sie beide in ihre Taschen griffen. »Es ist meins«, sagte Ethan und klappte sein Telefon auf. »Drake.« Er hörte einen Moment zu. »Alles klar. Ich komme.« Er klappte das Handy zu und steckte es wieder ein. »Ich muss gehen. Ferguson will das Gästebuch durchgehen und die Videoaufnahmen sichten.«
»Videoaufnahmen?«
»Ja, wir haben an allen Ausgängen Kameras installiert. Vielleicht ist der Täter auf einer der Aufnahmen.«
»Ihr glaubt, dass er hier war?« Sie fröstelte.
Ethan nickte. »Ja. Das kann gut sein.«
Sie ging vor Ethan die schwach beleuchtete Treppe hinauf. Lamond öffnete ihr die Tür. »Deb ist unterwegs, Ethan.«
»Ja, sie hat mich gerade angerufen.« Ethan wandte sich an Kate. »Ich brauche das Material so schnell wie möglich«, sagte er leise.
»Du kannst es morgen früh haben. Komm um zehn bei mir vorbei.«
»Danke, Kate.« Er legte etwas Wärme in seine Stimme, aber Kate war zu verletzt, um darauf zu reagieren. Sie hatte bemerkt, wie er sie angeschaut hatte. Sie wusste, was er dachte: erst ihre Schwester, jetzt Lisa. »Du gehst jetzt besser.« Er blickte über die Schulter. Als er Deb auf sie zukommen sah, fügte er flüsternd hinzu: »Das muss unter uns bleiben.« Er legte ihr sanft die Hand auf den Rücken. »Tu so, als hätten wir uns rein zufällig getroffen. Nimm den Haupteingang. Sieh dich nicht um.«
Kate durchquerte rasch den Vorraum und blieb erst stehen, als sie durch die Doppeltür getreten war und die Sonne auf ihrem Gesicht spürte. Ethans Worte hallten in ihr nach.
Sieh dich nicht um.
Welch eine Ironie. Da versuchte sie ihr ganzes Leben lang voranzukommen und schaute letztendlich doch immer nur zurück. Weil sie stets vor ihren Fehlern davonlief.
18
Sonntag, 6. Mai, 0:02 Uhr
Er stand auf und tappte ins Wohnzimmer. Nach dem Trauergottesdienst hatte er erst einmal schön lange geschlafen. Nun fühlte er sich wieder frisch.
Er ging zum Kühlschrank und nahm sich
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