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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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schon damals nannte, sind ums Leben gekommen. Manche sind geblieben, andere sind in die Nachbarländer geflohen, Burundi, Uganda und Zaire. So wie die FPR erwarteten die damaligen Hutu-Milizen die Flüchtlinge an den Grenzen. Damals etablierte sich ein System der Exfiltration, und die Tutsi begannen, wie die Vietcong, als sie sich während des Vietnamkriegs in den Wäldern versteckten, unterirdische Gänge zu graben, um nach Zaire zu gelangen. Diese Netze waren den Einwohnern des Kiwu-Gebiets bekannt, und 1994 erkannten die Gerissensten von ihnen darin eine Gelegenheit, sich zu bereichern, indem sie diejenigen, die über die entsprechenden Mittel verfügten, ins Land brachten, ohne dadurch in Bedrängnis zu geraten. Die meisten dieser Tunnel sind eingestürzt, aber drei oder vier sind noch vorhanden. Einer von ihnen führt in der Nähe des Camps von Katalé ins Freie.«
    »Und was haben die Geister damit zu tun?«
    »Wie ich sagte, sie lebten in der Erde. Und manche meiner Männer mussten ebenfalls wiederholt in diesen Stollen hinuntersteigen. Und dort haben sie Schreie gehört, das furchtbare Geschrei der Geister, die das Menschenfleisch verschlangen.«
    Nathan fuhr sich durch sein kurzes Haar und fragte: »Sagen Sie, Hauptmann … Was haben Ihre Männer ›wiederholt‹ in diesen Stollen gemacht?«
    »Na ja … sie waren auf Erkundung …«
    »Und sie sind nicht tiefer hinuntergestiegen, sie waren nicht neugierig, wo die Schreie herkamen?«
    »Nein, sie hatten zu große Angst.«
    »Wo sind diese Stollen?«
    »Das ist vertraulich. Militärgeheimnis«, wich Kahékwa aus.
    Nathan schwieg und blickte dem Hauptmann unverwandt in die Augen. Und da begriff er: das Haus, der 4 x 4, die Satellitenschüssel, der imposante Fernseher, der in dem Zimmer thronte. Unvermittelt änderte er den Ton: »Sag mal, Hauptmann,
womit hast du das Geld verdient, mit dem du all das kaufen konntest? Drogen? Gold? Edelsteine? Oder was?«
    »Nathan …«, protestierte Juma.
    »Halt dich da raus.«
    Nathan näherte sich Kahékwa und wiederholte: »Oder was?«
    Der Betrunkene schwieg. Er beobachtete sein Gegenüber mit seinem einen Auge, das andere, gelbe, schien sich vor Angst wie eine Molluske in ihr Gehäuse zurückgezogen zu haben. Nathan sprang auf, packte Kahékwa am schlaffen Fleisch seines Doppelkinns und zog ihn zu sich heran, bis er seine Alkoholfahne riechen konnte.
    »Soll ich dir was sagen, Hauptmann, die Fluchthelfer, das waren DU… DU UND DEINE MÄNNER. Wer außer Militärpersonen hätte sich in dieses Gebiet gewagt? Ihr habt die Flüchtlinge an der Grenze erwartet, auf dem Gebiet von Ruanda, und habt sie erpresst. Wenn sie nicht bezahlten, habt ihr sie den Schwadronen der FPR ausgeliefert. Sag mir, ob ich mich irre.«
    »…«
    »IRRE ICH MICH?«
    »Wir haben… wir haben ihnen geholfen. Wir haben uns ebenfalls in Gefahr gebracht … Sie waren uns ewig dankbar.«
    »Du bist ein Schwein, aber das ist deine Sache. Jetzt HÖR ZU, ich brauche diese Information, und ich werde auf keinen Fall noch mehr blechen. Du antwortest, und ich verschwinde. Wenn du weiterhin große Töne spuckst, wirst du dein blaues Wunder erleben.«
    »Wenn … wenn du mehr wissen willst, musst du noch mehr bezahlen … fünfzig Dollar …«
    Nathan sah, wie die Kahékwas Hand zwischen den Kissen des Sofas verschwand.
    Noch bevor der Hauptmann seine Pistole auf ihn richten konnte, hatte Nathan ihm bereits seine Faust ins Gesicht geschlagen. Die unförmige Nase begann heftig zu bluten. Nathan
entriss dem Hauptmann die Pistole und drückte sie auf sein gesundes Auge.
    »WO IST DIESER STOLLEN?«
    »Ich bin Hau … Hauptmann der Armee …«
    »Du bist nichts, nur ein erbärmlicher Trunkenbold. Entweder du redest jetzt, oder ich verspreche dir, dass du in Zukunft nur noch an Krücken gehen kannst«, brüllte Nathan und presste den Pistolenlauf noch fester auf das Auge des Hauptmanns.
    »Letztes… letztes Jahr sind die Leute von Katalé… zu mir gekommen…«, stammelte Kahékwa zwischen den Fäden blutigen Nasenschleims, die seinen Mund besudelten. »Sie wollten wissen, wo er sich befindet …«
    »WARUM?«
    »Ich weiß nicht … ich habe ihn den Jungen gezeigt …«
    »Ein Name. RASCH!«
    »Einer von ihnen, ein Großer… er hieß … Jean … Jean-Baptiste … er muss sich noch immer dort herumtreiben …«
    31
    Das Camp lag auf der Flanke des Vulkans, einem ausgedehnten Hang aus gräulichem Schlamm, vermischt mit Abfall. Zwischen den

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