Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
Vom Netzwerk:
haben«, unterbrach Nathan ihn und legte einen Zwanzig-Dollar-Schein auf den Tisch.«
    »Ha ha ha …« Kahékwa lachte hämisch.
    »Können Sie sich an das Verschwinden von Personen in der Umgebung des Camps oder im Camp selbst erinnern, das nicht unmittelbar mit dem Völkermord in Verbindung stand?« Nathan dachte an die Dimension des bösen Zaubers, die in dem Elias-Manuskript angedeutet wurde, und fügte hinzu: »Irgendetwas Mysteriöses, das mit Aberglauben zu tun haben könnte.«
    Ein breites, perverses Lächeln breitete sich über das Gesicht des Mannes, und er fragte leise: »Geistergeschichten …?«
    »Ja.«
    »Erlauben Sie mir eine Frage… Stimmt es, Monsieur Nathan, das ist eine Frage, die ich mir schon lange stelle … dass die Darsteller in den Pornofilmen Franzosen sind?«
    »Wie viel?«, schnitt Nathan ihm das Wort ab.
    »Noch zwanzig Dollar.«

    Ohne mit der Wimper zu zucken, schob Nathan Kahékwa einen weiteren Schein zu.
    Dieser begann: »Damals ging in der Region ein Gerücht um. Es hieß, dieses Camp sei verflucht. Die Vulkane, die Goma umgeben, gelten bei unserem Volk als heilig. Dort leben unsere Gottheiten. Man sagt, die Hutu hätten, als sie sich während ihres Exodus auf dem Hang des Vulkans von Katalé niederließen, den heiligen Ort beschmutzt. Um dieses erbärmliche Volk zu bestrafen, sollen die zornigen Götter daraufhin eine Armee von Geistern geschickt haben, die sie rächen …«
    »Nathan«, flüsterte Juma ihm ins Ohr. »Dieser Mann ist betrunken … Er würde dir jeden Unsinn erzählen …«
    Nathan unterbrach den jungen Mann mit einer Handbewegung.
    »Lass ihn weitersprechen. Erzählen Sie mir von diesen Geistern! Auf welche Weise haben sie sich gerächt?«
    Kahékwa rülpste erneut, leiser diesmal, und setzte seine Geschichte, unterstützt von weit ausholenden Armbewegungen, fort.
    »Man sagt, sie hätten tagsüber unter der Erde gelebt und seien im Schutz der Nacht herausgekommen, um sich die Hutu zu holen. Man sagt auch, sie hätten sie zerstückelt und ihr Blut getrunken.«
    Nathan zuckte bei dieser neuen Enthüllung zusammen.
    »Hat man die Körper wiedergefunden?«
    »Nein, ich glaube nicht, sie sind von den wilden Tieren gefressen worden.«
    »Und hat man sie… gesehen?«
    »O neeiiiin… Man sieht die Geister niemals, außer wenn man tot ist. Allerdings … es kommt vor, dass man sie hört …«
    »Wie das?«
    Schweigen.
    Nathan holte einen weiteren Schein aus seiner Tasche und steckte ihn Kahékwa in die Hemdtasche.

    »Am Ende des Völkermords, am 4. Juli, als die Tutsi-Armee, die FPR, die Kontrolle über Kigali und Butaré übernommen hat, begannen die Hutu, die brutale Repressalien fürchteten, massenhaft zu fliehen. Manche haben sich im Strom der Tutsi-Flüchtlinge verborgen, die durch die Schutzzone, die die internationale Eingreiftruppe eingerichtet hatte, in den Südwesten des Landes unterwegs waren, aber die meisten sind zu uns geflohen. Manche Kriegsführer der Tutsi, die nicht hinnehmen wollten, dass die Henker davonkommen, ohne sich für ihre Verbrechen verantworten zu müssen, haben Kommandos gegründet und sie mit Hubschraubern nach Westen transportiert, an die Grenze zwischen Zaire und Ruanda, wo sie die Flüchtlinge abfangen und für ihre Verbrechen bezahlen lassen sollten. Es gab dort nur ein paar Geheimagenten, Männer der französischen Spezialeinheiten und Hauptmann Hermès mit seinen Männern. Bereits am 13. Juli sind die ersten Flüchtlingsgruppen eingetroffen. In dem Glauben, sie seien gerettet, haben sie sich entlang der Grenze verteilt, weil sie hofften, so schneller nach Zaire hineinkommen zu können, aber echte Todesschwadronen erwarteten sie auf den Straßen und in den Wäldern. Tausende völlig entkräfteter Hutu wurden getötet. Keine Folter, nur Massenhinrichtungen. Manche, vor allem die Reichen, haben es dennoch geschafft, mit dem Leben davonzukommen.«
    »Die Reichen … Was meinen Sie damit?«
    »Na ja, im Wald konnte man entweder auf die Kommandos der FPR oder auf Fluchthelfer stoßen. Man musste teuer bezahlen. Natürlich konnten sich das nur die Wohlhabendsten leisten.«
    »Wie gingen diese Männer vor, wer waren sie?«
    »Zu Beginn der sechziger Jahre erlebte Ruanda eine soziale und politische Revolution, an deren Ende die Hutu die Monarchie stürzten, die Macht übernahmen und dem Land die Unabhängigkeit brachten. Damals haben die ersten Massaker begonnen. Mehr als zwanzigtausend Inyenzis, Küchenschaben,
wie man die Tutsi

Weitere Kostenlose Bücher