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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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spezielle Ausbildungen für die Therapien von multiplen Persönlichkeitsstörungen zu entwickeln. Statt der psychoanalytischen Methode bevorzugen sie die Hypnose. Der Grundgedanke ist, wie Sie eben selbst angeregt haben, das Trauma zu reaktivieren. Den Spezialisten zufolge sollen die Genesungschancen sehr hoch sein, aber leider ist die Behandlung äußerst langwierig.«

    »Wie lange?«
    »Im Durchschnitt sechs Jahre … Ich werde Ihnen helfen, eine Gruppe in Paris zu finden. Dort leben Sie nämlich.«
    Wenn sie ihm den Weltuntergang hätte ankündigen wollen, hätte die Neurologin sich auch nicht anders verhalten, aber Nathan blieb ungerührt. Er bat: »Ich würde gern mit jemandem aus meiner Familie sprechen.«
    »Wir haben sie verständigt, aber es ist noch zu früh. Wir wissen nicht, wie Sie auf eine solche Gegenüberstellung reagieren werden. Der Schlag, den Sie auf den Kopf bekommen haben, hat uns ganz schön Angst gemacht. Je weniger Schläge Sie bekommen, desto besser wird es Ihnen gehen.«
    »Wann werde ich mich sehen können?«
    »Sofort, wenn Sie wollen. Ich habe schon darauf gewartet, dass Sie darum bitten. Folgen Sie mir.«
    Larsen führte ihn ins Badezimmer.
    Nathan stellte sich allein vor den großen Spiegel, der neben dem Fenster hing. Die Konturen des Zimmers verschwanden nach und nach hinter den merkwürdigen Kurven, die im Oval des Spiegels Gestalt annahmen.
    Wie es aussah, war er einen Meter fünfundachtzig groß. Ein kräftiger Körper mit festen Muskeln, breiten Schultern und langen, dürren Armen, durchzogen von geschwollenen Adern. Blaue Flecke auf seiner Haut wiesen auf seinen Unfall hin. Eine breite gelbliche, von geronnenem Blut gemaserte Narbe prangte auf seinem Becken. Eine weitere violette zog sich quer über seine Brust. Er hatte Mühe, das Bild in seiner Gesamtheit zu betrachten. Deshalb ging er näher heran, um sich auf die Details zu konzentrieren…
    Große mandelförmige Augen, die von langen Wimpern noch betont wurden, und dichte, dunkle, wohlgeformte Brauen. Die Iris, merkwürdig honigfarben, war gesprenkelt mit helleren Flecken, die wie winzige Goldpailletten, die darin eingeschlossen waren, seinem Blick einen verwirrenden Glanz verliehen.
Seine Haut … seine Haut war matt, und seine Nase gebogen wie ein Adlerschnabel. Er ließ seinen Blick die glatten Kurven entlanggleiten. Von seinem geschwollenen Mund führte eine alte Narbe schräg bis zur Mitte seiner rechten Wange, was seinem Gesicht einen leicht grinsenden Ausdruck verlieh. Sein schwarzes Haar war sehr kurz geschnitten. Vermutlich der Standardschnitt der neurologischen Abteilung.
    Nach und nach fügten seine Gesichtszüge sich zu einem homogenen Bild zusammen. Sein Gesicht war eine ziselierte, reglose Maske, über die zwei warme Tränen liefen, ein unbekannter Reflex, der ihn schwindlig machte. Er spürte, wie er in einen Abgrund stürzte. Lisa Larsen hielt ihn am Arm fest.
    Aus dem Nichts war er jemand geworden.
    3
    An diesem Morgen verließ Nathan zum ersten Mal den Weg, den der Frost gegraben hatte, und wagte sich in den tiefen Schnee, um seinen Körper auf die Probe zu stellen. Von Zeit zu Zeit drehte er sich um, um die Fußabdrücke zu betrachten, die er als einzige Beweise für seine Existenz in der dicken pulvrigen Decke hinterlassen hatte.
     
    Obwohl es ihm dank Doktor Larsen, die ihn im Rhythmus der ewigen Dämmerungen des Hohen Nordens besuchte, etwas besser ging, wusste er noch immer nicht viel mehr über sich.
    Seine persönlichen Daten. Nathan, Paul, Marie Falh / Geboren am 2. 09. 1969. Beruf: Taucher / Ständige Adresse: 6 bis , rue Champagne-Première, 75014 Paris, Frankreich. Die Hypothese, die die Psychiaterin, eine überzeugte Freudianerin, vertrat, lautete: Er war das Opfer einer Verdrängung. Doch da keinerlei Informationen über sein Leben oder eine eventuelle
Krankengeschichte verfügbar waren, blieben die Gründe dafür unverständlich. Es war klar, dass das Trauma, das er erlitten hatte, der Auslöser gewesen war, aber die Ursache des Problems lag in ihm, verborgen irgendwo in den Verästelungen seines Geistes. Nur er allein konnte die Krankheit, die ihn befallen hatte, überwinden.
    Sehr bald schon hatte man Nathan eine Kopie der Dokumente gegeben, die sich auf seinen Unfall bezogen. Da stand alles, gedruckt in kleinen, gräulichen Buchstaben auf den Formularen, die der Arzt von Hydra bei seiner Aufnahme ausgefüllt hatte. In der Hoffnung, eine Reaktion auszulösen, hatte Nathan den Bericht

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