Im Blutkreis - Roman
Familie wiedersehen, das Tageslicht … Ich will nach Hause. Ich bin sicher, dass alles in dem Augenblick zurückkommen wird, wenn ich meine Wohnung betrete.«
»Das ist kompliziert, aber vielleicht kann ich Ihnen helfen«, sagte Strøm nach einer Weile.
»Mir helfen? Und wie?«
»Tja, also, ich kann mir Ihre Akte noch einmal vornehmen und mich bemühen, erneut Kontakt zu den Mitgliedern Ihrer Familie aufzunehmen, die Dr. Larsen vielleicht schon zu erreichen versucht hat.«
» Vielleicht? Was wollen Sie damit andeuten?«
»Hat Dr. Larsen Ihnen eine Kopie Ihrer Akte ausgehändigt?«
»Ja, natürlich.«
»Haben Sie darin Namen, Orte, Telefonnummern gefunden, die die Ihrer Angehörigen sein könnten?«
»Nein, aber …«
Ein furchtbarer Zweifel befiel Nathan. Was versuchte Strøm ihm da zu sagen? Dass Larsen etwas vor ihm verbarg? Das ergab keinen Sinn … Die Psychiaterin war das einzig beständige, zuverlässige und beruhigende Element in der Leere, die ihn umgab.
Er wiederholte: »Was wollen Sie andeuten?«
»Nichts, junger Mann, es kommt mir vor, als würden Sie mich um Hilfe bitten, und ich biete sie Ihnen an, das ist alles.«
Strøms Ton war schneidend, unwiderruflich.
»Da Dr. Larsen es für gefährlich hält, Sie zu früh mit Ihren Angehörigen zusammenzubringen, biete ich Ihnen lediglich an,
Ihnen die Möglichkeit zu geben, direkt mit ihnen zusammenzukommen. Sie brauchen jetzt Ruhe. Gehen Sie schlafen, ich werde mich wieder bei Ihnen melden, sobald ich Ihnen mitteilen kann, was ich herausgefunden habe.«
Strøm blickte auf seine Uhr und erhob sich abrupt.
»Entschuldigen Sie, aber ich muss mich jetzt verabschieden.«
Nathan hatte sich gleichzeitig mit dem Hünen erhoben, der ihn um mehr als einen Kopf überragte. Sie schüttelten sich die Hand.
»Dann also bis später. Versuchen Sie, gut zu schlafen.«
Strøm entfernte sich rasch, ohne ihm Zeit für eine Antwort zu lassen. Nathan spürte, wie ihm eiskalter Schweiß den Rücken hinunterlief. Er hätte nicht sagen können, was es war, aber irgendetwas stimmte nicht im Verhalten des Arztes. Er oder Larsen, einer von beiden log ihn an.
Er kehrte über die Personaltreppe in die neuropsychiatrische Abteilung zurück. Diese Begegnung hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, das unerklärliche Gefühl drohender Gefahr.
Er musste nachdenken. Er ging schneller, um sich in sein Zimmer zurückzuziehen. Als er die Tür zum zweiten Stock aufstieß, stand er plötzlich Dr. Larsen gegenüber.
Sie schien erleichtert über das Zusammentreffen.
»Nathan, guten Abend! Wo sind Sie gewesen?«
»Ich bin spazieren gegangen. Etwas weiter als sonst, ich brauchte einfach frische Luft.«
»Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.« Ihre hellen Augen blickten ihn fragend an. »Geht es Ihnen nicht besser?«
Er nahm sich die Zeit, sie prüfend anzusehen, bevor er antwortete; er fand nicht das geringste Zeichen von Falschheit in diesen Augen.
»Es wird immer schlimmer, ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich habe das Gefühl, verrückt zu werden.«
»Kommen Sie, ich begleite Sie auf Ihr Zimmer.«
Sie gingen den Korridor entlang. Nach kurzem Nachdenken fragte Larsen: »Was empfinden Sie im Augenblick?«
»Das ist schwer zu erklären, es sind irgendwie nicht genau definierbare Anfälle … die mich innerlich quälen.«
»Und was löst diese Anfälle aus?«
»Eigentlich habe ich sie ständig, aber manche Ereignisse können sie verstärken.«
»Zum Beispiel?«
»Ein unerwartetes Geräusch … Jemand, der mich ohne mein Wissen beobachtet…«
»Jemand, der Sie beobachtet … ohne Ihr Wissen?«
»Ja … na ja, nein… ich weiß auch nicht.«
Nathan schwieg; dann erklärte er: »Ich muss Ihnen etwas sagen …«
»Ja?«
»Also … Ich habe eben mit Dr. Strøm gesprochen, er scheint Ihre Ansicht nicht zu teilen, und ich muss zugeben, dass …«
Lisa unterbrach ihn: »Mit wem haben Sie gesprochen?«
»Mit Dr. Strøm. Ich bin ihm in der Cafeteria begegnet. In Wirklichkeit habe ich mich an ihn erinnert, an seine Gestalt. Er hat mich im Aufwachraum besucht.«
Larsen blickte ihn erstaunt an. »Sind Sie wirklich sicher?«
»Absolut.«
Sie blieb stehen. Ihr Gesicht war bleich geworden. »Was ist das für eine Geschichte, Nathan?«
»Was meinen Sie … ?«
»Beruhigen Sie sich, ich mache mir einfach Sorgen um Sie, verstehen Sie.« Sie wirkte plötzlich bekümmert. »Das, was Sie da sagen, beunruhigt mich.«
»Was ist los? Reden Sie, verdammt!«
»Der
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