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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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sich. Da hatte er Mist gebaut. Marian MacAdam zu einer neuen Mitarbeiterin zu schicken, war unbesonnen und dumm gewesen. Wenn er sich selbst gegenüber ehrlich war, war es ihm lediglich darum gegangen, John Lyons’ Neuerwerbung mit so vielen Fällen aus dem Familienrecht zu überhäufen wie möglich. Um John Lyons zu vermitteln, dass er nicht mehr der Boss war.
    »Es schien mir vernünftig«, sagte er leise und gelassen. Kaum hatte er es ausgesprochen, wurde ihm klar, dass er die Sache falsch angegangen war.
    »Verarsch mich nicht, Randall«, fuhr sie ihn an. »Du hast Mist gebaut. Wenn irgendjemand diese Akte zu Gesicht bekommt, heißt es sofort, ich hätte Lisa in den Tod getrieben.« Ihre Stimme zitterte kurz, doch sie bekam sich sofort wieder in den Griff. »Diesmal gewinnt Marian nicht.«
    »Marian hat auch beim letzten Mal nicht gewonnen. Kate Lange hat ihr geraten, die Sache nicht weiterzuverfolgen. Damit hat sie dir den Ar…, den guten Ruf gewahrt.« Und den Ruf der Kanzlei, wie ihm in diesem Augenblick bewusst wurde. Die Standpauke, die er ihr am Donnerstag gehalten hatte, war unverdient gewesen.
    »Unsinn. Sie hat meinen Ruf ruiniert. Gegenüber der Polizei. Sie hätte nie dort anrufen dürfen. Das verzeihe ich ihr nie.«
    Du meinst, du verzeihst es dir selbst nicht.
Aber würde sie das je erkennen? Oder würde sie lieber Kate hassen, weil sie allen gezeigt hatte, dass die Anwältin ihrer Schwiegermutter sich mehr um Lisa sorgte als Hope selbst? Wie er Hope kannte, würde sie diese bittere Pille wahrscheinlich nie schlucken wollen.
    »Sorg einfach dafür, dass die Akte nichts enthält, was die Medien gegen mich verwenden könnten.«
    Die Worte hallten in seinem Schweigen nach. Randall blickte auf sein Abschlusszeugnis, das ihm gegenüber an der Wand hing. Er begriff sehr wohl, worum Hope da bat. Um ihren Wunsch zu erfüllen, würde er nicht nur gegen seine beruflichen Grundsätze als Jurist, sondern auch gegen seine persönlichen Maßstäbe verstoßen müssen. Und Kate Langes Vertrauen missbrauchen.
    Er senkte die Stimme. »Hope, verlang das nicht von mir …«
    »Bitte.« Ihre Stimme war rau.
    Er schloss die Augen. Das einzige Kind dieser Frau war auf schreckliche Weise ermordet worden. Und aus Kates Notizen ging deutlich hervor, dass Hope ihre Tochter vor ihrem Tod sich selbst überlassen hatte. Vielleicht war Lisa ja aus reiner Verzweiflung über das Verhalten ihrer Mutter zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    »Randall, bitte tu mir diesen Gefallen.« Es klang mutlos. Er konnte sich nicht vorstellen – wollte sich nicht vorstellen –, wie er sich an ihrer Stelle fühlen würde. Sie hatte schon so viel zu ertragen. Da musste nicht noch die ganze Stadt über ihre Versäumnisse Bescheid wissen. Zumal sie Gerüchten zufolge als Kandidatin für die unbesetzte Stelle beim Supreme Court gehandelt wurde. Vielleicht war das im Moment sogar das Einzige, was sie durchhalten ließ.
    »In Ordnung«, sagte er leise.
    Sie atmete heftig ein. Es hörte sich fast wie ein Schluchzen an. »Danke.« Die Verbindung wurde getrennt.
    Randall legte den Hörer auf und starrte ihn lange an.
    Dann schob er den Stuhl zurück und stand langsam auf.
    Kates Büro war eine Etage tiefer. Er ging den Flur entlang.
    Zweimal blieb er stehen und war kurz davor, in sein Büro zurückzukehren. Was er hier vorhatte, widersprach allem, wofür er sich mit seiner Arbeit einsetzte. Aber jedes Mal kehrten seine Gedanken zu Hopes Tochter zurück, die nun mit einem Stoffhund neben sich im Sarg lag. Die auf schreckliche, unvorstellbar grausame Weise gestorben war. Wie sollte eine Mutter mit dem Wissen weiterleben, dass sie ihr Kind im Stich gelassen hatte, gerade als es sie am meisten brauchte? Nach Hopes Tonfall zu urteilen – mutlos, hoffnungslos, wütend –, ließ ihr diese Erkenntnis keine Ruhe mehr. Er durfte es ihr nicht noch schwerer machen. Ihn hatte das Unglück nicht getroffen. Seine Tochter saß sicher und zufrieden in ihrem blau und grün eingerichteten Zimmer in Toronto, umgeben von Stofftieren und von Menschen, die sie liebten. Auch wenn er eigentlich nicht an Gott glaubte: Vielleicht trug dieser Akt der Freundlichkeit Hope gegenüber ja mit dazu bei, dass seine eigene Tochter von den Wölfen auf den Straßen der Stadt verschont wurde.
    Er bog in den Gang zu Kates Büro ein. Es war ganz still, sogar die Klimaanlage war übers Wochenende abgestellt. Fast hoffte er, Kate möge in ihrem Büro sein. Dann hätte er seinen

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