Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
Vom Netzwerk:
gäbe.«
    »Und Sie haben diesen Seiten tatsächlich etwas entnehmen können?«
    »Ja, aber ich bezweifle, dass ich den gesamten Text werde entziffern können, da manche Passagen vollständig zerstört sind. Er ist heftigen Übergriffen ausgesetzt gewesen. Sehen Sie, manche verkohlte Stellen weisen darauf hin, dass es einen Brand überstanden hat. Lello hat Schimmelproben entnommen, um zu bestimmen, ob sie eine Gefahr für die Instandhaltung darstellen. Zum Glück sind sie nicht mehr aktiv, sondern abgestorben, vollkommen ausgetrocknet. Das Gesamtergebnis der Untersuchung ist positiv, was bedeutet, dass ich einen Großteil des Textes auf ganz normale Weise werde interpretieren können.«
    »Wirklich beeindruckend!«
    Woods schaltete eine Kamera ein und bat Nathan, das Manuskript geöffnet auf eine Metallplatte zu legen, die von zwei schwarzweißen Linealen gerahmt wurde. Dann verdunkelte er das Laboratorium mit Hilfe einer Fernbedienung. Nur das purpurrote Licht der Videosensoren tanzte in der künstlichen Nacht.
    »Der erste Schritt besteht darin, diese Infrarotkamera zum
Einsatz zu bringen. Sie erlaubt es, die Schrift auf dem geschwärzten Velin zu erkennen.«
    Während er auf der Tastatur tippte, setzte der Engländer seine Erklärungen fort.
    »Ich stelle die Blende auf maximale Öffnung ein… Das Einstellen ist nicht ganz einfach… Etwas mehr Kontrast … Ja, jetzt, so ist es gut!«
    Direkt über ihnen baute sich auf dem Monitor ein Negativbild auf, während die Kamera über das Pergament fuhr. Schatten- und Haarstriche, feine Buchstaben erschienen wie von Zauberhand … Nathan las:
    … 18. Mai … Jahr… 1694
    »Der Stil weist darauf hin, dass der Text von einem Mann geschrieben wurde. Leider sind die folgenden Zeilen schwer zu entziffern. Wenn man eine Vorstellung vom Text hat, wenn es sich zum Beispiel um ein altes Testament handelt, dann kann man die Lücken deuten. Hier ist es schwieriger. In der Transkription fehlen ein paar Stellen, Sie werden sehen, ich habe sie durch Auslassungspunkte dargestellt. Es ist ratsamer, nicht zu extrapolieren, denn das könnte uns auf die falsche Fährte führen.«
    Woods schaltete die Kamera aus und die Neonleuchten ein, ging zu einem Computer und schob eine CD hinein. Eine Liste von Dateinamen erschien auf dem Bildschirm; er drückte auf »Elias«.
    »Jetzt kommt das konfokale Mikroskop zum Einsatz. Es wird häufig in der medizinischen Bildherstellung benutzt, um die Struktur der menschlichen Zellen zu erforschen. Mit seiner Hilfe kann eine plane Fläche in ein 3D-Bild umgewandelt werden. Nachdem jedes Blatt Parzelle für Parzelle fotografiert worden ist, überträgt man die Daten in einen Computer, der alles zusammensetzt und es ermöglicht, durch das Buch zu reisen,
wie man durch den menschlichen Körper reist. Man kann jetzt so ungefähr alles machen, vorausgesetzt, der Text ist nicht zu sehr beschädigt worden. Bei diesem Text musste ich lediglich den Kontrast der Tinte verstärken. Bei anderen Passagen, wo die Pigmente getilgt worden sind, ist es möglich, die Narben zu erkennen, die die Feder hinterlassen hat. Auf diese Weise konnte ich die Sätze rekonstruieren.«
    Nathan sah auf dem Bildschirm ein dreidimensionales Bild des Manuskripts erscheinen, das sich um sich selbst drehte. Die Velinblätter, die auf den ersten Blick und bei der Berührung so weich schienen, waren jetzt von Verunstaltungen bedeckt. Das Bild wurde größer. Große organische Arabesken breiteten sich über eine Oberfläche aus, über die man hinwegzufliegen schien, bevor man in die verschiedenen Schichten des Materials eintauchte.
    Woods Bewegungen waren schnell und präzise.
    »Man kann es in jede Richtung manipulieren. Ich habe die ersten dreißig Seiten behandelt. Das Ergebnis ist ziemlich gut. Sehen Sie…«
    Er drückte eine Taste, und eine andere Seite erschien, flach und marmoriert von bläulichen Adern, die wie Hämatome aussahen. Erneut erschien der Text. Nathan konnte die geschwungenen Linien erkennen, die Elias geschrieben hatte, aber es war unmöglich, sie zu entziffern. Die Buchstaben sahen merkwürdig aus, zerschrammt, als seien sie mit zitternder Hand geschrieben worden. Nathan fragte: »Finden Sie die Schrift nicht ein wenig …«
    »Gequält?«
    »Ja, gequält …«
    »Ich habe das auch bemerkt. Dafür kann es mehrere Gründe geben. Als der Autor dieses Tagebuch geschrieben hatte, war er vielleicht krank oder von Sorgen geplagt. Hoffen wir, dass die Fortsetzung des

Weitere Kostenlose Bücher