Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)
kurz und gut: Sie können ihre Sachen packen und gehen. Aufsätzige Angestellte haben wir nicht nötig. Voilà!«
Und der Arme sah sich auf die Straße gesetzt. Er sah sich herzlos entlassen, wo er in seiner Treuherzigkeit und seinem Gerechtigkeitssinn geglaubt hatte, man würde sich bemühen, ihn zu bewegen, ferner im Dienst zu verweilen.
Das war in des armen, guten Mannes Leben das große Erlebnis. Kurze Zeit darauf bettelte er um Gnade und gütiges Verzeihen, daß ihm der Herr Direktor doch das Geschehene verzeihen und ihn wieder anstellen möge. Man hatte Nachsicht mit ihm, und weil er ein treulicher, fleißiger und pünktlicher Arbeiter war, so wurde er wieder aufgenommen, und der Mann war glücklich darüber.
»Ei, Sie müssen nicht aufprotzen, potztausend«, sagte der Herr Gewalthaber. Das Männchen kratzte sich im Haar, schaute demütig zu Boden und lächelte.
O du guter, sanfter, geduldiger Mann, du liebes gutes Wesen, das nie ein Unrecht tat, möge Gott dich behüten. Amen!
Nachtrag: Mit seinem Gut ging der arme Mann stets äußerst sorgfältig um. Seine Stiefel waren immer peinlich sauber. Schulden machte er nie. Seine Wohnung entsprach seiner Bescheidenheit und Sparsamkeit. Wie viel Kinder er hatte, oder ob er überhaupt Kinder hatte, ist mir nicht bekannt. Wenn er eine Frau hatte, so liebte und ehrte er sie sicher, und wenn er Junggeselle war, so gab seine Aufführung sicher keinen Anlaß zu klagen. Eine Beschwerde war nie nötig, gegen ihn einzureichen. Wenn ihn in der Wirtschaft die Kellnerin nur nicht gänzlich sitzen ließ, sondern ihn mit einiger Freundlichkeit behandelte, so war er froh. Politisiert hat er stets sanft. Es versteht sich dies eigentlich von selber. Er war kein Revolutionär. Seine Steuern bezahlte er pünktlich.
(1916)
Poetenleben
A uf Grund der Ermittlungen, die wir veranstalten zu sollen geglaubt haben, können wir sagen, daß dieser Poet eine verhältnismäßig mangelhafte, d.h. dürftige Erziehung genoß, und wir fühlen uns daher berechtigt, Fragen wie folgende aufzuwerfen:
Woher schöpfte er das unerläßliche bißchen Bildung, das nach unserem Dafürhalten ein Poet notwendigerweise besitzen muß?
Die Antwort lautet:
Es gibt ja Lesesäle voll Lesestoff in der Welt. Zum Teil liegen diese Lesezimmer ja sogar im Grünen, derart, daß der emsige Leser, wenn er am offenen Fenster sitzt, noch eine Augen- und Ohrenfreude mithat, wofür er Gott dankt.
Haben wir nicht außerdem gefälligst Stadtbibliotheken, die jedem jungen, unbescholtenen Menschen zugänglich sind und zum Vorteil gereichen?
Der Poet, den wir hier im Auge haben, scheint früh schon einen gewissen Bildungsdurst heftig bewiesen und freundlich an den Tag gelegt zu haben, was selbstverständlich durchaus anerkennenswert ist.
Einem uns zu Ohren gekommenen Gerücht, das uns sagte, daß unser Gegenstand hier eine Zeitlang Straßen gefegt und gereinigt haben soll, schenken wir deshalb entweder nur äußerst geringen oder lieber überhaupt keinen Glauben, weil wir zu wissen meinen, daß da eher Dichtung und Phantasie als Wahrheit und Wirklichkeit mitgespielt haben werden.
Besprochener war vielmehr zu seinem sicherlich absolut nicht geringen Nutzen zeitweilig in der Abteilung für Inseratenwesen einer bedeutenden Verlagsanstalt tätig, womit wir deutlich genug dartun, daß es sich in diesem Poetenleben mehr um sorgsame, saubere Schreib- als um Arbeit mit dem Straßenbesen handelte.
In dem Dasein, das uns interessiert, spielte die feinsinnige, graziös und behend über das Blatt Papier hinschweifende, allerlei niedliche, zierliche Zahlen und Sätze zeichnende, spitzige, zarte Schreibfeder offenbar von jeher eine ausschlaggebende Rolle.
Hammerschläge und Axthiebe sind und waren hier so gut wie gänzlich ausgeschlossen, und mit Nägeln hat Reflektant oder Mittelpunkt dieser Zeilen vermutlich nur immer insoweit irgend etwas zu tun gehabt, als er an die Wand seines Zimmers womöglich einmal ein Bild nagelte und heftete, woraus wohl ohne geringste Bedenken der Schluß gezogen werden darf, daß er weder je im Leben schlosserte, noch jemals schreinerte, was ja, falls es vorgekommen sein könnte, übrigens durchaus nicht weiter übel gewesen wäre.
Wir und solche, die ähnlich denken wie wir, stehen auf dem Standpunkt, der die Überzeugung gibt, daß jegliche fleißig begonnene und mit festem Willen weitergetragene Arbeit den adelt, der sie verrichtet.
Ob nun eine Speditionsfirma hier in Betracht kommt oder eine
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