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Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)

Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Im Bureau: Erzählungen (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Walser
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Spesen gab es für ihn erstaunlich wenig. Schneidern und Ärzten hat er jahraus, jahrein fast so viel wie nichts zu verdienen gegeben.
    Ausgesprochener treuer Freund von Wanderungen, der er war, verkehrte er intensiv mit Schuhmachern, denen er die wichtige Aufgabe übertrug, zerrissenes, zerlöchertes Schuhwerk auszubessern und wiederherzustellen.
    Was die Kleidung betrifft, so trug er meistens geschenkte Anzüge. Zwingende Ursache, zu Medizinern zu springen, hatte er keine, weil es ihm weiter an Gesundheit nicht fehlte und er folglich nicht das geringste Übelbefinden aufzuweisen haben konnte, was natürlich für ihn von großem Vorteil war. Er ersparte ebenso gut Geld wie Zeit damit. Ärzte freilich vermochten ihn kaum zu loben. Doch wir erinnern hier an den alten Spruch, der bekanntlich lautet, daß man es leider Gottes auch mit bestem Willen nicht jedermann recht machen kann. Irgendwie und -wo stößt der vorzüglichste Mensch an.
    Wie er zur Politik stand, wollen wir einstweilen lieber ununtersucht lassen; ebenso wenig sollen wir ausmitteln oder nur anfragen wollen, ob er fleißig zur Kirche ging oder nicht. Alltägliches, Natürliches, Nützliches, Dienliches und Praktisches war es, das ihm nahe lag. Er scheint das von seinem Vater geerbt zu haben.
    »Dem heranwachsenden Kinde schleichen Vater und Mutter leise durch das Leben nach«, glauben wir bei der und der Gelegenheit, bei dem und dem passenden Anlaß gesagt zu haben. Schule und Elternhaus haben bedeutenden Einfluß. Die Charaktereigentümlichkeiten beider Eltern … doch diessind tiefsinnige Dinge, die wir vorziehen unberührt zu lassen.
    Vom Vater ging unter anderem jedenfalls eine Spur und Portion Ironie auf ihn über, die ihm nachlief und treulich anhing wie dem Herrn oder der Herrin das folgsame Hündchen, das nicht aufhört, folgsam und anhänglich zu sein, obschon es vielleicht manchmal Schläge kriegt.
    Falls wir uns nicht irren, so arbeitete er einmal zirka acht Tage lang im Kontor eines Elektrizitätswerkes. Nach Verlauf genannter ungewöhnlich kurzer Zeit beschied ihn der Herr Direktor auf das Direktionszimmer, wo er ihm mit kühlen, vielleicht etwas verbogenen, verlegenen, aber ungeheuer vornehmen Worten auseinandersetzte, daß in hohen, höhern und höchsten Industriebetrieben, die ja, wie allgemein bewußt sei, auf nur allerfeinsten und gediegensten Voraussetzungen beruhen, Menschen unmöglich geduldet werden können, von denen es erstens heißt, daß sie dichten, und von denen es zweitens verlautet, daß sie Umgang mit Leuten pflegen, die nicht zur bessern und besten Klasse zählen.
    Der Poet ging in der Tat hin und wieder mit nicht sonderlich sauberen Elementen um. Er war in dieser Hinsicht nicht immer sehr klug, dafür aber wenigstens menschlich.
    An Etablissementen und Handelshäusern, worin er zu seinem mehr oder weniger starken und großen Nutzen tätig war, sind ferner zu nennen:
    Eine an schäumender, blauer Aare gelegene Bierbrauerei, eine von reizender Architektur und lieblicher Landschaft umgebene Hilfs- oder Spar- und Leihkasse, eine Nähmaschinenfabrik, wo er sich prächtig bewährte, eine Strumpfbandweberei, wo er den Schatz seiner Kenntnisse durchaus nicht unwesentlich vermehrte.
    Demnach handelt es sich in diesem kleinlichen, wie wir sagen möchten, proletarischen Poetenleben hauptsächlich um Arbeit in allerhand Bureaus und Schreibstuben, um mancherlei Stellenwechsel, sozusagen also um durchaus Alltägliches und Gewöhnliches, d.h. eigentlich um zweierlei: um Bureauarbeit und um Landschaft, um ein Stellenbekleiden und ein Stellenpreisgeben, um ein Herumwandern in warmer, freier Natur und um ein Sitzen, Festkleben und Schreiben an kaufmännischen Schreibtischen, die man Pulte nennt; um Freiheit sowohl wie um Gefangenschaft, um Ungebundenheit sowohl wie um Fessel; um Not, Bedürfnis, Sparsamkeit sowohl wie um üppiges, freches, fröhliches Verschwenden und köstliche, schwelgerische Genüsse, um harte, saure Arbeit sowohl wie um taugenichtsiges, tagediebiges, ins Geratewohl und Gehabdichwohl hineinlebendes, atmendes Vergnügen, um strenge Pflichterfüllung sowohl wie um vergnügliches, rötliches, bläuliches oder grünliches Schlendern, Spazieren und Vagabundieren.
    Aus solchen und ähnlichen Dingen empfing der Poet seinen poetischen Grund und Boden. Die Jahreszeiten, Phantasie, Musik und Liebe, Stadt und Land und die Malerei, die Gefühle und Gedanken, das Leben und die wachsende Bildung gaben seiner Poesie die Nahrung, deren

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